Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Dschungel mitten in der Stadt

Im Gleiwitzer Palmenhaus kann man heute nur noch wenige der Pflanzen bewundern, die dort vor dem Zweiten Weltkrieg, in der Glanzzeit des Palmenhauses, wuchsen. Eine von ihnen ist eine riesige Dattelpalme, über 120 Jahre alt, die im historischen Pavillon wächst. Vor 100 Jahren war das Gleiwitzer Palmenhaus ein richtiger Touristenmagnet.

Die ersten Gewächshäuser entstanden im Gleiwitzer Stadtpark bereits 1880. Allerdings dienten sie damals vor allem als Kulturhäuser für die Grünflächen in der Stadt. Auf dieser Basis entstanden dann aber 1924 und 1925 die ersten Ausstellungsräume. Verantwortlich dafür war Richard Riedel, ein enger Mitarbeiter des Stadtbaurats Karl Schabik und selbst ein Gartenbaudirektor. Zuvor schuf er in Kuchelna bei Hultischin den Schlossgarten für den Fürsten von Lichnowsky. 1913 zog Riedel nach Gleiwitz um und begann sogleich damit, exotische Pflanzen zu importieren. Praktischerweise lebte er im Gärtnerhaus im Gleiwitzer Stadtpark. Zu Beginn fehlte das Geld für ein entsprechendes Winterhaus. Riedel hatte aber seinen Traum von einem Palmenhaus nicht aufgegeben. Im Jahr 1924 konnte er schon eine erste Ausstellung exotischer Pflanzen und Palmen veranstalten. Ein Jahr später wurde das erste Wasserbecken für die Amazonas-Riesenseerose gebaut, das erste überhaupt in Schlesien. In den Jahren darauf entstand noch ein Zoo mit Alligatoren, Schlangen, Schildkröten und sogar Affen. Neue Bewohner im Palmenhaus waren auch zahlreiche Papageien. 1934 wurde ein neues Glashaus fertiggestellt. Nach Gleiwitz zogen Paviane und Anakondas. Das Kakteen-Glashaus wurde ausgebaut. Das Palmenhaus war ein riesiger Touristenmagnet. Während 1926 bereits 8.000 Menschen das Palmenhaus besichtigten, waren es 10 Jahre später schon 30.000.

Heute wachsen im Palmenhaus über 5 600 Pflanzen Foto: Anna Durecka

Riedel übte sein Amt als Gartenbaudirektor aus, bis die Sowjets 1945 Gleiwitz besetzten, erst dann flüchtete er nach Westen und starb 1965 in Aschau. Sein Palmenhaus wurde in dieser Zeit fast komplett zerstört. Glück gehabt hatten aber die drei kanarischen Dattelpalmen, heute die Hauptattraktion des Palmenhauses. 1924 hatte Riedel sie nach Gleiwitz geholt. Wie durch ein Wunder überlebten die Palmen die Nachkriegswirren. Und das, obwohl anfangs die neuen polnischen Behörden anstelle des Glashauses einen Busbetriebshof entstehen lassen wollten. Das hatten 1945 der Ingenieur Krzeczewski und der Gärtner Krywalski (Vornamen unbekannt) verhindert und prompt mit dem Wiederaufbau des Palmenhauses begonnen. Bereits 1948 wurde es für die Besucher erneut geöffnet.

Anna Durecka

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