Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Schlesisches Rom (+Video)

 

Neisse ist eine der ältesten Städte in Schlesien. Quellen berichten bereits 1223 von einer Siedlung an dem Fluss Glatzer Neiße. Neisse entstand an der Kreuzung wichtiger Handelswege, was eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Stadt spielte.

 

„Die Flussüberquerung in der damaligen Zeit war nicht einfach. Es gibt Spuren davon in Form von Pfählen, aus denen die erste Brücke gebaut war. Diese entstand um die Wende des 13. und 14. Jahrhunderts. Es gab also damals schon hier in Neisse eine Brücke. Hydrotechnische Bauten waren seinerzeit sehr wichtig. Die Handelswege führten von Süden nach Norden, von Süden nach Osten. Also nach Krakau, Breslau. Von Süden, also von Prag durch Olmütz und von Wien aus“, erklärt Edward Hałajko, Direktor des Landkreismuseums in Neiße.

Neiße ist eine der ältesten Städte in Schlesien, fast 600 Jahre lang war sie die Residenzstadt der Breslauer Fürstbischöfe. Foto: Manuela Leibig

Sitz der Bischöfe
Die Stadt wurde vom Breslauer Bischof Lorenz bei einer slawischen Ansiedlung nach flämischem Recht gegründet und mit Deutschen besiedelt. Seit 1290 bis zur Säkularisation 1810 war Neisse Residenzstadt der Breslauer Fürstbischöfe. „Um die Wende des 12. zum 13. Jahrhunderts haben sich die Breslauer Bischöfe der Herrschaft des Breslauer Fürsten entzogen. Sie haben angefangen, Fürstentitel zu tragen. Dies geschah bereits im Jahr 1290. Seither trug jeder Bischof, bis zum letzen Bischof Bertram, der 1948 starb, den Titel eines Fürstbischofs. Es hing damit zusammen, dass sie Ländereien verwalteten“ weiß Edward Hałajko.

Der Dreißigjährige Krieg, der 1618 begann, bedeutete für Neisse, wie für ganz Schlesien, einen großen wirtschaftlichen Absturz. 1633 wütete in der Stadt die Pest. Ihre wirtschaftliche Position, sowie die Position einer wichtigen Stadt in Schlesien, erlangte Neisse aber wieder zurück. „Anfang des 18. Jahrhunderts, besonders zu Zeiten des Bischofs Neuburg, entstanden die meisten Gebäude, darunter das imposante Schloss der Bischöfe, in dem heute das Landkreismuseum in Neisse seinen Sitz hat“ so sein heutiger Direktor.

Recht schnell wurde Neisse auch ein Bildungszentrum. 1624 gründeten die Jesuiten auf bischöfliche Anregung von Karl von Österreich das Kolleg Carolinum, das sich zu einer bedeutenden Bildungsstätte entwickelte. Bis heute prägen die nach 1650 entstandenen barocken Kirchen und Klosterbauten das Stadtbild. U. a. deswegen erhielt Neisse den Beinamen „Schlesisches Rom“. Edward Hałajko erklärt: „Man sollte bedenken, dass die Bezeichnung „Schlesisches Rom“ erstmals während der Reformation gebraucht wurde, und zwar von den Protestanten. Für sie hatte diese Bezeichnung einen negativen Beigeschmack. Sie sollte andeuten, dass Neiße der Zufluchtsort der Katholiken in Schlesien sei und der Sitz des Breslauer Bischofs.“

Unter anderem wegen der vielen barocken Kirchenbauten wurde Neiße als „Schlesisches Rom“ bezeichnet.
Fotos: Manuela Leibig

 

Stadt der Kirchen
In Neisse gibt es um die 10 Kirchen. Die wichtigste ist die Neisser Basilika, deren Bau 1401 begann. 1945 brannte das Dach der Kirche ab, die Betondecke hielt jedoch dem Brand stand und das Innere erlitt keinen Schaden. Die Basilika ist die einzige Neisser Kirche, die im Zweiten Weltkrieg einen Schaden erlitt. Beim Wiederaufbau der Basilika wurde der Dachstuhl aus Stahl eingebaut. Bis heute gilt das Dach der Basilika als das steilste in ganz Europa.

