Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Auf den Spuren der Heinevetter

Mit Matthias Heinevetter, einem Verwandten des Vorkriegsdirektors des Oberschlesischen Museums in Gleiwitz, sprach Tina Wieczorek.


Können Sie mir etwas über das Leben Ihres Verwandten Dr. Franz Heinevetter erzählen?

Dr. Franz Joseph Heinevetter wurde 1885 in Treffurt, heutiges Thüringen, damals Preußen, zur Zeit des deutschen Kaiserreichs, geboren. Sein Abitur absolvierte er im Herbst 1905 in Erfurt. Anschließend studierte er in Leipzig und Breslau Altertumswissenschaften. 1912 promovierte er an der Universität zu Breslau. Am 4. November 1912 heiratete Doktor Franz Heinevetter seine Frau Martha, geboren 1887 in Breslau, und 1914 kommt die gemeinsame Tochter Eva in Breslau zur Welt. Zwischen 1914 und 1922 war Dr. Franz Heinevetter in Breslau als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Museum für Kunstgewerbe und Altertümer tätig. Während des Ersten Weltkrieges zog er mehrfach nach Erfurt zu seiner Schwester Anna Hergert. Spätestens 1919 ist die Familie von Dr. Franz Heinevetter wieder in Breslau und er muss dort die Tätigkeit als Mitarbeiter des Museums wieder aufgenommen haben. Im Jahre 1922 fasste der Museumsverein zu Gleiwitz den Entschluss, eine hauptamtliche Leitung ab Mai 1922 zu bestellen und berief Doktor Heinevetter vom Schlesischen Museum aus Breslau zum ersten Leiter. Heute existiert das Haus als Museum in Gleiwitz. Anfang 1934 wurde die Raumnot des Museums in Gleiwitz mit einem Umzug in die Villa Caro gelöst. Im Januar 1945 flüchtete er dann mit seiner Ehefrau Martha und seiner Tochter Eva sowie den Enkelkindern Helga, 1938 geboren und Marion, 1942 geboren, vor der heranrückenden Roten Armee über Umwege zu seiner Schwester Anna nach Erfurt. Dort verstarb er am 11. April 1949.

Franz Heinevetter, der Vorkriegsdirektor des Museums in Gleiwitz Foto: Wikipedia

Was hat er als Museumsdirektor geleistet?

Zu seinen Verdiensten gehörte das 1928 eigens erstellte hölzerne Stadtmodell der Stadt Gleiwitz aus dem Jahr 1600, heute noch dort ausgestellt. 1934 fertigte er ein weiteres Holz-Modell des Burgstädtchens Tost an. Als Zweck und Ziel des Museums sah er es nach eigener Aussage an, die oberschlesische Heimatkultur zu pflegen, das Wissen der Bevölkerung zu vertiefen zu helfen, der Jugend die Augen zu öffnen über alle Lebenserscheinungen, sie zur Liebe zur Natur zu erziehen und dem Besucher reine Freude nach des Tages Arbeit und Last zu vermitteln. Er hat sehr viel publiziert, nicht nur über Altertums-Themen. Es gibt von ihm, aus den 1920er und 30er Jahren, mehrere konzeptionelle Berichte etwa darüber, was im Museum geschehen ist. 1930 erstellte er einen Museumsführer als Buch. Auch im Rundfunk der damaligen Zeit war das Oberschlesische Museum präsent. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Museums am 3. Mai 1930 gab es eine Übertragung aus Gleiwitz mit dem Titel: „Wanderung durch das Oberschlesische Museum“- Rundgang, geführt durch Dr. Franz Heinevetter. Eine hohe Anerkennung gebührt ihm während der Zeiten des Nationalsozialismus. Er bemühte sich um die Sicherung des polnischen Kulturgutes im Museum vor der Aussonderung durch das NS-Regime. Dazu gehört die Zunftkiste der Schuhmacherinnung von 1737, die heute noch im Museum ausgestellt ist. Der Historiker und Mitarbeiter des Gleiwitzer Museums, Damian Recław, schrieb über ihn 1999: „Dank seiner Persönlichkeit gewann das Museum überlokale Bedeutung für ganz Oberschlesien. Neben seiner Amtstätigkeit verwendete Heinevetter viel Zeit für intensive Forschungen über oberschlesische Kunst, insbesondere über Schrotholzkirchen. Heinevetter trat entschieden für eine Reorganisation des gesamten Museumswesen in Oberschlesien ein. Die lokale Presse veröffentlichte zahlreiche Beiträge Heinevetters. Die unter seiner Leitung organisierten Ausstellungen zeichneten sich immer durch ein hohes wissenschaftliches Niveau aus. Mit den Museen in Beuthen O/S und Kattowitz blieb Heinevetter in stetem Kontakt. Durch seine Kooperation mit dem Oberschlesischen Künstlerbund versuchte er, die lokale Kunst zu fördern.“

