Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Deutsche Sprache im Visier

225 PiS-Abgeordnete, drei Kukiz’15-Abgeordnete und zwei fraktionslose Abgeordnete haben heute für die Verabschiedung des Staatshaushalts 2022 gestimmt. Damit haben sie auch dafür gestimmt, die Mittel für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache an Schulen um fast 40 Millionen zu kürzen.

 

Die Idee, die Förderung für Deutsch als Minderheitensprache zu kürzen, entstand vor einigen Wochen. Der Abgeordnete Janusz Kowalski von Solidarna Polska argumentierte, dass diese Mittel gestrichen werden sollten, da die deutsche Seite den polnischen Sprachunterricht an Schulen in Deutschland nicht finanziere.

 

Unterstützung durch das Bildungsministerium

Das gleiche sagte heute im Sejm Bildungsminister Przemysław Czarnek, der den Abgeordneten Kowalski in dieser Sache unterstützte. Auf die Bitte des Abgeordneten der deutschen Minderheit Ryszard Galli, die Kürzung der Mittel für die deutsche Sprache zurückzuziehen, donnerte Czarnek: “Es kann nicht weiter sein, dass wir in Polen 236 Millionen PLN für die deutsche Minderheit und die deutsche Sprache zahlen, und in Deutschland, wo es 2,2 Millionen Polen gibt, haben sie keinen einzigen Euro vom Bund für die polnische Minderheit. Genug mit! Wir fordern, dass die Bundesrepublik Deutschland beginnt, internationale Verpflichtungen und Menschenrechte zu achten. Wenn sie dies tut, stellen wir das Geld auch wieder zurück zur Verfügung.”

 

Bildungsminister Przemysław Czarnek
Foto: screenshot

 

Laut dem Bericht über die Situation des Polnischunterrichts in Deutschland für das Jahr 2020 der Kultusministerkonferenz finanzierten die Bundesländer, deren Zuständigkeiten das Schulwesen ist, den Polnischunterricht für 14.246 Schüler deutschlandweit, was einer Steigerung von 100 % gegenüber dem Zeitraum 2009/2010 entspricht. Und die Deutsche Botschaft hat einen Tag vor der heutigen Abstimmung auch die Summen bekannt gegeben, die die Länder allein im Jahr 2020 für das den Polnischunterricht ausgegeben haben. Es sind 202,3 Millionen Euro, also knapp 940 Millionen Zloty.

 

Unterstützung durch polnische Vereine

Nicht nur die deutsche Minderheit, die im Sejm vom Abgeordneten Galla vertreten wird, kritisiert sich den Antrag und argumentiert, dass die Kürzung der Mittel weniger ein Schlag für die Minderheit selbst sei, weil sie nicht über das Geld verfüge

 

“Es ist ein Schlag gegen Kinder, die Deutschunterricht erhalten, ein Schlag gegen Lehrer, die ihren Arbeitsplatz verlieren, und schließlich ein Schlag gegen die Gemeinden, weil sie die Mittel erhalten”,

betont Ryszard Galla.

Auch die Minderheitenseite der Gemeinsamen Kommission der Regierung und nationaler und ethnischer Minderheiten betont in ihrer Stellungnahme: „Die Verabschiedung dieser Novelle durch das polnische Parlament wird eine Änderung der staatlichen Minderheitenpolitik bedeuten, deren Auswirkungen sehr weitreichend sein können. Denn systemische Bildung ist das wichtigste Element der Aktivitäten zur Erhaltung der sprachlichen und kulturellen Identität von Minderheiten. Artikel 35 (1) 1 der Verfassung der Republik Polen lautet: “Die Republik Polen gewährleistet polnischen Bürgern, die nationalen und ethnischen Minderheiten angehören, die Freiheit, ihre eigene Sprache zu pflegen und zu entwickeln, Bräuche und Traditionen zu pflegen und ihre eigene Kultur zu entwickeln”“.

Auch das Polnische Bundesnetzwerk Partizipation und Soziales in Deutschland äußerte seine Ablehnung, da es nicht einverstanden sei, „die Polonia in Deutschland zu politisieren und für innenpolitische Spiele zu nutzen“.

 

“Wir sind nicht damit einverstanden, vermeintlich vorteilhafte Lösungen für uns umzusetzen, ohne mit uns über die aktuellen Bedürfnisse der Polonia zu sprechen und ohne die Komplexität der Situation zu kennen”,

 

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heißt es in der Stellungnahme des Bundesnetzwerkes, das die schlechtere Situation der polnischen Sprache in Deutschland zwar eindeutig betont, aber meint, deren Verbesserung sollte nicht durch eine Einschränkung des Zugangs zum Deutschlernen in Polen erfolgen. „Wir fordern, dass der Änderungsantrag abgelehnt wird und eine andere Lösung gefunden wird, um die Bedingungen für den Polnischunterricht in Deutschland zu verbessern. Umso mehr, als die Polonia in Deutschland freundschaftliche und gutnachbarschaftliche Beziehungen zur deutschen Minderheit in Polen pflegt, die auf gegenseitigem Respekt und gemeinsamer Umsetzung von Zielen, beispielsweise gemäß dem Vertrag von 1991, beruhen“, heißt es in der Erklärung.

 

Ab September

Die Apelle und Positionen fanden jedoch kein Gehör. Die meisten Abgeordneten stimmten für einen Haushalt, der eine Kürzung der Mittel für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache vorsieht. Laut Antrag selbst soll die Zahl der Unterrichtsstunden dieser Sprache ab September 2022 von drei auf eine reduziert werden.

 

Poseł MN Ryszard Galla
Foto: K. Świderski

 

Der Abgeordnete Galla bezweifelt jedoch, dass die Regierung diese Bestimmung umsetzen kann, die dies eine offene Diskriminierung einer konkreten Gruppe verlangt. „Wird die deutsche Minderheit komplett verboten werden, um nicht für das Erlernen dieser Sprache als Minderheitensprache zu zahlen? Vielleicht wird aber eine Verordnung des Bildungsministers die Minderheiten in Bessere und Schlechtere einteilen“, fragt sich Ryszard Gall, der in den kommenden Tagen eine Interpellation an das Bildungsministerium richten wird.

Der Senat der Republik Polen wird den Haushalt Anfang Januar prüfen.

Rudolf Urban

 

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