Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Fragen an Czarnek

Heute vor einem Jahr haben Mitglieder der deutschen Minderheit eine Petition gegen die Kürzung des Deutschunterrichts als Minderheitensprache beim Bildungsministerium in Warschau eingereicht. Diese wurde von 13.222 Personen unterschrieben, doch gebracht hat es bislang nichts. Zum Jahrestag der Petition stellt nun die Minderheit konkrete Fragen an Bildungsminister Przemysław Czarnek.

 

Zur Erinnerung: Eltern sammelten bereits ab Dezember 2021 Unterschriften, als der Sejm beschloss, die Bildungssubvention zu kürzen, und sie führten sie auch fort, als der Bildungsminister selbst entschied, die Stundenzahl nur für die deutsche Sprache zu reduzieren. „Als Deutschlehrer, vor allem aber als Elternteil bin ich nicht einverstanden mit der Entscheidung, die Unterrichtsstundenzahl der deutschen Minderheitensprache von 3 auf 1 Stunde zu reduzieren. Es ist undenkbar die Entfaltungs- und Förderungsmöglichkeiten der eigenen Sprache und Kultur zu verringern, insbesondere wenn es nur um eine Minderheit und die jüngsten Bürger unseres Landes geht“, sagte damals Agnieszka Kała, Direktorin der Grundschule in Grodisko und Initiatorin der Petition. Und Martin Buballa, ein Vater aus der Woiwodschaft Schlesien fügte hinzu: „Es ist ein Angriff auf Kinder, weil ihnen das Recht und die Möglichkeit genommen wird, Deutsch, die Sprache ihrer Vorfahren, zu lernen. Warum ist das so? Weil wir kleiner, schwächer sind?“

 

 

Enttäuschung

Die Petition der Eltern und Lehrer sowie weitere ähnliche, die u.a. von der Wirtschaft initiiert wurden, wurde aber vom Bildungsministerium abgetan. Man berief sich auf die fehlende Symmetrie im Bereich Bildung in den deutsch-polnischen Beziehungen, also auf angeblich fehlenden Polnischunterricht an deutschen Schulen. Die gekürzten Deutschstunden wurden daher im September 2022 eingeführt und nur dank einiger Bürgermeister und Gemeindevorsteher in oberschlesischen Kommunen konnte die Entscheidung abgemildert werden, indem eine oder zwei Deutschstunden nun aus dem Gemeindehaushalt finanziert werden.

 

Aneta Buczek aus der Gemeinde Turawa
Foto: Rudolf Urban

 

Die Enttäuschung bei den Petitionsunterzeichnern und –initiatoren ist daher groß. Aneta Buczek aus der Gemeinde Turawa, Mutter von vier Kindern, stellte bei der heutigen Pressekonferenz zum Jahrestag der Petition fest: „Nach dem Treffen mit Minister Czarnek im Januar war ich fest überzeugt, dass die Petition Geschichte ist, weil die Kürzungen schnell zurückgenommen werden. Daraus ist aber bislang nichts geworden. Das ist für mich sehr enttäuschend.“

 

Fragen

Genau das Treffen im Sitz des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen im Januar, bei dem Bildungsminister Czarnek die Rückkehr zu drei Deutschstunden in der Woche angekündigt hat, sobald sichergestellt werde, dass die Mittel für den Deutschunterricht Kindern aus der Minderheit zugutekommen, war der Grund für die heutige Pressekonferenz. „Damals hat auf meine Frage, wann man denn mit der Rückkehr der Deutschstunden rechnen könne, Przemysław Czarnek gemeint, es werde so schnell wie möglich geschehen. Wir haben nun aber März und es tut sich nichts in dieser Richtung“, sagte Zuzanna Donath-Kasiura, Vizemarschallin der Woiwodschaft Oppeln.

 

Oppelns Vizemarschallin Zuzanna Donath-Kasiura
Foto: Rudolf Urban

 

Nun werde aber die deutsche Minderheit mit Fragen zur Zukunft des Unterrichts überhäuft, sagt Rafał Bartek, Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien und Chef des Verbandes deutscher Gesellschaften in Polen. „Weil wir aber  diese Fragen nicht beantworten können, weil wir keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Ressorts haben, wollen wir die Fragen dem Minister nun öffentlich stellen“, sagt Rafał Bartek.

 

Fragen an Bildungsminister Czarnek
Foto: Rudolf Urban

 

Die erste Frage der Minderheit bezieht sich auf die Petition der Eltern von vor einem Jahr und was das Ministerium damit tun wolle. Die zweite Frage richtet sich an die Deklarationen Czarneks vom Januar, die Diskriminierung zurück zu nehmen. Die deutsche Minderheit fragt auch nach der Zukunft der Deutschlehrer, von denen mittlerweile hunderte polenweit ihre Arbeit verloren haben sollen, sowie nach 50.000 Schülern, die anders als Vertreter anderer Minderheiten weiterhin diskriminiert werden. Schließlich steht auch die Frage nach der Zukunft der jungen Generation, der durch die Kürzungen des Deutschunterrichts ein Teil der Bildungsmöglichkeiten weggenommen werde.

Die deutsche Minderheit will die Fragen auf unterschiedlichen Wegen an den Bildungsminister senden. Ob eine Antwort kommt, ist heute unklar. Eine Anfrage des Wochenblatt.pl vom 15. Februar über die Realisierung der Deklarationen des Bildungsministers von seinem Treffen mit der Minderheit, blieb bis heute unbeantwortet.

 

SKGD- und VdG-Vorsitzender Rafał Bartek
Foto: Rudolf Urban

 

Neue Petition

Der Verband deutscher Gesellschaften startete zum Jahrestag der ersten Petition gegen die Kürzung des Deutschunterrichts als Minderheitensprache eine neue, die man nun online unterzeichnen kann. Aneta Buczek wird sie nicht nur unterschreiben, sondern aktiv dafür werben. „Das mache ich nicht nur für meine Kinder, sondern auch für andere, die die deutsche Sprache lernen wollen. Das ist nicht für mich gedacht, sondern für alle anderen, die vielleicht nicht den Mut haben hier zu stehen und das zu sagen“, sagt sie.

Und dann fragen wir die Mutter von vier Kindern, was sie heute Bildungsminister Czarnek sagen würde, träfe sie ihn ein Jahr nach der Petition und gut zwei Monate nach dem Gespräch im VdG. Ihre Antwort ist eindeutig: „Wieso haben Sie mich belogen, mich, eine Mutter von vier Kindern? Warum haben Sie mir mit einem Lächeln im Gesicht gesagt, ich solle keine Angst haben, der Minister werde die Kürzung zurücknehmen? Das haben Sie aber bis heute nicht gemacht!“

Rudolf Urban

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