Zu Heinevetters Verdiensten gehörte das 1928 eigens erstellte hölzerne Stadtmodell der Stadt Gleiwitz aus dem Jahr 1600, heute noch dort ausgestellt wird.
Foto: Museum in Gleiwitz

Was fasziniert Sie an Ihrem Verwandten, dass Sie so viel über ihn erforschen?
Ich bin acht Jahre nach seinem Tod geboren und habe ihn nicht kennengelernt. Ich finde, er ist eine sehr spannende Persönlichkeit. Er ist ein erfahrener Altertumswissenschaftler und hat zu den verschiedensten Themen publiziert. Außerdem interessiert mich der geschichtliche Hintergrund seines Lebens von der Kaiserzeit, Weimarer Republik, zwei Weltkriegen bis hin ins Nachkriegsdeutschland. Er ist als Cousin meines Großvaters Heinrich ein Verwandter, der auch die Herrnschmiede sehr gut kannte und besuchte, auch wenn er selbst nicht dort aufgewachsen ist.

Was ist die Herrnschmiede?
Die Herrnschmiede in Heiligenstadt, in der ich aufgewachsen bin, ist mittlerweile ein Wohnhaus. Von 1580 bis 1965 war es eine wichtige Schmiede, auch der Mainzer Stiftsherren. Ich habe es Anfang der 1960er Jahre noch miterlebt. Man vergisst nie den Geruch, wenn das glühende Hufeisen auf den Pferdehuf aufgesetzt wird. Das Haus war mindestens seit dem Jahr 1580 im Besitz der Familie, wurde von 10 Generationen Heinevetters bewohnt. Seit 2019 leben dort keine Verwandten mehr.

Matthias Heinevetter erforscht die Familiengeschichten Foto: privat

Wann entstand Ihr Interesse an der Familienforschung?
Mein Interesse begann im Jahr 1978, mit 21 Jahren, bei einem Familientreffen der Heinevetters, dem ersten nach der Teilung Deutschlands 1949. Ich kam mit verschiedenen Verwandten in Kontakt, führte mit ihnen Gespräche. Durch Studium bis 1982 und Familiengründung blieb wenig Zeit. 1991, nach der deutschen Einigung, gab es das nächste Familientreffen, dies habe ich mitorganisiert. Zwischen den Familientreffen habe ich weitergeforscht, aufgeschrieben, was alte Verwandte noch wussten. 1995 studierte ich die Kirchenbücher in Heiligenstadt, suchte im Stadtarchiv. 1999 und ab 2015, nach Anfrage von Dr. Stefan Pioskowik, recherchierte ich intensiver zu Dr. Franz Heinevetter. Auf der Internetseite Herrnschmiede-Heinevetter.de trage ich das Wissen über die Familiengenealogie zusammen. Ich bemühe mich, von den Personen mit besonderer Geschichte, das Leben um diese Personen zu beschreiben, was regional, sozial, wirtschaftlich in der Zeit passiert ist. Seit 2020 im Ruhestand, habe ich nun dafür mehr Zeit.

Was wollen Sie noch erforschen?
Ich versuche, soweit möglich, die ganze Familie Heinevetter ab 1580 zu erforschen. Seit Kurzem ist bekannt, dass Eva Heinevetter, Stenotypistin/Sekretärin, nebenbei Wettkampf-Schwimmerin war. Eine Fotografie eines Zeitungsartikels aus 1989, zeigt sie, 75-jährig, mit mehreren Personen im Hallenbad in Bottrop. Wir konnten die Spur der Ehefrau Martha von Dr. Franz bis 1979, 92-jährig, die Tochter Eva, die Enkelkinder Helga, Marion bis Mitte der 1990er noch verfolgen. Die Forschung ist eine sehr zeitintensive Tätigkeit. Ich bin dazu auch im Eichsfelder Heimatverein und im Genealogie-Verein AMF e.V. aktiv, betreue bei Letzterem u. a. die Webseite mit.

Dr. Franz Heinevetter war Wissenschaftler, Archäologe, Kenner der griechischen Mystik und auch Sprache. Vor allem war er in der Zeit von 1922 bis 1945 Direktor des Oberschlesischen Museums in Gleiwitz. Sein Leben war geprägt von geschichtlichen Ereignissen des 20. Jahrhunderts. Matthias Heinevetter, ein Verwandter von ihm, hat das Leben von Franz Heinevetter erforscht.

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