Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Kein Schatten kann seinen Glanz überdecken

Nach der Ausstrahlung einer Reportage über Johannes Paul II. und seine Rolle bei der Vertuschung von Pädophiliefällen in der polnischen Kirche, entbrannte ein landesweiter Streit um die vermeintliche Entwürdigung des Heiligen. Vertreter der deutschen Minderheit sind in ihren Kommentaren deutlich zurückhaltender.

 

Der zum US-Konzern Discovery gehörende Fernsehsender TVN24 strahlte vergangene Woche die Reportage „Franciszkańska 3“ aus. Darin geht es um die Rolle, die Karol Wojtyła – so der bürgerliche Name von Johannes Paul II. – in seiner Zeit als Krakauer Kardinal gespielt hatte. Anhand von drei Beispielen von Priestern, die sich der Pädophilie schuldig gemacht haben, wurde gezeigt, Wojtyla habe nicht nur davon gewusst, sondern die Taten vertuscht und die Täter geschützt.

Nach der Ausstrahlung entbrannte ein landesweiter Streit um den Papst und sein Gedenken. Vor allem Vertreter der Regierungsparteien sind der Meinung, die Reportage sei ein Angriff auf den Heiligen und solle seine Errungenschaften und seine Lehren schmälern. Politiker der Opposition dagegen stellen vor allem die Missbrauchsfälle in den Vordergrund. Diese müssten auch nach Jahren aufgeklärt werden. Beide Seite bemühen dabei den von Papst Johannes Paul II oft zitierten Bibelvers: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen“.

 

Johannes Paul II in München 1980
Foto: Red Cross Unit München-Nord 3 Harthof/Hasenbergl

 

Auch an der deutschen Minderheit geht der Streit nicht spurlos vorbei. Zur Sache äußerte sich u.a. der Sejmabgeordnete der deutschen Minderheit Ryszard Galla in seiner wöchentlichen Kolumne im Wochenblatt.pl. Nachdem die Regierungsparteien im Sejm einen Beschluss zum Schutz des Heiligen Vaters Johannes Paul II. verabschiedet haben, schreibt Galla u.a.: „Als fraktionsloser Abgeordneter habe ich mich bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Der Grund dafür ist, dass ich der Meinung bin, dass sich die Politik nicht in das Leben der Kirche einmischen sollte. Das lehne ich grundsätzlich ab! Auch der Heilige Vater selbst, der so viel für Polen, die Kirche und die Welt getan hat, sollte meiner Meinung nach nicht in die aktuelle Politik hineingezogen werden, und so sehe ich diese Entschließung“.

Zum Gedenken an den Papst schreibt der Ryszard Galla wiederum: „Wenn es ungelöste Fragen oder Themen gibt, die einen Schatten auf den Heiligen Vater Johannes Paul II. werfen könnten, gibt es Historiker, die diese aufarbeiten und, wenn es tatsächlich Zweifel gibt, diese ausräumen können. Ich persönlich bin überzeugt, dass kein Schatten den Glanz des Heiligen Vaters Johannes Paul II. überdecken kann“.

 

Johannes Paul II auf dem Petersplatz im Jahr 1987
Foto: Benutzer:Dr. Meierhofer/wikimedia commons

 

Auch Bernard Gaida, ehemals VdG-Vorsitzender und heute Vizechef der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten sieht nach der Reportage des Fernsehsenders keinen Grund die Heiligkeit des Papstes anzuzweifeln und zitiert in seiner neuesten Kolumne im Wochenblatt.pl Erzbischof Stanisław Gądecki: „Die Heiligkeit und Größe von Johannes Paul II. zu verteidigen, bedeutet natürlich nicht zu behaupten, dass er keine Fehler machen konnte“.

Gleichzeitig meint Gaida: „Auf der anderen Seite mangelt es nicht an jenen, von denen Benedikt XVI. sagte, sie seien „nicht nur von einem reinen Wunsch nach Wahrheit” getrieben, sondern „auch von der Freude, die Kirche zu diskreditieren und in Misskredit zu bringen”. Da dies im Heiligsprechungsprozess nicht der Fall war, muss die Wahrheit immer noch demütig und objektiv gesucht werden, aber die Heiligkeit, die Moral und das Urteil über Johannes Paul II. werden nicht durch eine parlamentarische Entschließung, eine Partei, einen Historiker oder gar den Vatikan entschieden. Es findet außerhalb unseres Wissens statt und hat nichts mit seinen Verdiensten für Polen zu tun“.

 

Die Reportage und der Streit um Papst Johannes Paul II. sowie die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche wird die polnische Öffentlichkeit wohl noch eine Weile beschäftigen, Derweil hat die Polnische Bischofskonferenz nach ihrer Sitzung Anfang dieser Woche verlautbaren lassen, man wolle eine Arbeitsgruppe berufen, die Missbrauchsfälle in der Kirche vor allem aber deren Dokumentierung in Akten der kommunistischen Sicherheitsapparate untersuchen werde.

Ru

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