Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ja zur Vielfalt, nein zur Spaltung

Mit Maksymilian Polis, dem Vorsitzenden des Jugendforums der Woiwodschaft Oppeln, sprach Andrea Polański über die Vielfalt der Region Oppeln, die deutsch-polnischen Beziehungen und die Rolle der Jugend bei deren Gestaltung.

Du bist in der Woiwodschaft Oppeln aufgewachsen, einer sehr vielfältigen Region. Hier leben Polen, Schlesier, Deutsche und Roma. Wie empfindest Du diese Vielfalt und denkst Du, dass sie das Leben und die Gesellschaft in der Region prägt?
Diese Vielfalt begleitet mich in meinem Alltag in der Woiwodschaft Oppeln seit meiner Geburt. Ich empfinde sie als einen großen Mehrwert, der mich gelehrt hat, andere Kulturen und Minderheiten zu respektieren, der in mir die Neugierde und den Wunsch geweckt hat, mehr über andere zu erfahren, denn auch wenn uns vieles unterscheidet, gibt es noch mehr, was uns verbindet. Schließlich treffen wir uns zu gemeinsamen Aktionen zum Wohle unserer Region, aber auch zu geselligen Zusammenkünften, mit denen wir unsere Zeit gut verbringen. Die Woiwodschaft Oppeln kann sich in Polen vieler Stärken rühmen. Ich werde immer stolz auf meine Region sein, hier wird das Gefühl der Zugehörigkeit zu bestimmten Minderheiten gepflegt, auch wenn es derzeit unangenehme Situationen gibt, die von hasserfüllten Menschen verursacht werden.

Maximilian Polis
Foto: privat

Wie sind Deine Kontakte zu jungen Deutschen in der Region Oppeln bisher verlaufen?
Meine bisherigen Kontakte zu jungen Deutschen beruhen eher auf familiären Bindungen. So wie viele von uns Familie in Deutschland haben, so ist ein Teil von uns mit den Traditionen, der Kultur und der Lebensweise von gebürtigen Deutschen oder Polen vertraut, die vor vielen Jahren auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland ausgewandert sind. Die Situation änderte sich durch meine Aktivitäten im Jugendforum der Woiwodschaft Oppeln, wo ich viele Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund kennenlernte – darunter auch die deutsche Gemeinschaft, die im Oppelner Schlesien lebt. Dies ist unter anderem das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Bund der Jugend der Deutschen Minderheit in Polen, wo wir gemeinsame Unternehmungen und Projekte durchführen und uns des großen Wertes dieser Zusammenarbeit bewusst sind. Ich sehe junge Deutsche als Menschen, die sich sehr für das Leben in ihrer Gemeinschaft und die Pflege von Traditionen engagieren. Ihre Herangehensweise an die Organisation von Veranstaltungen ist für mich unübersehbar – immer professionell und mit Taktgefühl. Ich kann ganz klar sagen, dass meine bisherigen Kontakte mich in meiner Überzeugung bestärkt haben, dass diese Zusammenarbeit und das gemeinsame Handeln sehr sinnvoll sind, um eine Region aufzubauen, die immer geeint sein wird und sich gleichzeitig durch kulturelle Vielfalt auszeichnet.

Wir erleben derzeit, wie die Minderheit zum Gegenstand politischer „Spielchen“ geworden ist, selbst einige konservative Politiker versuchen, die Gesellschaft gegen die deutschstämmige Bevölkerung aufzubringen. Wie beurteilst Du als junger Pole die Situation in unserer Woiwodschaft?
Ich wiederhole immer wieder, dass die Woiwodschaft Oppeln von ihren Bewohnern, aber auch von den Polen, stets als eine Region der Harmonie wahrgenommen wurde. Hier wird seit jeher großer Wert auf interkulturelle Zusammenarbeit, Respekt vor Minderheiten und Vielfalt gelegt. Diese Situation hat sich allmählich geändert, da sich die öffentliche Stimmung durch die sehr harte und brutale Politik des derzeitigen Regierungslagers verschärft zu haben scheint. Prominente Aktivisten der Vereinigten Rechten, die leider unsere Region repräsentieren, betreiben Hetze und spalten die Gesellschaft, indem sie versuchen, Deutschland, deutschen Einfluss und die Kriegsgeschichte als Schreckgespenst zu benutzen. Dieses Verhalten ist in keiner Weise zu rechtfertigen, sondern kann nur aus Sicht jener Politiker gerechtfertigt erscheinen, um Unterstützung in konservativen gesellschaftlichen Nischengruppen zu gewinnen. Wir haben in Polen eine Situation wie nie zuvor. Hass, Einschüchterung, Propaganda und die Schamlosigkeit, die eigenen politischen Ziele über Leichen zu verfolgen, haben sich in die öffentliche Debatte eingeschlichen. Die alles geschieht zwar landesweit, in der Woiwodschaft Oppeln aber besonders intensiv, weil hier ein erheblicher Anteil von Menschen deutscher Herkunft lebt. Es ist hier, wo deutschsprachige Ortsschilder bekämpft werden. Hier haben wir enorme Einbußen durch die Kürzung der Bildungssubvention für den Deutschunterricht und hier müssen wir uns als Polen schämen, dass Kriegsreparationen überhaupt zur Sprache gebracht worden sind.

