Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Mann, ein Wort

Vor zwei Wochen mussten die deutsche Minderheit in Ermland und Masuren und die in Deutschland lebenden ehemaligen Einwohner des südlichen Ostpreußen von einem ihrer bekanntesten Repräsentanten und Aktiven Abschied nehmen. Am 19. Januar verstarb im Alter von 89 Jahren Herbert Monkowski, der langjährige Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Allenstein-Land.

Der „deutsche Ermländer“, wie er sich gern nannte, hat in seinem langen Leben viel für die Polen, die Deutschen, das deutsch-polnische Verhältnis und seine Heimat Ermland getan, so der allgemeine Tenor der ersten Reaktionen auf seinen Tod. Dabei fällt es den meisten Menschen schwer, das Wichtigste aus seinen Aktivitäten herauszufiltern. „Eigentlich war alles besonders, was Herbert Monkowski getan hat“, konstatiert etwa Domherr André Schmeier, der katholische Seelsorger der deutschen Minderheit in der Region, und ergänzt: „Vor allem aber brachte er positive Energie mit. Wo er war, da war Leben – und er konnte das weitergeben.“

Vom Ermland ins Ermland

André Schmeier ist Pfarrer in Jomendorf, heute als Jaroty ein Stadtteil von Allenstein (Olsztyn). Dort hat Herbert Monkowski nach dem Krieg vor der Ausreise gelebt, dort hatte er bis zuletzt eine Wohnung, dort war er zu Hause und kam zu den deutschsprachigen Gottesdiensten in der Pfarrkirche. Geboren wurde er allerdings 1934 in Allenstein – und von dort musste er 1945 auf die Flucht gehen. Dabei hat er – und mit ihm seine Familie – die schlimmsten Erlebnisse des Kriegsendes durchgemacht: Von sowjetischen Panzern durch die Stadt gejagt, mit einem mit Kohle betriebenen Fahrzeug zum Frischen Haff, zu Fuß über das Eis des Haffs unter dem Beschuss von Flugzeugen, Königsberg unter Belagerung, Flucht über die Ostsee, Augenzeuge der Versenkung der „Wilhelm Gustloff“, von Norddeutschland mit der Eisenbahn und zu Fuß wieder zurück.

In Ostpreußen geht die Sonne auf: Herbert Monkowski (rechts) mit Stephan Grigat (Mitte) und Ulf Püstow vom Vorstand der Landsmannschaft Ostpreußen während des Sommerfests der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren am 25. Juni 2022
Foto: Uwe Hahnkamp

Zurück nach Hause, weil dort – wie seine Mutter meinte – der Vater sie nach dem Krieg wiederfinden würde. Aber nicht nach Allenstein, sondern ins damals noch selbstständige Dorf Jomendorf zu seiner Großmutter. Für die Menschen dort hat er sich schon als junger Mann eingesetzt, hat im Dorf vieles auf die Beine gestellt und nebenbei zwei Abschlüsse als Bau- und Möbeltischler gemacht. Vor allem aber hat er dort Helga Bania, seine spätere Frau, kennengelernt, mit der er ein Leben lang verbunden war.

Ständiges Pendeln, um zu helfen

Nach vielen negativen Erlebnissen in der Volksrepublik Polen gelang ihm 1966 die Ausreise. „Niemals wieder Polnisch sprechen, niemals wieder hierher zurück“ lautete damals das Motto der Eheleute Monkowski. Durchgehalten habe Herbert das selbstverständlich nicht, wie Edward Cyfus mit einem Lächeln der Erinnerung betont. Er setzt sich seit drei Jahrzehnten für das Ermland, für seinen Dialekt und seine Kultur ein, kannte Herbert Monkowski fast genauso lange und hat über ihn das Buch „Geh meinen Weg – Eine biographische Erzählung über den Ermländer Herbert Monkowski“ verfasst. „Warum er das nicht aushielt? Wie er selbst immer sagte: ‚Ermland hat man im Herzen‘ – er konnte ohne Ermland einfach nicht leben“, so Cyfus.

