Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Bei der Botin des Friedens

Am 12. November lud der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) zur letzten Wallfahrt der deutschen Minderheit in diesem Jahr ein. Auf den Spuren der Schutzpatronin von Schlesien, der heiligen Hedwig, ging es für die zahlreichen Pilgerinnen und Pilger diesmal nach Trebnitz (Trzebnica). Im Anschluss an den Gottesdienst in der dortigen Klosterkirche fuhren sie noch nach Groß Nädlitz (Nadolice Wielkie) zum deutschen Soldatenfriedhof und gedachten der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges.

„Das ist heuer schon meine dritte Wallfahrt – und auch wenn ich schon so viele Male dabei war, erlebt man immer wieder etwas Neues und darf sich auf Überraschungen freuen“, sagt eine Pilgerin im Bus von Oppeln nach Trebnitz in gespannter Erwartung.

Der Gottesdienst in der Trebnitzer Klosterkirche wurde von Pater Marian Arndt geleitet.
Foto: Lucas Netter

Tatsächlich war es bereits die fünfte Pilgerfahrt der deutschen Minderheit in diesem Jahr. Nach St. Annaberg (Góra Świętej Anny), Wartha (Bardo Śląskie), Albendorf (Wambierzyce) und Zuckmantel (Zlaté Hory) in Tschechien stand am vergangenen Samstag das Kloster Trebnitz in Niederschlesien auf dem Programm – traditionell die letzte Station jener Wallfahrten, die von der VdG-Kulturspezialistin Monika Wittek organisiert werden.

Das Blasorchester aus Kotulin unter der Leitung von Harald Powrósło und der Jugendchor „Con Colore“ aus Tost um die Dirigentin Karina Kupczyk gestalteten die musikalische Begleitung des Gottesdienstes in Trebnitz.
Foto: Lucas Netter

Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer reisten aus dem Raum Oppeln an, aber auch aus Ratibor (Racibórz), Waldenburg (Wałbrzych) und Breslau pilgerten einige Frauen und Männer nach Trebnitz. Die Messe in der dortigen Klosterkirche leitete diesmal der Franziskanerpater Marian Arndt, der den krankheitsbedingt verhinderten Bischofsvikar Peter Tarlinski vertrat. Die musikalische Begleitung des Gottesdienstes gestalteten das Blasorchester aus Kotulin unter der Leitung von Harald Powrósło sowie der Jugendchor „Con Colore“ aus Tost (Toszek) um die Dirigentin Karina Kupczyk. Als Organist kam Josef Chudalla zum Einsatz. Zudem begeisterte Karolina Świerczek die etwa 200 Anwesenden mit ihrem Geigenspiel.

Gottesdienst in der Trebnitzer Klosterkirche
Foto: Lucas Netter

Patronin der Versöhnung

Im Mittelpunkt der gesamten Wallfahrt stand natürlich die heilige Hedwig, die lange Zeit in Trebnitz wirkte und von den Menschen in Schlesien in besonderer Weise verehrt wird. „Sie hat sich ihr Leben lang um andere Menschen gekümmert; sie setzte sich in ihrem authentischen christlichen Leben für die Benachteiligten ein, für Bedürftige und Kranke, für Schwache und Arme, für die Hungrigen und sogar für die Gefangenen“, so Marian Arndt. Bis heute sei sie in vielerlei Hinsicht ein Vorbild.

Bei Gebet und Gesang begaben sich die Pilger auf die Spuren der heiligen Hedwig, der Schutzpatronin von Schlesien.
Foto: Lucas Netter

Diese Gedanken kamen auch in Pater Arndts Predigt in der Trebnitzer Klosterkirche zum Ausdruck, in der er die heilige Hedwig als eine „Botin des Friedens“ würdigte. Sie habe sich im Grenzgebiet Schlesien stets um Frieden und Verständigung zwischen den verschiedenen Völkern bemüht. Auch ihre Werke der „zarten Barmherzigkeit“, zum Beispiel die Stiftung der ersten Krankenhäuser in Schlesien gemeinsam mit ihrem Ehemann, die Einrichtung eines Hospitals für aussätzige Frauen bei Neumarkt (Środa Śląska) oder die Sorge für Inhaftierte durch Essens- und Kleiderspenden, riefen bis in die Gegenwart Bewunderung hervor. „In der zarten Barmherzigkeit wollte sie allen Menschen helfen; in jedem Menschen sah sie die menschliche Würde der Kinder Gottes“, so Pater Arndt.

Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer reisten aus dem Raum Oppeln an, aber auch aus Ratibor, Waldenburg und Breslau pilgerten einige Frauen und Männer nach Trebnitz.
Foto: Lucas Netter

Der ehemalige VdG-Vorsitzende Bernard Gaida, der direkt von der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) in Berlin nach Trebnitz gekommen war, äußerte sich am Rande des Gottesdienstes in ähnlichen Worten zum historischen und geistigen Erbe der heiligen Hedwig: „Sie war die erste, die massenhaft Siedler aus Deutschland nach Schlesien geholt hat. Damit hat sie angefangen, Schlesien zu verändern; das hat sie friedlich getan. Und deshalb ist sie auch die Patronin der Versöhnung, der Versöhnung zwischen den Völkern – nicht nur zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk. Hedwigs Leben hat zudem gezeigt, dass Versöhnung immer auch mit Barmherzigkeit verbunden ist. Ohne Barmherzigkeit keine Versöhnung – das verstehen viele Menschen heute nicht mehr“, so Gaida.

Die zahlreichen Teilnehmer sprechen für die Beliebtheit der VdG-Wallfahrten.
Foto: Lucas Netter

Der Gefallenen gedenken

Nach der Messe ging es für eine Vielzahl der Pilgerinnen und Pilger auch schon weiter nach Groß Nädlitz zum deutschen Soldatenfriedhof. Anlässlich des am folgenden Tag begangenen Volkstrauertages veranstaltete die in Breslau beheimatete Deutsche Sozial-Kulturelle Gesellschaft (DSKG) dort eine Gedenkzeremonie für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges. Auch zwei Vertreter des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Breslau nahmen daran teil.

Pater Marian Arndt und Pfarrer Karol Długosz (rechts) leiteten die Gedenkzeremonie auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Groß Nädlitz.
Foto: Lucas Netter

Die ökumenische Andacht unter dem großen Gedenkkreuz inmitten des Soldatenfriedhofs, an dem mehrere Kränze niedergelegt wurden, wurde von Pater Arndt und Karol Długosz, Pfarrer der evangelischen Sankt-Christophori-Gemeinde in Breslau, geleitet. In den Gebeten wurde nicht nur der Toten des Zweiten Weltkrieges gedacht, sondern auch an das aktuelle Leiden des ukrainischen Volkes erinnert. Krystyna Kadlewicz, die Vorsitzende der DSKG, wandte sich mit einigen emotionalen Worten an die Anwesenden und dankte allen, die sich dafür einsetzen, dass sich der Anlass für eine solche Zeremonie nie mehr ereignen möge.

Gedenkzeremonie auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Groß Nädlitz
Foto: Lucas Netter

Die Pilgerinnen und Pilger aus dem Raum Oppeln ließen den ereignisreichen Tag im Anschluss bei einem gemeinsamen Imbiss in der kleinen Ortschaft Łęg ausklingen und das Erlebte auf sich wirken. In großer Runde wurde noch ein wenig beisammengesessen und geplaudert. Bei der nächsten Wallfahrt des VdG im Frühsommer 2023 sind die meisten von ihnen sicher wieder dabei.

Lucas Netter

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