 

Die Peter und Paul Kirche wurde durch den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem im barocken Stil an der ehemaligen Stadtmauer errichtet. Edward Hałajko „Die Kirche wurde Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut und zählt zu den schönsten Kirchen in Schlesien. Mit einem wunderbaren Innenraum, der die Gottesanbetung in Gestalt der Dreieinigkeit darstellt und die Anbetung des Heiligen Kreuzes zeigt. Vor der Kirche befindet sich die Skulptur des heiligen Johannes Nepomuk. In Neisse gibt es fünf solcher Skulpturen, im ganzen Landkreis um die fünfzig.“

Nach der Reformation war Niederschlesien protestantisch geprägt, Neiße und ganz Oberschlesien dagegen katholisch. Mit der Neugliederung der Provinz Schlesien wurde Neiße 1815 vom Regierungsbezirk Breslau dem Regierungsbezirk Oppeln, und damit Oberschlesien, eingegliedert. Aufgrund verschiedener Zugehörigkeiten von Neisse sind sich Historiker bis heute nicht einig, ob Neisse nun mehr zu Niederschlesien oder zu Oberschlesien gehört.

 

Fortifikation
Nach dem ersten Schlesischen Krieg 1742 fiel Neisse, zusammen mit dem größten Teil Schlesiens, an Preußen. Danach entstand gegenüber der Altstadt die Zitadelle Fort Preußen sowie die nach König Friedrich II. benannte Friedrichsstadt, in der u. a. die Garnison untergebracht war. „Die Neisser Befestigungen bewährten sich bei der Belagerung durch die Armee Napoleons im Jahr 1807. Damals belagerten die Soldaten die Stadt 114 Tage lang, zudem wurde sie bombardiert. Aus den Quellen geht hervor, dass nur fünf Gebäude in Neisse keine Schaden davongetragen haben. Das zeugt von der Stärke des Beschusses“ so der Historiker aus dem Museum in Neisse.

 

Keine Rettung in Sicht
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Neisse zur Festung erklärt. Viele Bewohner flüchteten aus der Stadt. Zwei Wochen lang wurde die Stadt bombardiert. Am 24. März 1945 nahm die Rote Armee Neiße ein, die Stadt wurde in Brand gesetzt. Unter der sowjetischen Besetzung wurde Neisse, das bis dahin keine Kriegsschäden erlitten hatte, zu etwa 80 % zerstört. „Nachdem die polnische Verwaltung eingesetzt worden war, hat man schnell das Potenzial der historischen Denkmäler in Neisse erkannt. Anfangs versuchte man, die Sehenswürdigkeiten zu retten. Leider kamen die Woiwodschaftsbehörden schnell zu der Feststellung, dass es zu kostspielig sei, die Stadt wieder aufzubauen. Obendrein wurde ein Vertrag mit dem Regierungsbeauftragten hinsichtlich eines Abrisses unterschrieben. Man wollte Ziegeln aus dem Abbau zerstörter Bauten gewinnen. Vielleicht war das die richtige Entscheidung, Aber die lokalen Behörden zerstörten auch Gebäude, die man noch hätte retten können, um den Vertrag zu erfüllen“ weiß Edward Hałajko.

 

Anfang der 1960 Jahre entstanden neue Plattenbausiedlungen. Heute wird die Stadt mehr und mehr gepflegt. Wirtschaftlich erlebt Neisse einen Aufschwung und bildet eine gute touristische Ausgangsbasis. In unmittelbarer Nahe gibt es zwei Stauseen, 20 Kilometer weiter die Grenze zu Tschechien mit einer zum Wandern einladenden Berglandschaft.

Manuela Leibig

 

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