Es begann mit Reisen für ehemalige Ermländer in die frühere Heimat, die Herbert Monkowski organisierte. Danach folgte in den Jahren des polnischen Kriegszustands die Polenhilfe mit Lebensmitteln, Medikamenten und vielen anderen Hilfsgütern. Edward Cyfus und andere Wegbegleiter von Monkowski erinnern sich lebhaft an die denkwürdige Fahrt mit einer Wagenladung frischer Wurst zum damaligen Pfarrer der Herz-Jesu-Kirche in Allenstein, Julian Żołnierkiewicz. Das war Herbert Monkowskis frühere Kirchengemeinde, und in der Folgezeit organisierte er mit seinem neuen Freund Żołnierkiewicz noch weitere Hilfen und fuhr mit ihm sogar einmal in dessen weißrussische Heimat bis nach Tschernobyl – wo er ebenfalls helfen konnte.

Herbert Monkowski
Foto: Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit

Helfen – das war sein Motto, dafür kannten ihn alle. Sein offenes Ohr für Anfragen war geradezu sprichwörtlich. Wenn er versprach, etwas zu besorgen, seien es Medikamente, medizinisches Gerät oder schulische Ausrüstung, dann setzte er – auch ohne Scheu vor großen Namen – alle Hebel in Bewegung, um diese Sache zu Ende zu bringen. Und er hatte Erfolg, wo andere klein beigegeben hätten. Ob die Menschen in Ermland und Masuren, denen er Hilfe brachte, ob polnische Zollbeamte und andere Funktionäre, ob deutsche Spender und Förderer oder der Hochmeister des Deutschen Ordens, Dr. Bruno Platter: Er fand in seinem Wirken immer und überall für alle den richtigen und – vor allem bei den Förderern – wirkungsvollen Ton.

Erinnern und versöhnen

Den Hochmeister zum Beispiel lud er 2010 auf eine Idee von Edward Cyfus hin nach Balden (Bałdy) bei Allenstein zum Weg der ermländischen Bischöfe ein, den er selbst Jahre davor initiiert hatte. Alle redeten von 600 Jahre der Schlacht bei Grunwald, Herbert Monkowski hingegen schlug ihm vor, einen Gedenkstein zu Ehren des ersten ermländischen Bischofs Anselm, der 1210 geboren wurde, zu stiften und zu weihen. Außerdem sollte der Hochmeister eine Messe in der Kirche in Locken (Łukta) halten, die 1408 vom damaligen Hochmeister Ulrich von Jungingen fertiggestellt worden war. Für diese Einladung flog Herbert Monkowski mit seiner Frau Helga nach Wien und hatte dort eine Audienz, die dreimal so lang wie die übliche wurde. Bruno Platter war bekanntermaßen 2010 auf Einladung des polnischen Präsidenten in Tannenberg (Grunwald), aber vorher war er dank des Einsatzes von Monkowski im Ermland.

Was auch immer aber Herbert Monkowski auf die Beine stellte und organisierte, wie viele Kilometer es auch zu fahren galt, eine Person war immer an seiner Seite: seine Frau Helga. Nicht immer im Scheinwerferlicht wie Herbert, doch sie gab ihm Halt, hielt ihm den Rücken frei und stärkte ihn. Und sie bremste ihn ein wenig, wenn er, was auch vorkam, etwas übermütig wurde. Ihr Tod 2014 traf ihn schwer, dennoch war er weiterhin aktiv. Einmal gestand er seinem Freund Edward Cyfus: „Helga ist für mich nicht tot. Dort, am Friedhof, liegt nur ihre Hülle. Sie ist mir nah, hier in meinem Herzen.“ So trägt auch der Gedenkstein für Infulat Adalbert Zink, der als Pfarrer in Allenstein für ihn in der schweren Zeit nach dem Krieg ein Vaterersatz war und bei dem Monkowski Messdiener war, die Inschrift „Gestiftet von Helga und Herbert Monkowski“. Er steht vor dem Weg der ermländischen Bischöfe, war eines der letzten Projekte von Monkowski – und, wie er betonte, „Helgas und meine gemeinsame Idee“.

Fast auf den Tag genau neun Jahre nach dem Tod seiner Helga ist Herbert Monkowski gestorben, Ende Januar beigesetzt worden – und ist nun wieder mit ihr vereint. Aber, wie er selbst sagte: Dort, auf dem Friedhof, liegt nur die Hülle. Herbert und Helga sind und bleiben in den Herzen derer, denen sie in ihrem Leben geholfen haben, und mit denen sie an der deutsch-polnischen Verständigung und Zusammenarbeit gewirkt haben.

Uwe Hahnkamp

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