Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Wir brauchen ein neues Erwachen

Der selige Pallottinerpater Richard Henkes stand der Wallfahrt am 17. September im tschechischen Zuckmantel (Zlaté Hory) Pate.

Der Geistliche Richard Henkes lehrte 1931 im oberschlesischen Katscher (Kietrz) und später im niederschlesischen Frankenstein (Ząbkowice Śląskie). „Wegen seiner offenen Worte gegen die nationalsozialistische Ideologie wurde er aus dem Schuldienst entfernten“, so Bischofsvikar Dr. Peter Tarliński, der an das Leben des seliggesprochenen Märtyrers erinnerte. Der aus dem Westerwald stammende Henkes verbinde, so Dr. Tarliński, die Schlesier in Deutschland, Polen und Tschechien durch seine Tätigkeit als Lehrer und Prediger in Schlesien. 1940/41 war er als Jugendseelsorger und Exerzitienmeister in Branitz tätig. Zu seinem Schutz vor den Machthabern wurde er vom Bistum Olmütz (Olomouc) nach Strandorf (Stachovice) ins Hultschiner Ländchen geholt. Doch auch dort waren den Nazis seine Predigten ein Dorn im Auge. 1943 wurde Henkes durch die Gestapo verhaftet. 1945 kam er im KZ Dachau zu Tode. Gewürdigt wird er als „heroischer Zeuge der christlichen Liebe“ und als „unerschrockener Verkünder des Evangeliums“. Für Dr. Tarliński sollte Henkes Mut gerade in der heutigen Zeit beispielhaft sein: „Wir brauchen ein neues Erwachen im religiösen, im Glauben und eine neue, mutige Zuwendung zum Evangelium“.

Mit etwa 750 Gläubigen kamen in diesem Jahr deutlich weniger Pilger nach Zuckmantel, als noch vor zehn Jahren. Damals drängten sich 2.300 Wallfahrer dicht aneinander am Vorplatz der Mariahilf-Kirche, um auf Deutsch, Polnisch und Tschechisch zu beten. „Dass wir weniger sind hängt auch damit zusammen, dass wir die Tradition in den Familien nicht bewahrt haben“, bedauert Dr. Tarliński. Aber er freut sich, seine Mitstreiter von 1995 auch in diesem Jahr in Zuckmantel wiederzufinden.

Bischofsvikar Dr. Peter Tarliński trifft Mitstreiter der ersten Wallfahrten nach der politischen Wende.
Foto: K. Kandzia

Markéta Kovačová gehört zu ihnen. Sie ist eine der nur noch wenigen Deutschen aus dem sechs Kilometer entfernten Ort Hermannstadt (Heřmanovice) und war einst als Sekretärin des damaligen Zuckmantler Pfarrers bei der Organisation der ersten „Wallfahrten er Nationen“ aktiv. „Meine Mama wurde von ihren Eltern nach Mariahilf mitgenommen. Ich habe mir als Kind diesen Ort immer als etwas wundervolles vorgestellt, denn als ich klein war, gab es Mariahilf nicht mehr“, so Kovačová. 1955 haben nämlich die tschechoslowakischen Kommunisten die Mariahilf-Kirche schließen und 1973 abreißen lassen. Erst mit der politischen Wende wurde am selben Ort eine neue Kirche gebaut.

Am 23. September 1995 war es dann so weit und die neue Mariahilf-Kirche wurde eingeweiht. An der Eröffnungsmesse haben 12.000 Pilger aus Schlesien, Mähren, Böhmen und Deutschland teilgenommen. Darunter auch Dora Gebhardt. Die in Franken lebende Malerin ist in Ziegenhals (Głuchołazy) geboren, musste aber 1946 ihre Heimat Niklasdorf (Mikulovice) im Kreis Ziegenhals verlassen. Doch die Verbindung zu dem Zuckmantler Bergland hat sie sich über die Jahre erhalten. Mariahilf kenne sie seitdem sie denken kann, sagt sie. „Meine Großmutter erzählte, dass sie schon als Kind zu Fuß nach Mariahilf gelaufen ist. Es hat Spaß gemacht, weil hier immer etwas los war“, lacht sie und berichtet, dass sie selbst seit den 1990er-Jahren regelmäßig herkommt. Die „Wallfahrt der Nationen“ ist fester Programmpunkt bei ihren Besuchen „auch dann noch, wenn ich bei dieser Wallfahrt die letzte Vertreterin der Schlesier aus der Bundesrepublik sein sollte“, verspricht sie.

Klaudia Kandzia

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