Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Konstatierung

Wir haben von Mitgliedern der Partei selbst gehört, dass diskriminierende Maßnahmen gegen die deutsche Minderheit von der Führung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im letzten Jahr wegen des bevorstehenden Wahlkampfs für die Parlamentswahlen als wichtig erachtet wurden. „Inoffiziell“, versteht sich. Die Rede von Jarosław Kaczyński in Kandrzin-Cosel bestätigt diese Richtung deutlich.

Angefangen bei der Kürzung der Mittel für den Unterricht von Deutsch als „Nationalsprache“ (ein neuer Begriff), über die angeblich fehlende Gegenseitigkeit, die Verharmlosung des aktuellen Bundestagsbeschlusses, Mittel für die Verbesserung des Polnischunterrichts in Deutschland bereitzustellen, bis hin zum eindeutigen und permanenten Schüren von Ängsten, nicht nur vor Deutschland, sondern auch vor der – seiner Meinung nach von ihm kontrollierten Europäischen Union, geht er geordnet vor. Als er davon sprach, wie unwürdig es für Polen sei, „unter den Stiefel“ dieser EU zu kommen, dreißig Jahre nachdem man sich von einer anderen Unterdrückung befreit hat, erhielt er Beifall. All dies führte ihn zu „Tusks deutscher Loyalitätund dazu, die PO als deutsche Partei zu bezeichnen, die gerade deshalb nicht an die Macht kommen dürfe. Auf diese Weise ist das Problem der deutschen Minderheit in Kaczyńskis Mund ein Element der deutschen Bedrohung und im weiteren Sinne der feindlichen Vorherrschaft der Europäischen Union. Sie entlarvt den Zynismus der PiS-Politik gegenüber den Bürgern des Landes, das sie regiert.

Einen Tag später, 75 Kilometer von Kandrzin-Cosel entfernt in Kattowitz, verkündet der dortige Woiwodschaftsmarschall Jakub Chełstowski von der PiS, zusammen mit mehreren anderen Sejmik- und Vorstandsmitgliedern, dass er in die Opposition geht, das heißt, er inszeniert eine Art Staatsstreich gegen die Herrschaft der Partei in der Woiwodschaft Schlesien.

Beifall am Sonntag und Konstatierung am Montag. Es lohnt sich, diese beiden Tatsachen miteinander zu verbinden, und sei es nur, weil Jakub Chełstowski bei einem Treffen mit Journalisten deutlich gemacht hat, dass er mit der Anti-EU-Politik der Partei Recht und Gerechtigkeit nicht einverstanden ist. Aber hat er eine andere Sichtweise auf die Minderheitenpolitik oder die Diskriminierung von mehr als 20.000 Schulkindern in der von ihm regierten Woiwodschaft? Ich kann mich nicht an eine einzige seiner Äußerungen erinnern, in der eine solche Politik auch nur mit einem Nebensatz in Frage gestellt wurde.

Im Zusammenhang mit der schlesischen Woiwodschaft und meiner Sicht auf diese Gruppe von neuen Abtrünnigen von Recht und Gerechtigkeit weiß ich nicht, was passieren müsste, damit sie mein Vertrauen gewinnen. Werden sie die Abschaffung des sogenannten schlesischen Pantheons von Skworc bewirken, das für die Region schädlich ist? Werden sie die Gespräche mit engagierten Bürgern über das Denkmal des Lagers Zgoda wieder aufnehmen? Was ist mit den skandalösen Entscheidungen gegenüber der Leitung des Schlesischen Museums in Kattowitz und des Oberschlesischen Museums in Beuthen, die den Anweisungen Warschaus unterworfen waren? Und doch besteht die leise Hoffnung, dass die EU- und deutschfeindlichen Vorwürfe gegen die Partei Recht und Gerechtigkeit und ihren Vorsitzenden auch innerhalb der Partei selbst immer mehr Anhänger finden werden.

Bernard Gaida

Titelfoto: Oberschlesisches Museum in Beuthen (Foto: Yarl / wikimedia.org)

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