Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Was man liebt, kann nie vergehen

Am Geburtshaus des Dichters in Neisse wurde 2004 eine Gedenktafel angebracht Foto: Bonio, Wikipedia
Am Geburtshaus des Dichters in Neisse wurde 2004 eine Gedenktafel angebracht
Foto: Bonio, Wikipedia

Von den Nationalsozialisten aus seiner Heimat vertrieben, ist er zu dem Exildichter schlechthin geworden. Körperlich klein und verkrüppelt – als Schriftsteller einer der größten, einfach genial. Vor 75 Jahren starb Max Herrmann-Neiße.

 

Max Herrmann wurde am 23. Mai 1886 in Neisse (Nysa) als Sohn eines Gastwirtes und Bierverlegers geboren. Bereits als Kind hatte er unter seinen körperlichen Gebrechen schwer zu leiden. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Neisse studierte er Literatur- und Kunstgeschichte in Breslau und München – jedoch ohne Abschluss. Nach dem frühen Tod der Eltern wagte er, den Beruf eines „freien Schriftstellers“ zu ergreifen. Mit seiner Lebensgefährtin Leni ging er nach Berlin und wurde für den S. Fischer-Verlag tätig.

 

Schnell wurden auf ihn Literaturkritiker und Schriftstellergrößen wie Alfred Kerr und Carl Hauptmann aufmerksam und förderten ihn. Gleich mit seinen frühen Theaterstücken „Joseph der Sieger“ und „Insel der Seligen“ (beide 1919) konnte er große Erfolge feiern. Danach trumpfte Max Herrmann auch als Erzähler auf: 1920 erschienen der Prosaband „Hilflose Augen“ und der Roman „Cajetan Schaltermann“. Sein tägliches Brot verdiente sich Max Herrmann als Tagespublizist: er schrieb Buch- und Theaterkritiken für den „Berliner Börsen-Courier“, das „Kölner Tagblatt“, die „Prager Presse“ und die „Literarische Welt“. Der in den Berliner Literaturkreisen außerordentlich beliebte und geschätzte Max Herrmann wurde von seinen Freunden „Macke“ genannt – doch neben seinen Texten wurde seine auffällige Gestalt berühmt. Der Literaturkritiker Ernst Alker sagte einst über den meistgemalten Schriftsteller der Weimarer Republik: „Der kleine Körper des Krüppels trug einen übergroßen Kopf, ein „Verbrechergesicht“ (wie Herrmann selbst sagte). Er sah so aus, wie ihn George Grosz darstellte und Ludwig Meidner malte, wie eine fleischgewordene Karikatur.“

 

Kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten floh Max Herrmann, der in das Bild eines „arischen Menschen“ keinesfalls passte, gemeinsam mit seiner Frau Leni in die Schweiz, dann über die Niederlande und Frankreich nach London. Über das Londoner Exil schrieb Stefan Zweig: „Von all den vielen Exilierten litt er vielleicht am schmerzhaftesten unter Fremdheit der Sprache und der kalten Gesinnung, weil er als „reinblütiger“ Schlesier doch nicht aus Zwang den Weg ins Exil genommen, sondern aus verstümmelter Liebe für das alte, das dichterische, das denkerische Deutschland, das er durch Brutalität und Ungerechtigkeit geschändet sah.“

 

Zusammen mit Lion Feuchtwanger, Rudolf Olden und Ernst Toller gründete Max Herrmann, der seinem Nachnamen bald den Zusatz „Neiße“ (nach seiner Heimatstadt) gab, Ende 1933 den Exil-PEN. In London blieb er weitgehend isoliert – er starb in Folge eines Herzanfalls am 8. April 1941. Nachdem Herrmann-Neiße aus Deutschland ausgebürgert worden war, beantragte er 1938 die englische Staatsbürgerschaft – jedoch ohne Erfolg. Noch einmal Stefan Zweig: „Unaufhörlich träumte er sich in dieses Deutschland von einst und seine Landschaft zurück, und aus diesen Träumen wurden Strophen und Gedichte edler männlicher Trauer, die schönsten vielleicht, die seit Heinrich Heine im Exil geschrieben wurden.“

 

In der Verbannung stellte Max Herrmann-Neiße das Gefühl der Fremdheit bewusst in den Mittelpunkt seines Werkes – gepaart mit Sehnsucht nach Heimat und dem niederschmetternden Gefühl, nie wieder nach Deutschland zurückkehren zu können. Auf die Bekanntmachung über seine Ausbürgerung antwortete Max Herrmann mit dem Gedicht „Ewige Heimat“: „Was man liebt, kann nie vergehen: / heimatlich vertraute Töne/ überall uns treu umwehen; / denn die Heimat bleibt bestehen / in dem Lied verstoßner Söhne.“

 

Johannes Rasim

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