Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Musik war sein Lebenselixir

Orchester war sein Instrument. Kurt Masur sagte über sich selbst, er habe viel Freude an praktischer Arbeit und sei ein „großer Bastler“. Nicht verwunderlich. Als Sohn eines Elektroingenieurs und ausgebildeten Elektrikers hatte Kurt Masur genug Gelegenheit, richtig anzupacken. Der Vater des künftigen weltberühmten Dirigenten führte im schlesischen Brieg ein Elektrofachgeschäft.

 

Die Musik war ein Teil des Familienlebens. In der Wohnung der Masurs stand ein Klavier und vor dem Schlafengehen sangen alle zusammen Volkslieder. Eine der älteren Schwestern erhielt Klavierunterricht, was Kurts Interesse an der Musik weckte. Mit zehn Jahren wurde er von einer Organistin in Brieg unterrichtet und wollte zunächst, von dem Instrument begeistert, gleichfalls Organist werden. Ab 1942 war er zwei Jahre Schüler an der Landesmusikschule Breslau in den Fächern Klavier und Violoncello. Doch dann platzte sein Traum vom Orgelspielen. Der kleine Finger seiner Hand ließ sich nicht völlig strecken. Ein Arzt meinte, er könnte höchstens noch Dirigent werden. Und das wurde er auch. Das Orchester wurde zu seinem Instrument. Von 1946 bis 1948 studierte Masur an der Leipziger Hochschule für Musik – Mendelssohn-Akademie Klavier, Komposition und Orchesterleitung. Er brach das Studium jedoch ab und bezeichnete sich später daher als „Amateur“.

 

 

Durchbruch und Ruhm

Kurt Masur fing bescheiden an und dirigierte in kleineren Opernhäusern wie Erfurt und Halle. Die erste wichtige hauptamtliche Stelle trat er 1955 für knapp vier Jahre bei der Dresdner Philharmonie an. 1967 wurde er hier für fünf Jahre Chefdirigent. Zuvor war er 1960 an die Komische Oper Berlin berufen, wo im der Durchbruch als Dirigent gelang. 10 Jahre später erfolgte die Ernennung zum Kapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig. Hier gewann seine Karriere an Schwung. Gewandhausorchesters Leipzig ist wo der große Maestro Masur geboren wurde. Er arbeitete rund um die Uhr. Allein auf Tourneen spielte er bis zum Jahre 1996 mit seinem Orchester 900 Konzerte! Sein Ruhm wuchs stetig. Fast 30 Jahre prägte Kurt Masur als Gewandhauskapellmeister das Leipziger Musikleben. Am 27. Dezember 1989 wurde Masur erster Ehrenbürger der Stadt Leipzig nach dem Mauerfall. Schon früh wurden Masur verschiedene Ehrungen zuteil. Die DDR zeichnete ihn mit dem Leipziger Kunstpreis und dreimal mit dem Nationalpreis aus. Im Jahr 1975 wurde er zum Professor an der Leipziger Hochschule für Musik „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ ernannt. Im Jahr 1984 wurde ihm der Ehrendoktorgrad der Universität Leipzig verliehen. Kurt Masur wurde nach New York, Paris und London eingeladen. Von 1991 bis 2002 war er Musikdirektor der New Yorker Philharmoniker, von 2000 bis 2007 Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra.

 

 

Politisches Engagement

In den Geschichtsbüchern wird er auch als politischer Aktivist gefeiert. Bei dem sogenannten Wendeherbst 1989 in Leipzig und vor allem in den Tage um die Großdemonstration vom 9. Ok­tober spielte Kurt Masurs Engagement eine große Rolle.  „Als ich mitbekam, dass auf einmal Straßenmusiker in der DDR festgenommen wurden, die ihren Protest friedlich zum Ausdruck bringen wollten, erkannte ich, dass es überfällig war, etwas zu ändern“, erinnerte er sich später. Am 9. Oktober half er nämlich ein Blutbad in Leipzig zu verhindern. Zusammen mit weiteren sechs Prominenten verfasste er einen Aufruf unter dem Motto „Keine Gewalt“, der während der Demonstration über Lautsprecher mehrmals verbreitet wurde und zum friedlichen Verlauf des Protestes beigetragen hat. Sein politischer Aktivismus war in der DDR allerdings nur auf dieses eine Ereignis begrenzt. Zumindest aber, sagte er später, musste er sich nicht dafür schämen nichts gemacht zu haben.

 

Seine Familie errichtete Kurt Masur im November 2017 ein Grabmal auf einer Ehrengrabstelle der Stadt Leipzig.
Foto: Stadt Leipzig

 

Sein Lebenselixir

Kurt Masur starb im Alter von 88 Jahren am 19. September 2015 in Greenwich. Er erkranke mehrere Jahr vor seinem Tod an Parkinson. Bei mehreren Konzerten stürzte er schwer, zog sich Brüche, doch aufs Dirigieren wollte er nicht verzichten, trotz Gesundheitszustand. Er dirigierte sogar im Rollstuhl. Musik sei für ihn Lebenselixir gewesen und Beethoven habe seinem Leben „Sinn gegeben“. „Ohne Musik kann ich nicht leben“, hat Kurt Masur mehrmals gesagt. Und das konnte er dann am Ende wirklich nicht. Einer seiner Söhne, Ken-David Masur, ist ebenfalls Dirigent geworden. Masurs Erbe wird vom Internationalen Kurt-Masur-Institut in Leipzig verwaltet. Seine Familie errichtete Kurt Masur im November 2017 ein Grabmal auf einer Ehrengrabstelle der Stadt Leipzig. Die Gestaltung des Grabmals mit einer Büste in der Mitte stammt von Markus Gläser. Die Büste zeigt Masur in der für ihn typischen Handhaltung beim Dirigieren.

Ein Weltbürger aus der Kleinstadt Brieg. Diese besuchte Masur zu seinen Lebenszeiten mehrfach, das letzte Mal als er schon krank war, im September 2015. 1996 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Brieg verliehen. Im Jahr 1999 bekam er den Titel Doktor Honoris Causa an der Breslauer Musikakademie. 2007 wurde er auch zum Ehrenbürger Breslaus ernannt. Im Jahr 2005 wurde in Brieg das Kurt-Masur-Institut eröffnet.

 

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