Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Das ist unser Erbe!

Kunstliebhaber, aber auch Regionalisten und Heimatkundler waren in den letzten Wochen elektrisiert von der Nachricht einer einzigartigen Auktion, die das Auktionshaus Neumeister aus München am 30. März 2022 veranstalten will. Gegenstand der Auktion ist der Inhalt von 60 Truhen aus dem Schloss der Familie Württemberg in Carlsruhe (poln. Pokój.) „Es wäre schön, wenn wenigstens einige dieser Objekte in Schlesien landen würden“, sagt Hubert Kołodziej, Vorsitzender des Vereins „Pokój“.

 

Bild des Schlosses aus dem 19. Jh.
Quelle: Wikipedia

 

Die von Württembergs aus Carlsruhe waren große Kunst- und Kulturliebhaber, die gerne Künstler, Musiker und Komponisten zu sich einluden. Daher ist das reiche Familienerbe nicht überraschend. Die Truhen enthielten etwa 600 Kunstwerke. Aber wie sind sie von Carlsruhe nach Bayern gekommen? Das wurde durch den Umzug der Familie Württemberg bestimmt. „Bereits 1931, also lange vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, erhielt die Familie Württemberg ein Schloss in Lindach in Bayern, das bereits eingerichtet war. Sie brauchten also eigentlich keine Ausstattung. Daher sind die Dinge, die sie aus Carlsruhe mitgenommen haben, wahrscheinlich im Keller gelandet, wo sie all die Jahre niemand angerührt hat“, glaubt Hubert Kołodziej. Die Truhen enthielten Porzellan, Besteck, Silber, Glas, aber auch Bilder berühmter Maler, Grafiken und Pastelle. Einige dieser Gegenstände waren in Zeitungen aus dem Jahr 1912 verpackt. „Interessanterweise brannte ausgerechnet in diesem Jahr das Palais derer von Württemberg unweit von Blumenthal (poln. Krzywa Góra) ab. Es wurde nie wieder aufgebaut. Ich vermute also, dass einige dieser Dinge aus diesem Palais stammen“, sagt Hubert Kołodziej.

 

Henriette Alexandrine Erzherzogin von Österreich (geb. Prinzessin von Nassau-Weilburg; 1797–1829) Joseph Stieler (1781–1858), 1820 Öl auf Leinwand; Schätzpreis 40.000–50.000 Euro
Quelle: NEUMEISTER Münchener Kunstauktionshaus

Ein Freund von Carlsruhe

Prinz Ferdinand von Württemberg, der 1925 in Carlsruhe geboren wurde, besuchte regelmäßig seinen Heimatort. „Er kam hierher, solange es seine Gesundheit zuließ, und dann habe ich mich um ihn gekümmert. Der Prinz, der den Titel ,Königliche Hoheit’ trug, war ein sehr bescheidener Mann. Und er betonte in Gesprächen mit mir, dass einige der Dinge aus Carlsruhe gerettet wurden“, erinnert sich Hubert Kołodziej. Er unterstreicht auch, dass der Prinz ein großer Freund von Carlsruhe war und viele Initiativen aktiv unterstützte, insbesondere das Weber-Festival, das jedes Jahr in Carlsruhe stattfand. „Der Prinz spürte die Besonderheit dieser Region sehr genau. Im Jahr 2016 erhielt er übrigens im polnischen Konsulat in München den Verdienstorden der Republik Polen“, sagt Hubert Kołodziej. Er würde sich wahrscheinlich auch freuen, wenn einige der zur Versteigerung gestellten Gegenstände wieder „nach Hause“ kämen. „Das Schloss der Württembergs in Carlsruhe existiert zwar nicht mehr, aber wir haben in der Region Museen, in denen diese Kunstwerke einen würdigen Platz finden würden“, meint Hubert Kołodziej.

 

Eine absolut einmalige Gelegenheit

Als der Vorsitzende des Vereins „Pokój“ von der Münchner Auktion erfuhr, wurde er sofort aktiv. „Ich habe bereits Dutzende von Gesprächen mit verschiedenen Menschen, Vertretern von Minderheiten, Unternehmern, aber auch Museen in Oppeln, Breslau, Ratingen und Görlitz geführt. Wir haben etwas mehr als einen Monat Zeit, um zu erreichen, dass diese Kunstwerke nach Schlesien zurückkommen“, sagt Hubert Kołodziej. Das Schlimmste wäre, wenn die Sammlung zersplittert und an verschiedene private Eigentümer gehen würde. „Dies ist ein Erbe unserer Region. Viele dieser Objekte wurden in Schlesien, von hiesigen Menschen, geschaffen. Und es ist eine absolut einmalige Gelegenheit, schlesisches Hofleben durch diese Objekte wieder lebendig werden zu lassen. Wir haben sehr viele Schlossanlagen, doch in unseren Museen spiegelt sich dies kaum wider. Diese Kunstwerke sind jener Glanz Carlsruhes, von dem außer den oben erwähnten Objekten nicht viel übriggeblieben ist. Wir müssen alles tun, um diese Kunstwerke zurück nach Schlesien zu bringen“, so Hubert Kołodziej.

Anna Durecka

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