Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wenn das Ostpreußenlied am Jakobsberg erklingt

Zwei Wochen vor dem ersten Advent und damit am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres findet traditionell der Volkstrauertag statt, der in Deutschland sowie weltweit bei den deutschen Auslandsvertretungen und den deutschen Minderheiten begangen wird. In Ermland und Masuren organisiert die Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit (AGDM) jedes Jahr eine entsprechende Gedenkveranstaltung auf dem Ehrenfriedhof am Jakobsberg in Allenstein.

Der Ehrenfriedhof für die deutschen Soldaten liegt als idyllischer Waldfriedhof an der Ausfallstraße von Allenstein in Richtung Norden. Neben dem Pfeifen des Windes und – je nach Wetterlage – dem Knarren frostiger Äste oder dem Tröpfeln eines herbstlichen Regens begleitet die Ruhe der Gedenkfeier stets auch das Rauschen der vorbeifahrenden Autos. Es trägt eher zu der besinnlichen Stimmung bei, als dass es stören würde.

Schießgeräusche während der Gedenkfeier

Auch am 13. November 2022 hatten sich etwas mehr als 40 Personen im Stadtteil Jakobsberg (Jakubowo) versammelt, um den vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in den 1920er-Jahren initiierten Gedenktag zu begehen. Erstmals nahmen unter dem im letzten Jahr erneuerten großen Kreuz im Zentrum des Friedhofs einige Kinder von den AGDM-Mitgliedern sowie auf Einladung der AGDM auch der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM), Henryk Hoch, teil.

Der Toten gedenken.
Foto: Uwe Hahnkamp

Zur Eröffnung erklang der Zapfenstreich über den Friedhof, den der Trompeter Dariusz Gendzierski seit Jahren während der Gedenkfeier bläst. Die Erläuterung zum Volkstrauertag und das eigentliche Gedenken trugen in diesem Jahr neue Personen vor; der bisherige Sprecher Otto Tuschinski war im Herbst verstorben. Dawid Kazański, Mitglied der AGDM, und der seit diesem Jahr neue Vorsitzende des Vereins, Piotr Dukat, übernahmen dessen Aufgaben. Piotr Dukat erinnerte dabei an die Toten der Weltkriege und der kriegerischen Gewalt bis heute. „Unsere Verantwortung ist vor allem der Frieden zu Hause und auf der ganzen Welt“, schloss er seine Rede.

Der Trompeter Dariusz Gendzierski
Foto: Uwe Hahnkamp

Wie wenig selbstverständlich dieser Frieden geworden ist, lässt sich auch daran ablesen, dass zum ersten Mal, seit diese Feier organisiert wird, unregelmäßige Geräusche von Schüssen von der auf der anderen Seite der Straße gelegenen Schießanlage zum Friedhof herüberschallten. Es zeugt von einer traurig stimmenden Änderung in der gesellschaftlichen Atmosphäre, dass jemand es für nötig hält, an einem Sonntag seine Schießkünste zu verbessern.

Von Wurzeln und Erinnerungen

Passend zum Waldfriedhof hatte Domherr André Schmeier, der katholische Seelsorger der deutschen Minderheit in der Region, sein Thema für die Gedenkfeier gewählt. Es ging um die Bedeutung von Wurzeln für die Bäume, die stabiler stehen, den Unwettern trotzen und nach einem kalten Winter schneller wieder grünen, je tiefer ihre Wurzeln liegen. „Dasselbe gilt auch für uns Menschen. Auch wir brauchen Wurzeln, die uns durch die Stürme des Lebens tragen – damit wir uns für den bedrohten Frieden einsetzen“, schlug er danach den Bogen zu seinen Schutzbefohlenen.

Domherr André Schmeier bei seiner Ansprache
Foto: Uwe Hahnkamp

Wie immer stand dann – nach einem gemeinsamen Vaterunser – das Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“ auf dem Programm, das Dariusz Gendzierski auf seiner Trompete ebenso begleitete wie das Ostpreußenlied, mit dem traditionell die Gedenkfeier abgeschlossen wird. Und nach dem anschließenden Gottesdienst in der Herz-Jesu-Kirche im Stadtzentrum von Allenstein ging es – auch das hat Tradition – zum Aufwärmen bei Kaffee, Kuchen und Gesprächen in den Sitz der AGDM.

Uwe Hahnkamp

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