Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Leichte Flieger, schwere Arbeit

In der Vortragsreihe der Exponate des Monats im Museum der Moderne des Städtischen Kulturzentrums in Allenstein (Olsztyn) gab es am 30. März ein unscheinbares Dokument zu bewundern. Einen „Soldatenbrief aus Diwitten von 1916“ nahm Rafał Bętkowski vom Museum zum Anlass, um auch über die einst an diesem Ort eingerichtete Basis für Luftschiffe und Zeppeline zu referieren.

Die Luftschifffahrt begann nicht mit Flugzeugen, sondern mit Ballons und im zweiten Schritt mit dem Versuch, diese Ballons zu steuern und mit Motoren anzutreiben. Ein Visionär war Hermann Ganswindt (1856–1934) aus Voigtshof bei Seeburg (Wójtówko k. Jezioran) in Ostpreußen, der ein großes Modell eines Luftschiffs und sogar einen Anlegemast entwarf. Doch wichtig ist hier vor allem der Name von Ferdinand Graf von Zeppelin (1838–1917), der im stolzen Alter von 62 Jahren erfolgreich wurde. Sein 120-Meter-Luftschiff in Form einer Zigarre erhob sich am 2. Juli 1900 um 20:03 Uhr in Manzell von den Wassern des Bodensees. Mit diesem ersten Zeppelin begann das Zeitalter des Transports von Waren und Menschen – und Waffen – durch die Luft.

Darstellung des Jungfernflugs des ersten Zeppelins im Jahr 1900
Foto: Uwe Hahnkamp

Ziviler Dienst, Dienst im Krieg

Schon damals stand der Hangar des ersten Zeppelins auf dem Wasser des Bodensees. Denn die Konstruktionen aus Aluminiumstreben und der umgebenden mit Gas gefüllten Hülle waren in der Luft stabil, wenn auch durch Feuer gefährdet, jedoch am Boden beim Aufprall auf Felsen, Bäume oder selbst Hallenwände sehr empfindlich. Nicht wenige Zeppeline, die Tausende Kilometer mit ihren Lasten geflogen waren, wurden beim Einhallen in die Hangars beziehungsweise Luftschiffbergehallen geradezu zusammengefaltet, wenn sie nicht genau passend dort hineingezogen wurden. Der Erfolg wog diese Risiken auf; insgesamt 150.000 Kilometer bei 1.600 Flügen mit 37.000 Passagieren vor dem Ersten Weltkrieg sprechen für sich.

Das Publikum beim Vortrag im Allensteiner Museum der Moderne
Foto: Uwe Hahnkamp

Im Jahr 1913 kamen die Zeppeline mit dem neu errichteten 20. Armeekorps nach Allenstein. Der Magistrat der Stadt hatte auf dem Boden des Dorfs Diwitten (Diwity) Grund gekauft und dem Heer zur Verfügung gestellt. Inzwischen waren die Zeppeline auf etwa 150 Meter Länge angewachsen und die Hallen entsprechend groß. Der erste Zeppelin, der in Diwitten landete, trug die Nummer Z.IV (LZ-16, also das 16. Luftschiff Zeppelin) und flog am 5. Juni 1914 über Allenstein. Das Museum der Moderne besitzt ein vergrößertes Luftbild, das aus diesem Zeppelin bei diesem Flug geschossen wurde. Im Laufe des Krieges nahmen viele Luftschiffe von Diwitten aus an Kämpfen teil oder absolvierten Erkundungsflüge.

Der Feldpostumschlag zum Brief
Foto: Uwe Hahnkamp

Gefahren in der Luft, schwere Arbeit am Boden

Ernst A. Lehmann (1886–1937) war ein Zeppelinpilot, der 1936 in seinen Memoiren „die zehn unangenehmsten Minuten seines Lebens“ schilderte. An der Festung Osowiec (Twierdza Osowiec), damals die Grenze zu Russland, heute in der Woiwodschaft Podlachien, wurde sein Zeppelin auf dem Flug vom 10. auf den 11. August 1915 von russischen Geschossen getroffen und verlor Traggas. Auf dem Rückflug verlor er über Puppen (Spychowo) die Orientierung bis Neidenburg (Nidzica), geriet bei Muschaken (Muszaki) in Nebel und musste zuletzt auf dem Kellarensee (jezioro Kielary) notwässern – mit 150 Meter Länge auf einem von Bäumen umgebenen kleinen See. Dabei ging auch noch ein Motor kaputt, sodass das erneute Aufsteigen und die letzten Kilometer nach Diwitten ein riskantes Unterfangen waren. Als der Zeppelin in die Halle gezogen war, und Ernst A. Lehmann das Gewitter hörte, das sich an jenem Abend entlud, notierte er „Glück muss der Zeppelin-Mann haben!“ (Er starb übrigens am 6. Mai 1937 beim Unglück des Zeppelins „Hindenburg“ in Lakehurst (USA), das das Zeitalter der Zeppeline beendete.)

Der Kellarensee
Foto: Uwe Hahnkamp

Die Risiken am Boden hielten sich in Grenzen. Es war jedoch eine sehr schwere Arbeit, ein Luftschiff über Leitschienen gleichmäßig und vorsichtig in seine Halle zu ziehen. Das war der Job des Soldaten R. Waschke, der in dem Feldpostbrief vom 3. Dezember 1916 seiner Frau Maria in Berlin schildert, wie es beim „Königlich Preußischen Feldtrupp für Luftschiffe Nr. 16“ (so der Stempel der Formation) in Diwitten so ist: „die Beine schmerzen am Knöchel, das könnte auch Rheumatismus sein […], aber bei einer Krankmeldung wegen Kleinigkeiten droht Arrest.“ An seinem freien Tag hatte er zwei kleine Dörfer besucht, beide ärmlich, leidend unter dem Krieg, von den Russen beraubt. Es gab nicht mehr viel zu kaufen, aber Brot sollte seine Frau nicht schicken, um nicht selbst zu hungern. Es sind einfache Worte, grammatikalisch nicht sattelfest, aber eindringlich in der Schilderung der traurigen Lage. Es war keine leichte Zeit, weder beim Heer noch im heimatlichen Berlin. Mit dem Versailler Vertrag wurde die Basis für Luftschiffe dann aufgelöst; sie diente nur noch als Schulungszentrum für die Besatzungen von Beobachtungsballons.

Der Brief aus Diwitten
Foto: Uwe Hahnkamp

Das nächste Exponat wird nicht viel größer sein als der Feldpostbrief von R. Waschke an seine Frau: Am 12. April geht es im Museum der Moderne des Städtischen Kulturzentrums in Allenstein um in der Stadt produzierte Streichhölzer.

Uwe Hahnkamp

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