Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Nazigegner und Christ

Michael Graf von Matuschka wurde am 14. September 1944 zum Tode verurteilt und noch am selben Tag erhängt. So tragisch endete die bis dahin glänzende Karriere eines großen Staatsmannes, eines Helden, eines Märtyrers sogar.


Michael Graf von Matuschka wurde 1888 in Schweidnitz geboren. An den Universitäten in Breslau, München und Lausanne studierte er Rechtswissenschaften. 1910 schrieb er seine Dissertation zum Thema „Die parlamentarische Redefreiheit und Zeugenpflicht“, eine erste Andeutung dessen, was dem künftigen Politiker in seinem Berufsleben besonders nah am Herzen liegen wird.

Foto von Michael Graf Matuschka, das der bekannte Oppelner Fotograf Max Glauer im Jahr 1929 aufgenommen hat.
Foto: Max Glauer

Der Macher
Den ersten Weltkrieg erlebte Matuschka an der Ostfront, wo er 1915 schwer verwundet wurde. Anschließend geriet er in russische Gefangenschaft. Aus Krasnojarsk flüchtete er 1918. Bereits ein Jahr danach begann er seinen Dienst als Regierungsassessor in Pless. Später wurde er Regierungsrat in Lublinitz. Im Mai 1923 wurde Matuschka zum Landrat des Kreises Oppeln ernannt und bekleidete sein Amt bis zu seiner Enthebung durch die Nazi-Behörden im Jahr 1933. In diesem Zeitraum erreichte er viel im Eigenheim- und Siedlungsbau, im Wohnungsbau sowie beim Bau von Bildungs-, Kultur- und Kircheneinrichtungen. Zugleich legte er in seinem Verantwortungsbereich mit gutem Erfolg deutsch-polnische Nationalitätenkonflikte bei. Matuschka war auch ein gläubiger Katholik. So hat er u. a. als Landrat von Oppeln an den alljährlichen Wallfahrten auf den Sankt Annaberg mit dessen Franziskanerkirche und -kloster teilgenommen.

Ein Jahr vor der Amtsenthebung durch die Nazis wurde Michael Graf Matuschka in den Preußischen Landtag gewählt, wo er als Vorstandsmitglied der Zentrumsfraktion viel für die Integration der in Deutschland verbliebenen Teile Oberschlesiens in das Deutsche Reich geleistet hatte. Dann versetzte ihn die NS-Regierung in den einstweiligen Ruhestand und das Abgeordnetenmandat endete durch Auflösung des Landtags. Nicht verwunderlich, denn das NS-Regime hatte in Matuschka keinen Freund gehabt. Er weigerte sich unter anderem, eine Fahne mit einem Hakenkreuz am Gebäude des Oppelner Landkreisamtes aufzuhängen. Er hat es auch stets abgelehnt, der NSDAP beizutreten.

So sah das Gebäude in der heutigen ul. Krakowska 53 zu Zeiten Matuschkas aus.
Foto: NAC

„Wir mussten im Juli 1933 Oppeln verlassen, nachdem mein Vater von den Nazis von seinem Posten entfernt wurde. Wir wohnten zunächst in Berlin, dann in Breslau und schließlich in Kattowitz“, erinnerte sich später sein ältester Sohn Mario, der u. a. deutscher Botschafter in Paris und auch bei der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung tätig war.

Todesstrafe
Seine kritische Haltung zum NS-Regime sowie seine engen Kontakte zu Mitgliedern des „Kreisauer Kreises“ führte Michael Graf Matuschka zu eben dieser Anti-Hitler-Gruppe, was ihm schließlich zum Verhängnis werden sollte. Nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 geriet Matuschka ins Visier der Gestapo. „Das letzte Mal sahen ich und meine Geschwister unseren Vater am 22. Juli 1944 bei unseren Großeltern. Das war zwei Tage nach dem misslungenen Attentat auf Hitler. Am 10. August wurde er festgenommen und am 14. September, dem Festtag der Erhebung des hl. Kreuzes, in einem Berliner Gefängnis erhängt. Vor seinem Tod soll er gesagt haben, dass es für ihn eine gottgegebene Ehre ist, an diesem Tag zu sterben.“

Gedenktafel
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geriet Michael Graf Matuschka ins Vergessen. Erst nach der politischen Wende haben sich einige Oberschlesier bemüht, dem Landrat der Vorkriegszeit ein Denkmal zu setzen. Dies gelang schließlich im Jahr 2009. Am Gebäude in der ul. Krakowska 53, wo sich früher das Landratsamt befand, wurde eine Tafel zu Ehren Matuschkas enthüllt.

Mario Graf Matuschka vor der Gedenktafel für seinen Vater Michael
Foto: Archiv

Die damalige stellvertretende Stadtratsvorsitzende Halina Dąbrowska betonte bei der Enthüllung, dass der Oppelner Stadtrat keinerlei Bedenken hatte, dieser herausragenden Persönlichkeit zu gedenken. Es sei schade, dass er sein Amt nicht noch länger bekleiden konnte, doch er habe sich ohnehin sehr um den Landkreis verdient gemacht.
Und der Gestalter des Denkmals, der Künstler Adolf Panitz, meinte selbstkritisch: „Er (Matuschka) ist ein bisschen blass ausgefallen, aber ich hoffe, die Natur wird ihn patinieren.” Panitz verwies auf die Symbolik des Flachreliefs. Darauf zu sehen sind die Altstadt sowie im Hintergrund der Piastenturm, die Synagoge, die Kathedrale und die Bergelkirche. „Dieses Porträt gibt seine Gesinnung sehr gut wieder. Ich bin ergriffen, dass ich hier heute sein darf. Ich bin überzeugt, dass die Tafel dazu beitragen wird, deutsch-polnische Verletzungen zu heilen“, sagte der Sohn Matuschkas Mario bei der Enthüllung. Zugleich erinnerte er an die Worte, die ihm sein Vater bei der Feier der Ersten Heiligen Kommunion auf den Weg gegeben hat: „Ein Gebot des Kreuzes ist, dass jeder, der es anerkennt, mitfühlen muss. Trage dein Kreuz freudig.”
Die katholische Kirche hat Michael Graf von Matuschka als Glaubenszeugen in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Einen Platz im sog. Oberschlesischen Pantheon, das in diesem Jahr in den Kellergewölben der Kattowitzer Kathedrale eröffnet wurde, hat er jedoch bislang nicht erhalten.

 

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