Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Regierungsbericht vs. Realität

Eine Delegation des Sachverständigenausschusses des Europarats für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen trifft sich diese Woche mit Nichtregierungsorganisationen nationaler Minderheiten in Polen, deren Sprachen unter die Charta fallen und mit Politikern. Ziel ist es zu erfahren, wie die polnische Regierung die Bestimmungen der Sprachencharta umsetzt. Die ersten Treffen fanden am Montag in der Woiwodschaft Oppeln mit Vertretern der deutschen Minderheit statt.


Die Delegation begann ihren Besuch in der Grundschule in Czarnowanz, wo Deutsch als Minderheitensprache unterrichtet wird. Die Ortschaft wurde 2017 in die Stadt Oppeln eingemeindet. In der Stadt Oppeln hat sich Bürgermeister Arkadiusz Wisniewski bisher nicht dazu entschieden, die fehlenden Stunden für Deutsch als Minderheitensprache aus dem städtischen Haushalt zu subventionieren. Alle Schüler in Oppelner Schulen mit Unterricht in der Minderheitensprache haben daher – gemäß der Entscheidung des Bildungsministers – nur eine Stunde Unterricht in dieser Sprache pro Woche. In der Gemeinde Groß Döbern hingegen, zu der Czarnowanz vor der Eingemeindung nach Oppeln gehörte, hat die Gemeindeverwaltung aus eigenen Mitteln zusätzlich Deutsch als Minderheitensprache angeboten.

Nach dem Auftritt der Grundschüler in Czarnowanz konnte die Delegation mit Lehrern sprechen, die nun an der Schule nur eine Stunde Deutsch als Minderheitensprache unterrichten.
Foto: Edyta Opyd

Kummer bei den Lehrern

„Wir haben das große Engagement der Kinder bei dem für uns vorbereiteten Auftritt gesehen. Aber für mich war es sehr wichtig, das Engagement der Lehrer zu sehen, denn wir hatten auch Gelegenheit, mit Lehrern zu sprechen, die den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache direkt umsetzen. Sie sind in der Tat sehr betrübt über die Kürzung dieser Stunden. Sie versuchen, irgendwie damit umzugehen, aber es ist auch sehr schwierig, den Kindern zu erklären, dass sie nicht drei Stunden Minderheitensprache haben können, während andere Minderheiten dies können. Hoffen wir, dass Deutsch als Minderheitensprache in vollem Umfang zurückkehren wird“, sagte Dr. Aleksandra Oszmiańska-Pagett, Vorsitzende des Sachverständigenausschusses des Europarats für die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, nach dem Treffen in der Grundschule in Czarnowanz.
Anschließend reiste die Delegation in die Zentrale des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) zu einem Treffen mit Vertretern der deutschen Minderheit und Kommunalpolitikern. Die polnische Regierung ist verpflichtet, Berichte darüber zu erstellen, wie sie ihrerseits die Umsetzung der Charta darstellt. Der letzte Bericht dieser Art wurde im April letzten Jahres veröffentlicht. „Darin ist noch keine Änderung bezüglich des Unterrichts von Deutsch als Minderheitensprache erwähnt. Nun möchte der Expertenausschuss vor Ort die Darstellung der Regierung mit der Realität vergleichen“, informierte Edith Opyd, Bildungsberaterin beim Verband deutscher Gesellschaften. „Allerdings wusste der Ausschuss bereits, wie es um Deutsch als Minderheitensprache bestellt ist, denn wir als VdG hatten bereits im Februar letzten Jahres den Europarat über diese Diskriminierung informiert. Der Rat war eine der wenigen Institutionen, die reagiert haben und die polnische Regierung um eine Erklärung gebeten haben“, so Edyta Opyd.

Im Sitz des VdG traf sich der Sachverständigenausschuss mit den Vertretern der Deutschen Minderheit.
Foto: Manuela Leibig

Ein langer Weg

Bei dem Treffen hatte die Delegation hauptsächlich zugehört. „Nachdem sie sich angehört haben, was die Minderheiten zu sagen haben und mit welchen Problemen sie konfrontiert sind, werden sie sich nun auch die Regierungsseite anhören und deren Informationen mit dem Regierungsbericht vergleichen. Dann beraten sie als Expertenausschuss eine Gruppe von Kommissaren aus allen Ländern, die im Europarat vertreten sind. Und erst diese Kommissare können dann auf der politischen Bühne agieren. Die Delegation, die wir empfangen haben, ist hier, um objektiv zu prüfen, wie diese Charta umgesetzt wird“, erklärte Edyta Opyd vom VdG.

„Nach dem Treffen mit Minister Czarnek im Januar dieses Jahres hatte ich große Hoffnungen, dass sich nach zwei oder drei Monaten in dieser Frage etwas bewegen würde. Doch nun sind zwei Monate vergangen und es herrscht immer noch Schweigen. Wir versuchen es weiter, wir reden weiter, wir argumentieren weiter, wir appellieren weiter. Die Delegation des Ausschusses hat, nachdem sie uns zugehört hat, zugegeben, dass sie die deutsche Sprache als Minderheitensprache diskriminiert sieht. Aber sie können als Ausschuss nur weitergeben, was sie herausgefunden haben“, sagte Aneta Buczek, Vorsitzende des DFK Ellguth Turawa, die ebenfalls an dem Treffen teilnahm.

„Ich würde mir sehr wünschen, dass dieses Treffen Früchte trägt. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der Ausschuss ein Gremium ist, das auf inhaltlicher Ebene etwas bewirken kann. Ich bin überzeugt, dass es hier keine Probleme geben wird. Was wir hier aber brauchen, sind politische Entscheidungen. Und ein paar Signale dieser Art, die bei den zentralen Behörden, insbesondere beim Minister für Bildung und Wissenschaft, Przemysław Czarnek, ankommen, können dazu führen, dass die Entscheidung über die Wiedereinführung von drei Unterrichtsstunden, die der Minister in Aussicht gestellt hat, beschleunigt und rechtzeitig getroffen wird. Sodass das nächste Schuljahr in Ruhe organisiert werden kann“, meinte der Abgeordnete Ryszard Galla nach dem Treffen.

Manuela Leibig

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