Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Eine Stadt vieler Religionen

Mit Ewa Cichoń, der Direktorin des Regionalmuseums Rosenberg, sprach Manuela Leibig über die Konfessionen in Rosenberg

 

Evangelische Pfennigkirche im Rosenberger Park
Foto: Manuela Leibig

 

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Frau Direktorin, wir haben uns zuletzt über die Geschichte Rosenbergs unterhalten. Dieses Mal möchte ich mich auf die Religionen konzentrieren. Haben auch Juden in der Stadt gelebt?

Ja, in den Quellen wird erwähnt, dass Juden bereits im 13. Jahrhundert in Erscheinung traten. Eine organisierte jüdische Gemeinde gab es hier allerdings erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Aus dem Jahr 1814 haben wir Informationen über den Bau einer hölzernen Synagoge, die Zimmermann in seinen Statistiken und der Rosenberger Geschichtsschreiber Lompa sowie später auch die Wonschik-Chronik angeben. Wir wissen nur nicht, wo sie sich befand, ob sie z. B. auf dem Gelände des Nachbaus stand oder nicht. Erwähnt wird auch der jüdische Friedhof, der bis heute erhalten geblieben ist und sich an der ul. Młyńska befindet. Auf diesem Friedhof gibt es noch über 200 Grabstelen, die für diese Religion typisch sind. Die älteren Grabstelen tragen hebräische Inschriften, die späteren hebräische und deutsche. Und die aus der Zwischenkriegszeit sind hauptsächlich in Deutsch gehalten. Im Jahr 1868 wurde ein schönes Vorbestattungshaus gebaut, das sich bis heute erhalten hat.

 

 

Es gab also sicherlich auch eine Synagoge.

Zwischen 1887 und 1889 wurde in der Großen Vorstadt eine schöne Synagoge mit drei kupfergedeckten Zwiebeltürmen errichtet. Sie glänzten in der Sonne, zumindest am Anfang, denn später setzte das Kupfer Grünspan an und wurde grün. Das Gebäude war recht ansehnlich. Leider wurde es in der Kristallnacht vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt. Das Schicksal dieser Synagoge war das gleiche wie das aller anderen Synagogen im Dritten Reich.

 

 

Und wie bei allen Synagogen sind heute nur noch Ansichtskarten übrig…

Nicht ganz. Ein Nachkomme von Dr. Harry Preis, der unweit der Rosenberger Synagoge wohnte, erzählte uns bei einem seiner Besuche, wie er bei seiner Bar Mitzwa in Manila, Philippinen, ein Fragment der Thora aus der Rosenberger Synagoge vorlas. Die Hälfte dieser Thora – die Thora ist eine Schriftrolle auf zwei Rollen – wurde höchstwahrscheinlich von Feuerwehrleuten gerettet. Diese bewachten die brennende Synagoge, damit das Feuer nicht auf die benachbarten Gebäude übergriff. Allein wurde dieser Teil Manilas 1945 von der japanischen Luftwaffe bombardiert. Unter anderem wurde diese Synagoge bombardiert, und so verschwand auch die einzige Spur der Rosenberger Synagoge von der Bildfläche.

 

 

Womit beschäftigten sich die Rosenberger Juden?

Die Juden ließen sich im 15. und 16. Jahrhundert am Rande der Stadt nieder, weil sie nicht innerhalb der Mauern leben durften. Ab 1778 war es ihnen dann erlaubt, auch in der Stadt zu wohnen, um den lokalen Handel anzukurbeln. Es wurde nun ein Rosenberger Toleranzamt eingerichtet, das sich um die Achtung der Rechte von Bekennern des Judaismus kümmerte und diese in die Stadt lockte. Im Jahr 1861 machten Juden über zwölf Prozent der Stadtbewohner aus. Es waren meist Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer, Mitglieder der Kommunalverwaltung, Ladenbesitzer, Kaufleute und sehr wohlhabende Leute. Siegfried Schlesinger war damals der reichste Rosenberger. Ebenfalls wohlhabend war Koun Baginski, der das Hotel „Rom“ am Marktplatz hatte. Es gab viele jüdische Geschäfte am Markt, zum Beispiel das von Isidor Grünpeter. Grünpeters Tochter Pnina lebt in Israel und hat unser Museum mehrmals besucht. Sie kontaktiert uns bis heute immer wieder, wenn wir zum Beispiel Materialien zur jüdischen Kultur und Geschichte in Rosenberg auf unserer Facebook-Seite zur Verfügung stellen, meldet sich die Dame zu Wort. Am Marktplatz befand sich auch ein Geschäft der Familie Weigert, es waren die Großeltern von Paul Ehrlich, der 1908 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Die Weigerts wohnten am Marktplatz, sie hatten eine Eisenwarenhandlung, heute gibt es dort eine Buchhandlung. Übrigens war es hier in Rosenberg eine reformierte Gemeinschaft, sodass die Juden äußerlich nicht auffielen. Sie waren gekleidet wie reiche Bürgersleute, sie trugen nicht die typischen Trachten, die für diese bereits auf der polnischen Seite vorhandenen Strömung charakteristisch waren.

