Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Passion in der Kunst

Passend zum Ende der österlichen Fastenzeit organisierte Ende März das Nord-Institut „Wojciech Kętrzyński“ im Polnischen Haus in Allenstein (Olsztyn) eine Veranstaltung zum Thema „Passion in der Kunst – Katholisches und evangelisches Ostern in den Augen großer Künstler“. Mit Blick auf Werke verschiedener Kunstgattungen und Zeitalter sprachen Referenten und Gäste über unterschiedliche Perspektiven, Rätsel und Schwerpunkte.

Das Wichtigste kommt zum Schluss. Diese Strategie verfolgte Dr. Emilia Figura-Osełkowska vom Nord-Institut „Wojciech Kętrzyński“ bei der Leitung des Gesprächs über die Passion in der Kunst. Denn das letzte Gemälde, das sie zeigte, war die „Passion Christi“ von Hans Memling von ungefähr 1470. Der etwa 1440 in Seligenstadt (Hessen) geborene deutsche Maler der altniederländischen Schule zeigt darin in einer Vielfalt von Szenen den kompletten Zeitrahmen der Leidensgeschichte Jesu – vom Einzug in Jerusalem bis zur Begegnung mit seinen Jüngern und Maria Magdalena nach der Auferstehung.

Nicht nur aus den Evangelien

Es geht in der Kunst also nicht nur um die Darstellung dessen, was heute an Ostern gefeiert wird, und auch nicht nur darum, was die Evangelien schildern, so Pfarrer Dr. Zbigniew Czernik, der Direktor des Museums der Erzdiözese Ermland (Muzeum Archidiecezji Warmińskiej): „Viele Motive, so etwa Veronika mit dem Schweißtuch, kommen im Evangelium gar nicht vor, sondern in den Apokryphen. Andere, wie die Folter Christi, die Mel Gibson in seinem Film (von 2004, Anm. d. Red.) so drastisch schildert, stammen aus späteren Schriften oder Aufzeichnungen von Visionen.“ Andererseits habe es früher bewusst kaum Darstellungen von Misshandlungen gegeben, weshalb das Zeigen des gequälten Jesus durch Pontius Pilatus danach, Stichwort „Ecce homo“, wiederum sehr wichtig war.

Pfarrer Dr. Zbginiew Czernik, Olga Sułecka-Piotrowska und Dr. Emilia Figura-Oselkowska
Foto: Uwe Hahnkamp

„Die Darstellungen müssen klar sein; gewisse Symbole, wie etwa der Löwe beim Evangelisten Markus, sind notwendig, weil die damaligen Menschen nicht lesen können und ihr Wissen aus den Bildern in der Kirche holen“, so Olga Sułecka-Piotrowska von der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Sie sprach unter anderem über Leonardo da Vincis berühmtes „Letztes Abendmahl“ (1494–1498), das wegen seiner Technik des trockenen Freskos in seinem Bestehen gefährdet ist, und wies auf die vielfältige Symbolik des Bildes hin.

Rätsel, Verschwörungen und Musicals

Ob Maria Magdalena auf dem Bild versteckt ist, fand Pfarrer Czernik weniger wichtig als die Tatsache, dass dort kein Kelch, immerhin ein sehr wichtiger biblischer und liturgischer Gegenstand, abgebildet ist. Über das Buch und den Film „The Da Vinci Code – Sakrileg“ (2003/2006) verschob sich das Gespräch hin zu modernen Darstellungen der Passion, etwa Salvador Dalis ungewöhnliche Perspektive von oben auf das Kreuz. Modern mutet auch die Skulptur eines „Baums des Lebens“ in der Nikolauskirche in Thorn (Toruń) an, die zur Überraschung der Diskussionsteilnehmer aber etwa auf das Jahr 1350 datiert ist.

Pfarrer Dr. Zbigniew Czernik zeigt die einzelnen Szenen der Passion Christi im Bild von Hans Memling.
Foto: Uwe Hahnkamp

Doch auch die Musik hat sich der Passion Christi angenommen. Und nicht nur die klassische Musik, wie Dr. Figura-Osełkowska betonte. Ein Beispiel ist das 1971 uraufgeführte Musical „Jesus Christ Superstar“ von Andrew Lloyd-Webber. Pfarrer Czernik kann dieser untypischen Darstellung nicht viel abgewinnen: „Es ist wirklich gut, aber ein Musical hat nun einmal eine ganz andere Zielrichtung als klassische Musik oder bildende Kunst.“ Vielleicht brauchen andere Zeiten einfach andere Bilder. Ende März im Nord-Institut „Wojciech Kętrzyński“ hatten die Teilnehmer auf jeden Fall eine breite Auswahl, um ihr persönliches Bild zu finden.

Uwe Hahnkamp

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