Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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,,Dem Auge fern, dem Herzen nah“

Die Überschrift ist eine paraphrasierte Zeile aus einem Gedicht des deutschen Dichters, Publizisten und Philosophen Ludwig Jacobowski, die oft auf evangelischen Grabsteinen verwendet wurde. Darauf bin ich in Trattaschine, einem Dorf in der Gemeinde Jeltsch-Laskowitz, gestoßen. Seit dem Morgen waren auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof Aufräumarbeiten im Gange. Die Dorfbewohner waren daran beteiligt, Mitglieder des Vereins Pfadfindergruppe für lokale Geschichte halfen mit.


Eine enthüllte zweisprachige Tafel erinnert an den ehemaligen Friedhof. Auf diese Weise wurde die Erinnerung an einen weiteren Ort wiederhergestellt, ein Hinweis auf die gemeinsame Verantwortung für das Erbe unserer heutigen Heimatorte.

Friedhof

Die Pflege von Friedhöfen sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Die Toten haben keine Nationalität; wir sollten ihnen gegenüber Respekt zeigen und ihre Grabstätten pflegen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten die Friedhöfe in den Gebieten, die dem polnischen Staat einverleibt wurden, verschiedene Wandlungen. Wenn sie nicht im Krieg zerstört wurden, litten sie unter Verwüstung, oft unter Profanierung oder Vernachlässigung.

Es gab niemanden mehr, der sich um sie kümmerte; für die neue Bevölkerung waren sie überflüssig und fremd. Die meisten von ihnen wurden in den 1960er und 1970er Jahren aufgelöst, vor allem in den Großstädten. Einige wurden zu polnischen Nekropolen, andere wurden für Neubauten genutzt oder in Parks umgewandelt. Nur wenige von ihnen erhielten den Status eines Denkmals und sind bis heute erhalten geblieben.

Mehr Glück hatten die Friedhöfe in kleineren Ortschaften, Städtchen und Dörfern. Doch obwohl sie nicht durch Verwaltungsentscheidungen zerstört wurden, gerieten sie allmählich in Verfall und in Vergessenheit, insbesondere die evangelischen Friedhöfe. Ein ähnliches Schicksal ereilte den Friedhof in Trattaschine. Jetzt hat sich diese Situation geändert.

Über den Friedhof ist nur wenig bekannt. Er war zwischen 1830 und 1945 in Betrieb.
Foto: K. Ruchniewicz

Die Erinnerung wiederherstellen

Nach 1989 haben wir viel getan, um das vielfältige Erbe Niederschlesiens zu bewahren und zu erkunden. Die Bezeichnung „ehemals deutsch“ ist nicht länger etwas, das an Überflüssigkeit, Peinlichkeit und Fremdheit denken ließe. Wir haben uns an ihre Bedeutung für die europäische Kultur erinnert. Wir sind nun sogar stolz darauf.

Es gab auch Initiativen zum Gedenken an die zerstörten Friedhöfe. Einige haben monumentale Ergebnisse hervorgebracht, große Denkmäler für „nicht existierende Friedhöfe“ wie in Breslau und Danzig. Andere sind bescheidener: ein Obelisk, eine Gedenktafel. Man findet sie in fast allen Ortschaften unserer Region. Aber jede Form ist angemessen, denn es ist nicht nur eine Möglichkeit, die Erinnerung wachzurufen, sondern auch eine gewisse Wiedergutmachung, ein Beweis für die Erregung des Gewissens, was in einem katholischen Land ja nicht schwer sein sollte.
Einwohner des Dorfes Trattaschine und der Verein Pfadfindergruppe für lokale Geschichte haben beschlossen, das Gestrüpp auf dem ehemaligen evangelischen Friedhof zu beseitigen, die noch erhaltenen Grabmäler aufzustellen und eine Informationstafel anzubringen. Über den Friedhof ist nur wenig bekannt. Er war zwischen 1830 und 1945 in Betrieb. Vielleicht wird man in Zukunft mehr über ihn und die dort begrabenen Menschen erfahren. Dies ist nicht die erste Aktivität des Vereins in diesem Bereich. Es ist nämlich ein weiterer Friedhof (nach Deutsch Piekary), der eine Informationstafel erhalten hat.

Einwohner des Dorfes Trattaschine und der Verein Pfadfindergruppe für lokale Geschichte haben beschlossen, das Gestrüpp zu entfernen, das den ehemaligen evangelischen Friedhof überwuchert.
Foto: K. Ruchniewicz

Ein paar Seiten aus dem Kalender

Das Dorf Trattaschine (Grędzina) wurde am Ende des 17. Jahrhunderts gegründet. Es war im Besitz der Familie von Saurma, die in der Gegend viele Güter besaß. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich das Dorf recht dynamisch. Es wurden mehr Häuser gebaut und die Zahl der Einwohner stieg allmählich an. Im Jahr 1734 existierten acht Bauernhöfe. Am Ende des Jahrhunderts gab es bereits eine Schule im Dorf, die Zahl der Gehöfte stieg auf 21. Trattaschine hatte 92 Einwohner.
Im Jahr 1819 gehörten bereits ein Gasthaus, 29 Bauernhöfe und eine Schmiede zum Ort. Die Zahl der Einwohner stieg auf 231 (106 Männer, 125 Frauen, 220 Lutheraner, 11 Katholiken). 1830 gab es 45 Häuser. Eine evangelische Schule war in Betrieb. Die Kirche befand sich jedoch in Laskowitz. Die Katholiken mussten zur Messe nach Meleschwitz fahren.

Im Jahr 1845 kamen ein Armenhaus und ein Wirtshaus hinzu. Im Dorf lebten drei Handwerker und ebenso viele Kaufleute. Man baute Mohn für den Verkauf an und war auch auf die Honigproduktion spezialisiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten 320 Menschen in Trattaschine. Es überwogen die Protestanten. Die Bevölkerung war deutschsprachig.

Nach den ersten Aufräumarbeiten auf dem Friedhof wurde eine zweisprachige Informationstafel enthüllt: „Friedhof der ehemaligen Bewohner des Dorfes. Respektieren Sie diesen Ort so, wie Sie von anderen erwarten, dass sie die Gräber Ihrer Vorfahren respektieren.“
Die Inschrift hat eine klare Botschaft und verweist auf die Geschichte dieser Gegend sowie auf die Umsiedlungstradition der Familien der heutigen Bewohner. Es erinnert mich an die Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs an der Kirche in Treschen, die noch deutlicher auf dieses gemeinsame Erbe hinweist.

Es besteht kein Zweifel, dass ein wichtiger erster Schritt getan wurde; alles liegt nun in den Händen der Bewohner, die einen Teil der Geschichte des Dorfes „zurückgewonnen“ haben.

Prof. Dr. Krzysztof Ruchniewicz

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