Und wie würdest Du die Situation bei der jüngeren Generation einschätzen?
Die junge Generation ist sich ihres eigenen Wertes und vor allem des Wertes der anderen Person bewusst, unabhängig von Herkunft, Weltanschauung oder sexueller Orientierung – letzteres ist auch ein sehr brisantes Thema. Ich arbeite in einem Umfeld, das sich der aktuellen Situation bewusst ist und sich sehr dafür einsetzt, den negativen Neigungen eines hasserfüllten Umfelds entgegenzuwirken. Ich bin überzeugt, dass fast alle jungen Menschen die Spaltung der Gesellschaft, das Säen von Hass und das ständige politische Gezänk in der öffentlichen Debatte satthaben. Junge Menschen wollen in einem sicheren, toleranten, europäischen und einvernehmlichen Polen leben, in dem sie ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder sehen.

Innerhalb der Minderheit spielen die polnisch-deutschen Beziehungen eine sehr wichtige Rolle, aber viele Menschen befürchten ihre Verschlechterung. Man denke nur an die Reparationsforderungen der polnischen Regierung oder die drastische Kürzung der Subventionen für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache. Können junge Menschen überhaupt etwas gegen diese Situation unternehmen?
Wie ich bereits erwähnt habe, sind die Reparationsforderungen der polnischen Regierung und die Kürzung der Subventionen für den Deutschunterricht typische Maßnahmen der Vereinigten Rechten. In den letzten Jahren war es eine Politik, die auf der Schaffung von Spaltungen, der Verbreitung von Hass und Verachtung beruhte. Als junge Menschen versuchen wir, die öffentliche Debatte mit unserem echten Verständnis von Vielfalt zu erreichen. Als Forum haben wir uns an Projekten mit dem Bund der Jugend der Deutschen Minderheit beteiligt und kürzlich an einer Jugendkonferenz über die deutsch-polnischen Beziehungen in Kreisau teilgenommen, einem diesbezüglich strategischen und symbolträchtigen Ort. Gemeinsam richteten wir einen Appell an die polnische Regierung, das öffentliche Narrativ gegenüber unserem westlichen Nachbarn zu ändern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Kinder nicht die Möglichkeit haben, in der Schule Deutsch zu lernen. Ich hoffe, dass wir schon viel getan haben, aber wir werden in Zukunft noch mehr für die Erhaltung und vor allem für die Aufrechterhaltung der guten deutsch-polnischen Beziehungen tun.

Was bringt ein solcher Austausch zwischen Minderheit und Mehrheit, zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, den Jugendlichen?
Ein solcher Austausch vermittelt jungen Menschen ein Gefühl dafür, wie wichtig es ist, den anderen zu respektieren und eine Gemeinschaft aufzubauen, die auf der Übereinstimmung mit den Ansichten oder Traditionen anderer beruht. Es geht nicht darum, bloß hochtrabende Slogans zu entwickeln, sondern vor allem darum, Spaß zu haben und sich wertvolles Wissen anzueignen.

Was würdest Du Dir für die deutsch-polnischen Beziehungen wünschen?
In der gegenwärtigen Situation ist es wichtig, dass das dumme Gerede des derzeitigen Regierungslagers ein Ende hat und dass wir uns auf die wirklichen Probleme in unserem Land konzentrieren. Das antideutsche Narrativ ist kein Rezept für die Aufrechterhaltung einer langjährigen Regierung, sondern ein Nagel im politischen Sarg für hasserfüllte Politiker. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Polen in Deutschland als Freunde und nicht als Feinde gesehen werden. Erst wenn man zum Beispiel aus beruflichen Gründen nach Deutschland geht, wird die eigene Vorstellung davon, was andere von uns denken mögen, womöglich korrigiert. Ich hoffe sehr, dass wir wieder gute Beziehungen zu unserem westlichen Nachbarn aufbauen und gemeinsam ein starkes und modernes Europa voller Vielfalt und Respekt für andere Kulturen schaffen werden.

 

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