Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Boris allein in Warschau

Nachdem der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am 7. Februar überraschend nach Kiew gereist war, besuchte er am Tag darauf auch Warschau. Dort traf er mit seinem polnischen Amtskollegen Mariusz Błaszczak (PiS) zusammen. Im Mittelpunkt des bilateralen Austauschs standen die Stärkung der NATO-Ostflanke sowie die weitere Unterstützung der kriegsgeplagten Ukraine.

Nicht nur das Wetter in Warschau war kühl am Mittwoch vergangener Woche, sondern auch der Empfang für Boris Pistorius. Denn obwohl es dessen erster Besuch als deutscher Verteidigungsminister in Polen war, fand sein hiesiger Amtskollege keine Zeit für einen gemeinsamen öffentlichen Auftritt – und begleitete den 62-jährigen Niedersachsen auch nicht zu den verschiedenen Denkmälern in der Stadt.

Einzelprogramm in Warschau

So begab sich Boris Pistorius nach seiner Ankunft in Warschau allein zum Grabmal des Unbekannten Soldaten, wo er einen Kranz niederlegte. Auch am Denkmal des Warschauer Aufstandes, am Denkmal der Helden des Ghettos sowie an der Gedenktafel zu Willy Brandts Kniefall im Jahr 1970 war Pistorius allein unterwegs.

Erst nach diesem Einzelprogramm wurde er von Mariusz Błaszczak im polnischen Verteidigungsministerium zum Vieraugengespräch empfangen. Im Vorfeld des Treffens hatte Błaszczak dem Fernsehsehsender TVP ein Interview gegeben, in dem er die geplanten Inhalte des Gesprächs mit Pistorius darlegte – und sich eine kleine Spitze gegen Deutschland nicht verkneifen konnte: „Wir werden über die Koalition sprechen, eine Koalition von Ländern, die Leopard-Panzer haben, und bereit sind, diese in die Ukraine zu liefern. Unser Beitrag sind 14 Panzer, von Deutschland kommen ebenfalls 14. Wir sind ein bisschen enttäuscht von dieser Zahl auf deutscher Seite“, so Błaszczak.

Pistorius allein vor der Presse

Für eine gemeinsame Pressekonferenz mit Pistorius im Anschluss an den bilateralen Austausch hatte er dann allerdings keine Zeit mehr. Und so hatte der Gast aus Deutschland einmal mehr einen Alleinauftritt und gab vor den Kameras und Mikrofonen der Journalisten ein kurzes Statement ab.

Mit seinem frühzeitigen Antrittsbesuch in Warschau habe er verdeutlichen wollen, „welche Bedeutung ich den Beziehungen zu Polen insgesamt zugestehe und einräume“, sagte Pistorius. Er lobte zudem das „sehr offene und ehrliche“ Gespräch, das er kurz zuvor mit seinem Amtskollegen geführt habe, und warb dafür, den regelmäßigen deutsch-polnischen Austausch, den es „bis vor einiger Zeit“ gegeben habe, wiederzubeleben.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius während seines Pressestatements am Mittwoch vergangener Woche in Warschau
Foto: youtube.com/@zeitonline (Screenshot)

Weiter betonte Pistorius, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen von sich überschneidenden Interessen geprägt seien – „nicht zuletzt verteidigungs- und sicherheitspolitisch, nicht zuletzt, was die Frage der Sicherung der Ostflanke angeht und natürlich insbesondere auch, was die Unterstützung der Ukraine angeht.“ In diesen Fragen sei man sich „vollkommen einig“.

Pistorius kündigte auch ein gemeinsames Projekt mit Polen zur Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine an: „Deutschland wird Leopard 2 A6 liefern, Polen wird sich um die Leopard 2 A4 kümmern. Wir haben gerade verabredet, dass wir gemeinsam mit Oleksij Resnikow, dem ukrainischen Verteidigungsminister, für nächste Woche wieder zu einem Treffen der Länder einladen, die diese Koalition aus 2-A4- und 2-A6-Panzern bilden sollen. Ich freue mich sehr über dieses Signal einer gemeinsamen Einladung, weil es wichtig ist, nochmal zu dokumentieren, dass wir noch nicht am Ziel sind“, sagte er – und merkte an: „Hier gibt es noch Luft nach oben, was einige Länder angeht.“

Lucas Netter

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