Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wächter der Tradition

Für die Deutschen aus Nordpolen war der Volkstrauertag auch in diesem Jahr wichtig Foto: AGDM.
Für die Deutschen aus Nordpolen war der Volkstrauertag auch in diesem Jahr wichtig Foto: AGDM.

In Zeiten der globalisierten Welt wird der zweite Novembersonntag, der traditionell als Volkstrauertag gefeiert wird, mehr und mehr zum Problemfall. In Deutschland fragt man sich mittlerweile sogar immer öfter, ob man einen solchen Tag überhaupt braucht. Gerade in dieser Diskussion beginnt aber die Deutsche Minderheit eine immer wichtigere Rolle zu spielen.

 

Es ist eine Tradition, die sich seit fast hundert Jahren unterbrochen hält: Am zweiten Novembersonntag (dieses Jahr am 13. November) wird in Deutschland der sogenannte Volkstrauertag begangen. Festgelegt wurde er 1925 zu Ehren der mehr als zwei Millionen gefallen Soldaten, die aus dem ersten Weltkrieg nicht mehr zurückgekehrt sind. Zuerst war der Tag nur dem Militär gewidmet, später wurde aber allgemein den Opfern von Krieg und Gewalt  gedacht.

 

Im Norden Polens

 

Heute, über 70 Jahre nach dem letzten Krieg, fragen sich im globalisiertem Deutschland viele, ob man einen solchen Tag überhaupt braucht. Deswegen versucht die Bundesregierung mit zentralen Gedenkfeierlichkeiten auf die geschichtliche Erinnerung aufmerksam zu machen, doch Initiativen in den Ländern und Gemeinden bleiben meistens aus.

 

Ganz anders ist es in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, wo heute die Deutsche Minderheit in Polen aktiv ist. Während seit vielen Jahren der Volkstrauertag im ehemaligen Ostpreußen regelmäßig begangen wird, gewinnt er auch in Schlesien immer mehr an Bedeutung. Dieses Jahr fanden Gedenkstunden nicht nur in Ermland und Masuren statt, sondern auch in den Woiwodschaften Oppeln, Schlesien und Niederschlesien. Von Beuthen bis Nesselwitz und Allenstein brannten Kerzen und wurden Kränze für die Gefallenen und die in der NachkriegszeitvErmordeten niedergelegt: „Wir hatten eine schöne Feier auf dem Allensteiner Kriegerfriedhof. Wie jedes Jahr haben gemeinsam Mitglieder der Deutschen Minderheit und Vertreter der Landsmannschaft Ostpreußen der Toten gedacht“ sagt der stellvertretende Vorsitzende der Allensteiner Gesellschaft der deutschen Minderheit Aleksander Bauchknecht.

 

Wie Bauknecht berichtet, hat die örtliche polnische Mehrheit keine Probleme mit dem deutschen Gedenktag. Mehr noch, sie sieht ihn als Grund an, um allen, auch den eignen Opfern von Krieg und Gewalt zu gedenken: „Dieses Jahr hat bei der Feier ein pensionierter Soldat der polnischen Armee Trompete geblasen. Das zeigt, dass es bei solchen Gelegenheiten keine deutsch-polnischen Ressentiments geben muss.“

 

In Oberschlesien

 

Viele Kilometer weiter, in Oberschlesien, schienen die Januarfeierlichkeiten zur sogenannten Oberschlesischen Tragödie über die Jahre viel wichtiger als der Volkstrauertag. Doch mit der Zeit gewinnt auch er an Bedeutung. In Nesselwitz (Pokrzywnica) nutzten die Mitglieder des dortigen Vereins der deutschen Minderheit den Tag, um Wissen über die lokalen Gedenkstätten zu vermitteln. Ebenfalls wurde der bekannte Dokumentarfilm „Die nicht erzählte Geschichte“ gezeigt, um an das schreckliche Kriegsschicksal vieler Menschen zu erinnern.

 

Doch woher kommt eine solche Bindung an den Gedenktag bei Polens Deutschen? Vor allem wohl wegen der persönlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Unter den insgesamt zwei Millionen gefallenen Soldaten im ersten Weltkrieg und ungefähr fünf Millionen im zweiten, waren hunderttausende deutsche Schlesier und Bürger anderer Regionen im heutigen Polen. Viele heutige Mitglieder der deutschen Minderheit haben also Vorfahren, die in den Kriegen ums Leben gekommen sind. An diese Menschen erinnern auch Denkmäler und Gedenkstätten, die in den oberschlesischen Ortschaften aufgestellt sind.

 

In Zeiten, in denen man den Volkstrauertag stellenweise in Frage stellt, nimmt die deutsche Minderheit also eine besondere Rolle ein. Sie ist Wächter des Gedenkens, das in der Bundesrepublik davon bedroht ist, in Vergessenheit zu geraten. Wie wichtig diese Traditionen aber sind, zeigen die Worte des DFK-Mitglieds aus Beuthen Manfred Kroll, der sagt, „dass  durch Versöhnung über den Gräbern, Arbeit für den Frieden getan wird“.

 

Łukasz Biły

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