Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Traditionell ins neue Jahr

Die einen schießen Feuerwerk in die Luft,andere zählen die letzten Sekunden des Jahres laut herunter, wieder andere essen zwölf Trauben während des Glockenläutens zu Mitternacht an Silvester. Mit den traditionellen Bräuchen der Masuren zu Silvester und Neujahr hingegen beschäftigt sich Magdalena Szumska vom Historischen Museum in Lyck, die bei Radio Olsztyn davon berichtete.

Zum einen ging es um Bräuche, die den polnischen Traditionen zum Andreastag oder bei anderen Gelegenheiten ähnlich sind. Etwa um die Frage, woran eine unverheiratete Frau erkennt, ob (und wenn ja – wen) sie im nächsten Jahr heiraten wird. Die Frauen umfassten die Latten eines Zauns und wenn die Zahl ungerade war, stand im folgenden Jahr die Hochzeit an. Wenn sie vor das Haus traten und einen Hund in einer bestimmten Richtung bellen hörten, war klar, dass dort der Zukünftige wohnte. Die Junggesellen wiederum machten Späße, zogen etwa einen Wagen auf das Dach eines Schuppens oder beschmierten das Fenster am Haus einer unverheirateten Frau mit Asche aus dem Kamin.

Das Neujahrsgebäck Nowolatki
Foto: Fundacja Adama Ch€tnika/ radioolsztyn.pl

Wasser und Brot

Der polnische Ostermontagsbrauch des Begießens mit Wasser war im früheren Masuren ein Brauch für Neujahr und hatte eine andere Bedeutung. Hier durfte man sich nicht über das Begießen aufregen, im Gegenteil, so Magdalena Szumska: „Die Einwohner wählten eine Person im Dorf aus, der im letzten Jahr am wenigsten gelungen ist– und begossen sie. Das sollte ihr mehr Glück im neuen Jahr sichern.“ Die Masuren glaubten auch, dass es Glück brächte, wenn die erste Person, die im neuen Jahr die Schwelle des Hauses oder der Wohnung überschritt, ein Mann war.

Ein weiteres Thema war das Neujahrsgebäck, die sogenannten Nowolatki. Es sollte magische Kräfte haben und den Einwohnern Gesundheit schenken – und zwar sowohl Menschenals auch Tieren. An Silvester stellten die Frauen einen Backtrog auf Stroh, in dem sie den Teig für das Gebäck ansetzten. „Das war ein Teig aus Mehl und Messwein. Aus diesem Teig wurden die Figuren von Tieren oder Ähren geformt, im Ofen gebacken und danach zerbröselt“, so Magdalena Szumska. „Das bekamen Tiere und Hausbewohner zu essen, um gegen Krankheiten geschützt zu sein.“ Die Wirkung sollte aber noch länger anhalten; das Gebäck wurde sorgfältig aufbewahrt und Rindern im Falle einer Krankheit verabreicht. Sogar das Stroh, auf dem der Trog gestanden hatte, hatte magische Kräfte und wurde etwa um Obstbäume gebunden.

 

Nicht nur in Masuren

Dabei scheint es sich aber nicht um einen ausschließlich masurischen Brauch zu handeln. Das Ostpreußenblatt berichtetezu Weihnachten 1952 davon, dass etwa im Ermland der Wein für den Teig um den 27. Dezember herum geweiht wurde. Manche Bauern behielten eine Figur das ganze Jahr über in der Tasche. Gebäck in Ährenform wurde ins Sätuch geknüpft oder in die Saat gebröckelt – oder in Form eines Bäumchens auf einen Obstbaum geworfen. Regional wurde der Teig auch direkt an Obstbäume geklebt und der Baum mit einer Formel für Fruchtbarkeit besprochen. Weiter verbreitet waren – wie in Masuren – Seile aus dem Stroh, auf denen das Neujahrsgebäck oder die Grützwurst zu Silvester abgekühlt waren; manchmal wurde es zusätzlich mit Weihwasser besprengt.

Riskanter war ein weiterer masurischer Brauch. Mutige Männer nahmen den Trog, in dem der Teig für das Neujahrsgebäck aufgegangen war, auf den Kopf und stiegen über eine Leiter auf das Dach, um in den Kamin zu blicken. Dort konnten sie die Menschen sehen, die im nächsten Jahr sterben würden. Vorsicht war geboten: Ein Schmied aus Willenberg (Wielbark) bei Ortelsburg(Szczytno) soll dabei im Kamin sich selbst gesehen haben und einige Tage später gestorben sein.

Uwe Hahnkamp

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