 

 

Sie erwähnten prominente Persönlichkeiten Rosenbergs. Wer war besonders gut bekannt?

Oh, es waren sehr viele. Aber die wohl bekannteste in der Welt war „Glauers Liliputaner-Truppe“. Es waren die berühmten Liliputaner-Geschwister: die drei Brüder Heinrich, Bruno und Paul und ihr Cousin Adolf. Sie waren weniger als einen Meter groß. Die Glauers kamen aus Rosenberg, ihr Vater war ein bekannter Metzger. Die Glauer-Truppe war ein Zirkus und ein Theater. In der Zwischenkriegszeit war sie weltweit bekannt. Frau Adelheid Glauer, die mit Rosenberg verbunden ist und in Osnabrück lebt, hat kürzlich ein Buch über die Familie Glauer veröffentlicht. Wo sie aufgetreten sind…, ist schwer zu sagen, es ist einfacher zu sagen, wo sie nicht aufgetreten sind. Denn sie traten vor dem Zaren Nikolaus II. auf, in Japan, Ägypten, ganz zu schweigen von Europa und den Vereinigten Staaten. Sie tanzten, sangen, steppten, hatten schicke Kostüme und Make-up, sie amüsierten das Publikum zu Tränen.

 

Und wie war es mit den Religionen in Rosenberg? Welche waren vorherrschend?

Rosenberg war eine typisch katholische Stadt, hingegen war Kreuzburg evangelisch, dort steht im Zentrum eine schöne evangelische Kirche. Als Rosenberg unter preußische Herrschaft kam, trafen auch die ersten Evangelischen bei uns ein. Als diese Gemeinschaft im 19. Jahrhundert im Aufbau war, hatte der erste evangelische Pastor Leopold Polko noch keine Kirche. Es war die Zeit des Völkerfrühlings, eine Zeit von Unruhen und Bauernaufständen hier in diesem Gebiet. Und es war keine Zeit, die der Gründung einer Kirche förderlich war, es fehlte an Geld. Derselbe Pastor reiste also durch ganz Preußen mit selbst verfassten gereimten Flugblättern, die mit dem Satz endeten: „Ich bitte um einen Pfennig“. Und als er schließlich drei Millionen Pfennige gesammelt hatte, begann er mit dem Bau der Kirche. Diese Kirche wird deshalb Pfennigkirche genannt, weil sie aus Pfennigen gebaut wurde. Zwischen 1851 und 1853 wurde diese Kirche unter der Anrufung des Kreuzes Christi im Park errichtet.

 

Und die Katholiken? Hatten sie eigene Kirchen?

Ja, es gab eine Kirche am Marktplatz, die aber mit der Zeit zu klein wurde. Also nahm sich Pfarrer Bruno Alexander vor, eine richtig große Kirche zu bauen. Und er hatte damit Erfolg. Unsere Pfarrkirche ist monumental, nicht nur für ein Städtchen wie dieses, damals mit 6.000 bis 7.000 Einwohnern, heute ca. 10.000. Die schöne neobarocke Inneneinrichtung wird derzeit saniert, nur einer der Seitenaltäre muss noch renoviert werden. Auch diese Kirche unter der Anrufung des Leibes Christi sollte man unbedingt besichtigen.

 

Wie konnten diese Religionen koexistieren?

Es ist eine Stadt des Grenzlandes, der Kulturen und Nationen, aber auch der Religionen und Glaubensrichtungen. Ein aussagekräftiges Symbol für das Zusammenleben der Konfessionen war der Brauch, dass sich jeweils am Sonntagnachmittag der katholische Pfarrer Valentin Moravia, Pastor Salzweder und der damalige Rabbiner Blumfeld zu einer Skatpartie und einem Glas Wein in Kassels Weinstube am Marktplatz trafen. 30 Weinsorten wurden in dieser Weinstube ausgeschenkt. Diese Ökumene funktionierte in Rosenberg in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

 

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