Ich bin Tina Wieczorek, 21 Jahre alt und komme aus der Nähe von Magdeburg, eine Stadt mittig in Deutschland. Für drei Monate arbeite ich als Praktikantin im „Wochenblatt.pl“ in Oppeln. Für diese Gegend hatte ich mich nicht grundlos entschieden.
Die „Internationale Medienhilfe (IMH)“ bot mir drei Praktikumsplätze in drei verschiedenen Ländern an. In Windhuk (Namibia), Prag (Tschechien) und Oppeln. Als ich den letzten Vorschlag las, war für mich sofort klar, da will ich hin.
Meine Uroma mütterlicherseits, geboren 1913, ist in Oppeln aufgewachsen und später mit ihrem Mann nach Breslau gezogen. Bevor sie dann mit ihrem vier Jahre alten Sohn, 1945, Breslau mit dem Zug verlassen musste und dann durch mehrere Gegebenheiten in meine jetzige Heimat kam. In diesem Jahr, 1945, fiel ihr Mann im Krieg. Er arbeitete davor als Bäckermeister in Breslau. Leider verstarb meine Uroma, als ich noch zu jung war, um sie auszufragen.
Auch mein Opa väterlicherseits, geboren 1937, hat schlesische Wurzeln. Er wuchs in Reinschdorf, auf dem Bauernhof seiner Eltern, auf. Gegen Ende des Krieges, als er ungefähr sieben Jahre alt gewesen sein musste, wurden auch sie aus ihrem Dorf vertrieben. Es war ein sehr langer Marsch, den sie, soweit ich weiß, nur zu Fuß absolvierten und der viele Tote forderte. Schlussendlich wurde ihnen ein Dorf unweit von Magdeburg zugewiesen, wo sie von den Einwohnern nicht wirklich willkommen geheißen wurden. Sie hatten gar nichts mehr, als sie dort ankamen und mussten sich alles von Neuem aufbauen, aber es gelang ihnen.
Seit ich vierzehn bin, interessiere ich mich für meine Familiengeschichte. Hier in Oppeln bin ich zum ersten Mal nah genug dran. Wenn ich durch die Stadt spazieren gehe, frage ich mich, welche Bauwerke meine Uroma wohl auch gesehen haben könnte. Gerade bin ich dabei herauszufinden, in welcher Kirche sie geheiratet hat.
Tina Wieczorek
