Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Von deutschen Minderheiten und deutschsprachigen Gemeinschaften

Die Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland veranstaltete in Kooperation mit der Universität Bayreuth eine Podiumsdiskussion zum Thema „Deutschsprachige Gemeinschaften in aller Welt – Neue zivilgesellschaftliche Impulse für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands“. Der Austausch diente auch dazu, die deutschen Minderheiten im östlichen Europa und die deutschsprachigen Gemeinschaften in Südamerika miteinander zu vernetzen.

Die Veranstaltung fand Rahmen des Jugendforums „Europa-Lateinamerika 2022“ der Stiftung Verbundenheit statt, das Vertreter der deutschsprachigen Gemeinschaften aus Lateinamerika und Europa zum Erfahrungs- und Ideenaustausch zusammenbrachte.

Als Diskussionsteilnehmer auf dem Podium in den Räumlichkeiten der Universität Bayreuth waren Gesine Lenore Schiewer, Inhaberin des Lehrstuhls für Interkulturelle Germanistik an eben jener Universität, Karoline Gil, Leiterin des Bereichs Integration und Medien beim in Stuttgart beheimateten Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Silvia Saenger, Projektmitarbeiterin der Stiftung Verbundenheit in Lateinamerika, Julia Taips, Vizebürgermeisterin der ukrainischen Stadt Mukatschewo und Leiterin der Deutschen Jugend in Transkarpatien, sowie Hartmut Koschyk, Ratsvorsitzender der Stiftung Verbundenheit. Moderiert wurde die Veranstaltung von Marco Just Quiles, stellvertretender Geschäftsführer und Projektleiter für Südamerika der Stiftung Verbundenheit.

Grußwort von Natalie Pawlik
Im Rahmen einiger einführender Worte von Marco Just Quiles, Hartmut Koschyk und Gabriel Podevils von der deutsch-lateinamerikanischen Bürgerdiplomatie-Initiative „#JungesNetzwerk“ der Stiftung Verbundenheit wurde auch ein Grußwort der Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Natalie Pawlik, verlesen. Die SPD-Politikern betonte darin, dass die aktiven Mitglieder der deutschen Minderheiten im Ausland zu einem Abbau von Vorurteilen und zu einer Stärkung der Brückenfunktion zur jeweiligen Mehrheitsgesellschaft und nach Deutschland beitrügen. „Angehörige der deutschen Gemeinschaft sind damit ein wichtiger Faktor in den bilateralen Beziehungen. Sie stehen für ein friedliches Miteinander und für echte Dialogbereitschaft. Denn Minderheitenpolitik ist immer auch Friedenspolitik“, so Natalie Pawlik.

Mit Blick auf die Ziele des Jugendforums schrieb die Bundesbeauftragte: „In Zeiten, in denen Konflikte zunehmen und Mauern aufgebaut werden, in Zeiten, in denen vereinzelt deutsche Minderheiten aus nationalistischen und anderen Gründen in zwischenstaatlichen Beziehungen instrumentalisiert werden, gerade in solchen Zeiten ist es wichtiger denn je, sich auf gesellschaftsübergreifende Projekte zu konzentrieren. Die deutschen Minderheiten im Ausland gehen hier als Vorbilder voran. Sie zeigen, dass Vielfalt eine Gesellschaft stärker macht. Und sie beweisen, welche großen Vorteile es für ein Land haben kann, wenn sich die Gesellschaftsmitglieder in mehreren Kulturen auskennen.“

Marco Just Quiles, Silvia Saenger, Karoline Gil, Gesine Lenore Schiewer, Julia Taips und Hartmut Koschyk (v. l.) während der Podiumsdiskussion in den Räumlichkeiten der Universität Bayreuth
Foto: Stiftung Verbundenheit mit den Deutschen im Ausland / #JungesNetzwerk

Perspektiven aus Europa und Südamerika
Während des Panelgesprächs erklärte Julia Taips, dass sich die Angehörigen der deutschen Minderheit in der Ukraine keineswegs als eine isolierte Bevölkerungsgruppe fühlen würden, sondern im Gegenteil stark am gesellschaftlichen Leben teilnähmen – erst recht seit dem russischen Überfall am 24. Februar. So habe man zu Beginn der Invasion das Deutsche Haus in Mukatschewo zu einem wichtigen Zentrum für humanitäre Hilfe umfunktioniert und zahlreiche Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen des Landes aufgenommen. Die Vizebürgermeisterin der westukrainischen Stadt äußerte zudem die Hoffnung, dass die deutschen Minderheiten im östlichen Europa auch in Zukunft vom deutschen Staat finanziell gefördert werden.

Silvia Saenger brachte die lateinamerikanische Perspektive in die Diskussion ein. Sie betonte, dass sich die deutschsprachigen Gemeinschaften in Südamerika nicht als Minderheit im engeren Sinne begreifen würden, sondern in erster Linie als zum Beispiel – wie in ihrem Fall – Argentinier mit deutschen Wurzeln. Sie machte zudem auf den besseren Organisationsgrad der deutschen Minderheiten im östlichen Europa im Vergleich zu den deutschsprachigen Gemeinschaften in Lateinamerika aufmerksam. „Bei uns in Argentinien sind die Gemeinschaften ehrenamtlich organisiert“, erklärte sie. Dies gestalte die Arbeit auf dem riesigen Kontinent mitunter schwierig. Bezüglich der inhaltlichen Arbeit habe man sich in der Vergangenheit hauptsächlich auf die Pflege der deutschen Traditionen konzentriert. Jetzt wolle man – mithilfe der Stiftung Verbundenheit – aber auch das aktuelle Deutschlandbild fördern.

Als Vertreter eben jener Stiftung Verbundenheit ging Hartmut Koschyk zunächst auf den historisch bedingten Unterschied zwischen den deutschen Minderheiten im östlichen Europa und den deutschsprachigen Gemeinschaften in Südamerika ein. Er sagte zudem, dass er sich von den staatlichen Fördermittelgebern manchmal mehr Spielräume erhoffe, um neue Dinge zu wagen und Experimente durchzuführen. Bei allen Aktivitäten müsse es immer darum gehen, die Zivilgesellschaften zu stärken.

Gesine Lenore Schiewer erklärte aus kulturwissenschaftlicher Sicht unter anderem die emotionale Dimension im Verhältnis von Mehrheitsgesellschaften und Minderheiten, ging näher auf den Begriff der Bürgerdiplomatie ein und hob die Bedeutung der Mehrsprachigkeit von Menschen mit einem Bezug zu Deutschland hervor. Man solle sich weiterhin mit ihnen austauschen, um voneinander zu lernen.

Auf die Frage des Moderators, was eine Minderheit oder eine Gemeinschaft brauche, um für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands an Wert zu gewinnen, antwortete Karoline Gil als Vertreterin der Mittlerorganisation ifa: Die Gruppierungen müssten aktiv und in die Mehrheitsgesellschaften integriert sein, über attraktive Programme verfügen und sich um den Nachwuchs kümmern. Im Idealfall sei eine (deutsche) Minderheit so gut aufgestellt, dass sie eine aktive Rolle in ihrer jeweiligen Gesellschaft spielt und dann gar nicht mehr in erster Linie als Minderheit wahrgenommen wird. „Ich glaube, das sollte auch das Ziel einer Förderung sein“, so Karoline Gil.

ln

Die ganze Podiumsdiskussion können Sie sich online auf dem YouTube-Kanal der Initiative „#JungesNetzwerk“ ansehen:

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