Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Orientierung in bewegten Zeiten

Nach mehr als zehn Jahren seit der der Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung des deutsch-polnischen Runden Tisches“ im Jahr 2011, in der die Idee festgehaltenen wurde, eine Ausstellungseinrichtung über die Geschichte der deutschen Minderheit zu erschaffen, sind die Arbeiten endlich abgeschlossen. Die kulturelle Landkarte Oppelns ist um eine neue Institution reicher geworden: Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen (DAZ).  

 

Andrzej Buła, Natalie Pawlik und Rafał Bartek (v.l.) eröffnen das Dokumentations- und Ausstellungszentrum.
Foto: Lucas Netter

 

Aufgrund der Vereinbarung zwischen dem VdG und dem Marschallamt der Woiwodschaft Oppeln wurde das DAZ zu einer Abteilung der Woiwodschaftsbibliothek Oppeln. Im Jahr 2020 konnten die eigentlichen Arbeiten an der Ausstellung beginnen. Das Gebäude in der ul. Szpitalna 11, in dem die Einrichtung ihren Sitz hat, wurde aus Mitteln des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen über die Stiftung für die Entwicklung Schlesiens erworben. Die Sanierungs- und Umbauarbeiten wurden vom Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat mit über 950.000 Euro finanziert. Die Dauerausstellung, die ebenso das Bundesinnenministerium finanziert hatte, kostete 940.000 Euro. Das polnische Innenministerium übernahm seinerseits mit ca. 65.000 Euro die Finanzierung der Teilausstellung über die heutige Tätigkeit der deutschen Minderheit.

 

Moderne Ausstellung

Die Hauptaufgabe des Zentrums besteht darin, insbesondere durch eine zweisprachige Dauerausstellung, die Geschichte und die Aktivität der Deutschen auf dem Gebiet des gegenwärtigen Polens zu dokumentieren und zu präsentieren. Die moderne Ausstellungskonzeption bietet dem Besucher durch eine Kombination von Szenographie und Multimedia mit authentischen Elementen sowie Repliken und Reproduktionen eine Zeitreise durch Geschichte und Gegenwart der Deutschen in Polen. „Die Besucher bewegen sich damit multimedial durch die Geschichte. Hörspiele, Videos und Projektionen in historischen Kulissen sprechen alle Sinne an und schaffen eine lebendige Begegnung mit der Geschichte und dem Alltag der Deutschen in Polen, was besonders für Jugendliche attraktiv ist“, sagt die Koordinatorin des Projekts, Weronika Wiese.

Im Zentrum wird es aber nicht nur diese, sondern auch Zeitausstellungen geben, die ausgewählten Ereignissen und Zeitepochen der Geschichte und Kultur der Deutschen in Polen und Europa sowie anderer Minderheiten gewidmet sein werden.

 

 

Zentrum als Bindeglied

An der feierlichen Eröffnung des Zentrums am vergangenen Sonntag (11.09.) nahmen nicht nur die Verantwortlichen, also Vertreter der VdG sowie des Oppelner Marschallamtes teil, sondern auch Gäste aus Deutschland, darunter Natalie Pawlik, Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der deutsche Botschafter in Polen, Dr. Thomas Bagger sowie die früheren Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Prof. Bernd Fabritius, Vorsitzender des Bundes der Vertriebenen und Hartmut Koschyk, Vorstandvorsitzender der Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland.

 

 

„Ich bin sicher, dass wir etwas Gutes getan haben, was uns bereichert hat, was wesentlich zur Erneuerung der interregionalen Bindung beitragen wird; schließlich kann das Zentrum zu einem Bindeglied werden – nicht nur für uns hier in der Region Oppeln, sondern auch in Schlesien, Ermland, Masuren und Pommern. Es wertet regionale Identitäten und die historische Realität auf; es wird sich gegen Versuche der Ideologisierung wehren. Lasst uns hier Menschen bleiben, die frei und mit offenem Herzen denken und die sehen, dass es immer eine andere Person neben uns gibt. Dass wir alle, auch wenn anders, doch alle gleich sind”, sagte der Marschall der Woiwodschaft Oppeln, Andrzej Buła.

 

 

In seinen Grußworten betonte VdG-Vorsitzender Rafał Bartek, dieses Projekt sei einzigartig, denn es gebe bisher keinen Ort in Polen oder Deutschland, der versuchen würde, die komplexe Geschichte der in Polen lebenden Deutschen zu erzählen. „Deutsche, die Diskriminierung in der Zeit der Volksrepublik Polen überlebt haben und die heute die Diskriminierung erneut erleben müssen. Möge dieser Ort mit seiner Dauerausstellung, seinen Zeitausstellungen, mit Tagungen und Konferenzen zu einem Ort der Warnung vor Spaltungen und Nationalismen werden, aber auch zu einem Ort, der zeigt, wie wichtig der Dialog und der Wunsch, andere Menschen zu verstehen, sind. Möge dieser Ort uns für andere Menschen öffnen, unabhängig davon, wo und wann sie zu uns kamen. Möge dieser Ort uns bereichern und dazu dienen, eine gemeinsame Geschichte der in Polen lebenden Deutschen und der polnischen Mehrheit aufzubauen”, sagte Rafał Bartek.

 

Natalie Pawlik
Foto: Lucas Netter

 

Natalie Pawlik, die selbst als Russlanddeutsche nach Deutschland gekommen ist, zeigte sich nach dem ersten Ausstellungsbesuch persönlich berührt. „Es sind elementare Fragen, die hier gestellt werden. Es sind Fragen nach der Herkunft, nach der Kultur und nach der Tradition. Was bedeutet Heimat – für mich, für meine Familie? Wann muss man vertraute Dinge loslassen? Inwieweit müssen ich und meine Familie in der Mehrheitsbevölkerung ‚aufgehen‘? Diesen Fragen nach der eigenen Identität kann man nicht ausweichen. Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum liefert dazu viele Impulse“, sagte die Bundesbeauftragte und fügte hinzu: „Das Zentrum hat den Anspruch mittels einer auf Fakten gestützten sachlichen Darstellung ein wahrheitsgetreues Bild der Geschichte der Deutschen Minderheit vom Mittelalter bis zur Gegenwart zu bilden. Dies kann dazu beitragen, irreführende oder gar falsche Informationen zu erkennen und ihrer Verbreitung zu widersprechen. Also in einem Satz: Dieser Ort bietet Orientierung in bewegten Zeiten.“

 

 

Dass das DAZ nicht nur der deutschen Minderheit dienen soll, betonte in seiner Rede der deutsche Botschafter Thomas Bagger. „Wenn wir verstehen, dass die komplexe Identität der deutschen Minderheit keine Bedrohung sondern eine Bereicherung ist, dann haben wir die Idee der europäischen Einigung verstanden und dann tragen wir auch bei zur Einheit in Vielfalt. Das Zentrum ist ein neuer Ort in der Karte Oppelns und ich wünsche diesem Zentrum, dass es nicht nur ein Ort wird für die deutsche Minderheit in Polen, sondern auch ein wichtiger Ort für die Mehrheitsgesellschaft. Denn dann kann es die Rolle erfüllen, die ihm zugedacht ist“, sagte Dr. Thomas Bagger.

VdG/ru

 

 

 

Bereits ab dem 9. Oktober wird das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der deutschen in Polen für alle Besucher zugänglich sein. Dann kann man es von Montag bis Samstag von 9 bis 18 Uhr besichtigen. Nähere Informationen zur Besichtigung, zu den Plänen, Führungen und vieles mehr wird bald auf der Internetseite des Zentrums ersichtlich sein.

 

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