Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Verletzungen, Heilung, Hoffnung

Kurz vor Frühlingsbeginn und der damit verbundenen Sehnsucht nach Wärme stand in Gdingen (Gdynia) am 18. März noch ein Termin an, der es den Gästen jedes Jahr kalt den Rücken herunterlaufen lässt. Zum inzwischen 27. Mal erinnerte nämlich der Bund der Deutschen Bevölkerung in Gdingen an die Opfer der Schiffskatastrophen am Ende des Zweiten Weltkrieges, bei denen mit den Versenkungen der „Wilhelm Gustloff“, der „Steuben“ und der „Goya“ in den Wellen der Ostsee über 20.000 Menschen ihr Leben verloren.

Benedikt Reschke, der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Bevölkerung in Gdingen (Związek Ludności Niemieckiej w Gdyni), organisiert diesen Gedenktag von Anfang an auf bewährte Weise. Diesmal konnte er neben Domherr André Schmeier, dem katholischen Seelsorger der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren, gleich drei weitere Geistliche für die ökumenische Feier in der Gdingener Kirche der Muttergottes der immerwährenden Hilfe und des heiligen Petrus des Fischers (Kościół Matki Boskiej Nieustającej Pomocy i św. Piotra Rybaka), so der offizielle Name des Gotteshauses, aufbieten. Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Danzig (Gdańsk) wurde von Konsulin Iris Wolff vertreten.

Während des Gottesdienstes in der Gdingener Seefahrerkirche
Foto: VdG

Verletzen und heilen …

Zu Beginn des von Domherr Schmeier geleiteten Gottesdienstes erinnerte Greta Reschke mit einem Gedicht an die Tragödien vor 78 Jahren. Der evangelische Bischof der Diözese Masuren, Paweł Hause, griff dann in seiner Predigt Greta Reschkes Gedanken und die Worte des Propheten Hosea „Er hat uns verletzt, aber er wird uns auch wieder heilen“ auf. Denn mit der Trauer um die Toten komme die Heilung.

Greta Reschke beim Vortragen ihres Gedichts
Foto: Uwe Hahnkamp

Er erinnerte auch an einen Freund, der damals, Ende Januar 1945, um ein Haar auf der „Gustloff“ gelandet wäre: „Seine Mutter hat sich aufgeregt, dass niemand mehr an Bord gelassen wurde; sie wurde auf den nächsten Tag vertröstet. Da kam dann ein wesentlich kleineres Boot, das ihr wiederum zu klein war. Ein Matrose sagte ihr, dass ein kleines Schiff wahrscheinlich sicherer sei.“ Wie recht er damit hatte, beweisen die drei großen, in den letzten Kriegsmonaten torpedierten Dampfer.

Der ökumenische Gottesdienst in Gdingen wurde von vier Geistlichen gestaltet.
Foto: Uwe Hahnkamp

Wer sich selbst erhöht …

Die Haltung der Mutter erinnerte ein wenig an die Lesung aus dem Evangelium nach Lukas „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden“. Dieses Thema erweiterte der Kapitän und Doktor der Theologie Krzysztof Różański – der beim Niederlegen der Blumen vor der Erinnerungstafel in der Seefahrerkirche sprach – um die schwierige Situation der damaligen Kapitäne: „Sollten sie das Risiko von Minen eingehen und ohne Licht eng an der Küste fahren oder sollten sie das Risiko eingehen und sich voll beleuchtet zeigen?“ Wie selbstherrlich die Entscheidung der Verantwortlichen letztlich wirklich war – das Vertrauen auf das Schicksal und den Status eines Flüchtlingsschiffs half ihnen so oder so leider gar nichts.

Michał Schlueter (links) bei der Ansprache am Hafenkai. Mit im Bild: Benedikt Reschke, der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Bevölkerung in Gdingen (2. v. r.)
Foto: Uwe Hahnkamp

Gedenken weitergeben

Während der Gottesdienst vom Gesang des „Gdingener Kammerchors“ begleitet wurde, war die anschließende Gedenkstunde an der Uferpromenade im Hafen von Gdingen wie üblich spartanischer. Nach einem Gebet des methodistischen Pfarrers Sebastian Niedźwiedziński aus Danzig sprach Michał Schlueter, Vizevorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), ein Grußwort im Namen ebenjenes Verbandes. Insbesondere bat er die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei weiteren Gedenktagen jüngere Generationen mitzubringen: „Auch Kinder, Enkel und Urenkel sollen wissen, was damals geschehen ist und was passieren kann, wenn sie selbst nicht aufpassen.“

Die Gedenkkränze schwimmen im Wasser der Ostsee.
Foto: VdG

Abschließend wurden zu Trompetentönen und dem Lied „Wahre Freundschaft“ Grabkerzen am Kai aufgestellt und Kränze in das Wasser der Ostsee geworfen. Zum Ausklang, Aufwärmen und Beisammensein stand dann noch ein Abendessen im Gdingener Restaurant „Windrose“ (Róża Wiatrów) auf dem Programm, bevor die Gäste sich wieder in alle Himmelsrichtungen verstreuten.

Ausklang der Gedenkfeier im Gdingener Restaurant „Windrose“
Foto: VdG

Uwe Hahnkamp

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