Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Oppeln und Oberschlesien aus britischer Sicht 1920-1922“

Die Publikation, die am 1. Dezember in der Oppelner Eichendorffbibliothek vorgestellt wurde, erinnert an die Anwesenheit britischer Soldaten in Oberschlesien vor 100 Jahren.

Das Bild zeigt britische Soldaten in Oberschlesien.
Foto:
Marie Baumgarten

Zu einer Friedensmission und der Durchführung des Plebiszits waren sie damals hierhergekommen. „Dem britischen Kontingent kann man für die friedensschaffenden Maßnahmen durchaus einen Erfolg bescheinigen. Die Kampfparteien des dritten schlesischen Aufstandes wurden rasch getrennt und die Kampfhandlungen beendet“, sagt Autor Gerhard Schiller. Weitaus weniger gut klappte die Volksabstimmung, bei der die Bürger entscheiden sollten, ob sie zu Polen oder Deutschland gehören wollten. Schiller: „Das dauerte viel zu lange, zweieinhalb Jahre! Emotionen loderten hoch und die Stimmung war vergiftet.“ Gemeint ist die von oben gestreute Propaganda, die zum Ziel hatte, unter der heterogenen oberschlesischen Bevölkerung Zwist zu streuen und die Gemeinschaft zu zersetzen. Dass viele Menschen offenkundig kaum etwas für Politik übrighatten und nach wenig mehr als einem einfachen Leben in Frieden und Ruhe strebten, darüber sprechen die Tagebücher des britischen Oberst Percival, wichtige Quellen aus Großbritannien, die, Gerhard Schiller zufolge, bisher nur selten herangezogen wurden. „Anders als die Franzosen und Italiener, die zeitgleich hier stationiert waren, interessierte sich Percival für Land und Leute. Er wollte die Menschen kennenlernen und besuchte die Gottesdienste, die deutschen wie polnischen. Dabei erlebte er einen tiefen Glauben und er erkannte, dass der ganze Konflikt von außen angetragen war“, erklärt Schiller.

Die Publikation ist in deutscher, polnischer und englischer SPrache entschieden.
Foto: Marie Baumgarten

Per Videoschalte kam auch Mitautor Jim Powrie dazu, Nachfahre eines britischen Soldaten, der in Oppeln stationiert war, hier zu Tode kam und auf dem alten Friedhof in der Wroclawskastraße bestattet wurde. Zusammen mit insgesamt 40 weiteren Soldaten. Elf von ihnen wurden exhumiert und nach Deutschland gebracht. Der Grund: „Aus britischer Sicht endete der Erste Weltkrieg erst am 31. August 1921“, erklärt Jim Powrie. „Folglich galten die elf Soldaten, die vor diesem Datum starben, als Kriegstote. Als solche wurden sie in Köln, das die Briten damals mit weiteren Rheingebieten besetzt hatten, ordentlich bestattet.“ Powries Vorfahre wurde nicht exhumiert. Er und die anderen Soldaten liegen bis heute in Oppeln, anonym. Ihre Grabstellen lassen sich anhand alter Mappen und Fotos mehr oder weniger genau verorten. Wenn es nach Powrie geht, sollen die Soldaten wieder einen Grabstein bekommen, so wie es ihnen gebührt. Dafür setzt Powrie sich seit mittlerweile 15 Jahren ein, bisher ohne Erfolg, weil die britischen Behörden mauern. „Eine historische Ungerechtigkeit“, findet Powrie. Er will nicht aufgeben und sucht jetzt verstärkt bei den Oppelner Behörden Unterstützung.
Das Gespräch mit Jim Powrie führte und übersetzte die dritte Autorin, Beata Kubica. Die Treffen des Autorengespanns Kubica-Schiller mit seinen Lesern zur deutsch-polnisch-schlesischen Regionalgeschichte gehören zu den beliebtesten Veranstaltungen in der Woiwodschaftshauptstadt.

Die Publikation gibt es kostenfrei bei der Sozialkulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien erhältlich in der ul. Konopnicka 6 in Oppeln oder per Mail: tskn@skgd.pl

Marie Baumgarten

 

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