Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Sonst verlieren wir alle

Am Donnerstag vergangener Woche sprach das polnische Verfassungsgericht sein umstrittenes Urteil: EU-Gesetze stünden nicht über der polnischen Verfassung. Als Konsequenz demonstrierten am Wochenende tausende Menschen in vielen Städten des Landes für einen Verbleib Polens in der Europäischen Union.

 

Eine Kundgebung gab es u.a. in Oppeln und unter den Demonstrierenden war der Abgeordnete der deutschen Minderheit im Sejm Ryszard Galla. Er sieht die derzeitige Entwicklung im Land kritisch: „Ich war bei der Demo, denn ich musste dort einfach dabei sein. Als Mitglied des Vorstandes der Woiwodschaftsselbstverwaltung habe ich seinerzeit unsere Region mit auf die EU-Mitgliedschaft vorbereitet und ich erlaube nicht, dass man jetzt versucht, uns herauszubefördern. Dafür ist die EU für uns alle zu wichtig.“

Das Urteil des Verfassungsgerichts wird von Pis-Gegnern als weiterer Schritt der jetzigen Regierung angesehen, sich von der EU zu entfernen. Vertreter der Regierungspartei verneinen eine solche Möglichkeit zwar und erklären, das Urteil des Verfassungsgerichts kläre lediglich die Kompetenzen des Europäischen Gerichtshofes und EU-Institutionen gegenüber Polen als Mitgliedsstaat. Für die Befürworter der europäischen Integration steht allerdings fest, die aktuelle polnische Politik wolle einfach gar keine EU-Kontrolle. Der Konflikt mit der Union führe daher wohl nicht zum Austritt aus der EU, bedeute aber eine juristische Loslösung von dieser Gemeinschaft.

 

Auch die deutsche Minderheit sieht die polnische Politik gegenüber der EU kritisch, was sowohl in Köslin vor einer Woche als auch am vergangenen Wochenende in Kattowitz während des 30jährigen Jubiläums des Verbandes deutscher Gesellschaften betont wurde.

 

„Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts können wir nur warnen. Wenn wir uns von den Werten der EU entfernen, verlieren wir den schönen Traum des Europas vieler Völker, selbstständiger Regionen und großer, gemeinsame Kultur. Aus der Gemeinschaft der Kultur und der Werte entsteht nämlich die Einheit in der Vielfalt“,

 

sagte VdG-Vorsitzender Bernard Gaida und fügte im Hinblick auf die Minderheiten in Europa hinzu: „Überall in Europa sind nationale Minderheiten in ihren Ländern ein Beweis dafür, dass man in einer sich gegenseitig bereichernden Gemeinschaft leben kann. Aber wenn wir die Wertschätzung für die kulturelle Vielfalt verdrängen, verlieren nicht nur die Minderheiten dieses Europas; dann verlieren Polen und Deutschland, dann verlieren wir alle.“

Rudolf Urban

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