Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Der „angenehmste“ Friedhof Schlesiens

Die bekanntesten Beispiele des deutschen Erbes in Polen haben eines gemeinsam: Größe. Bauten wie in Moschen oder Fürstenstein sind imposante Schlösser und daher weltberühmt. Ein besonderes Erlebnis kann es aber sein, eine Architekturperle zu finden, der größere Bauten eigentlich die Show stehlen sollten. Ein Beispiel sind die barocken Grabkapellen in Hirschberg.

Diese barocken Grabkapellen, die sich bei der evangelischen Kirche des Heiligen Kreuzes befinden, zählen zu den schönsten Grabmaldenkmälern der Barockzeit in Schlesien. Im 18. Jahrhundert errichtet, spiegeln diese Kapellen den Reichtum und den Status der wohlhabendsten Kaufmannsfamilien wider. Der reichhaltige architektonische Schmuck dieser vergleichsweisen kleinen Bauten beeindruckte die Zeitgenossen und weckte sowohl Bewunderung als auch Neid bei denen, die sich derlei prunkvolle Gräber nicht leisten konnten. Der Friedhof mit seinen prächtigen Kapellen war nicht nur ein Anziehungspunkt für Besucher von außerhalb, sondern wurde auch von den Einwohnern der Stadt als ein Ort der Ehre und des Stolzes angesehen. Chronist J. Hensel schrieb sogar im Jahr 1797, dass der Friedhof „zu den schönsten und angenehmsten“ überhaupt gehöre.

Die Hirschberger Grabkapellen gehören zu den schönsten Beispielen barocker Architektur.
Foto: Łukasz Biły.

Dieser prachtvolle evangelische Friedhof in Hirschberg war nicht nur in Schlesien, sondern auch im gesamten damaligen Deutschland bekannt und geschätzt. Zu den prominenten Besuchern zählte unter anderem John Quincy Adams, der spätere Präsident der Vereinigten Staaten, der die Stadt im Jahr 1800 besuchte. Besonders beeindruckend waren neben den Kapellen auch die kunstvoll geschmiedeten Eisen- und Ziergitter, die oft die zweiflügeligen Türen verschlossen. Der Friedhof blieb bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in Nutzung, bis in den Jahren 1874-1876 ein neuer städtischer Friedhof angelegt wurde. Doch die Bedeutung des alten Friedhofs ging dadurch nicht verloren: Die Gräber wurden weiterhin von den Familien und Einwohnern gepflegt, und der Friedhof blieb eine Sehenswürdigkeit für Touristen aus ganz Deutschland.

Nach 1945 jedoch änderte sich die Lage dramatisch. Der Friedhof, nun ohne den Schutz seiner früheren deutschen Einwohner, verfiel zunehmend und wurde Ziel von Vandalismus und Plünderungen. Grabsteine und Kreuze wurden umgeworfen, Gräber mit Müll gefüllt, und viele Epitaphien und Skulpturen zerstört. Der Niedergang der Gräber beschleunigte sich, als die Nachkommen der Verstorbenen nicht mehr da waren, um sich um die Stätten zu kümmern. Dies war ein Prozess, den fast alle evangelischen Friedhöfe in den ehemaligen deutschen Ostgebieten miterleben mussten. Viele wurden auf diese Weise von der Natur verschluckt und sind kaum mehr als Ruhestätte identifizierbar. Andere wurden in Parks umgewandelt.

Eine besonders interessante Tatsache ist ebenfalls mit den Grabkapellen verbunden. Einige der kunstvollen Grabgitter wurden nach dem Zweiten Weltkrieg nach Warschau transportiert, um dort beispielweise als Schmuck in polnischen Kirchen zu dienen. Dass Ziegelsteine aus deutschen Gebäuden für den Wiederaufbau der Stadt genutzt wurden, ist bekannt, dass man aber auch Grabgitter wiederverwendet hat, schon weniger.

Sollte man sich als Tourist von der Pracht der Kirche bezaubern lassen, kann man die Magie der Grabkapellen vielleicht sogar übersehen.

Das Bemerkenswerte bei dem wohl „angenehmsten“ Friedhof Schlesiens ist, dass er ursprünglich nur die zweite Geige spielen sollte. Der Star der Gegend ist eigentlich die Kreuzkirche. Erbaut 1709-1718, ist sie ein eindrucksvolles Beispiel barocker Architektur. Ursprünglich als evangelische Gnadenkirche errichtet, besticht sie durch ihre imposante Kuppel und prächtige Innenausstattung. Die Kirche war ein wichtiger spiritueller Mittelpunkt für die örtliche evangelische Gemeinde. Sollte man sich als Tourist von der Pracht der Kirche bezaubern lassen, kann man die Magie der Grabkapellen vielleicht sogar übersehen.

Heute ist die schlesische Nekropole in Hirschberg mehr polarisierend denn je. Sie dient nicht mehr als Grabstätte, sondern eher als Parkanlage, wo sich sogar junge Paare zum romantischen Spaziergang treffen. Viel mehr erfreuen sich die Menschen an der faszinierenden Architektur als dass sie daran denken, dass es eigentlich ein Ort des Todes ist. Der Lauf der Zeit bewirkt wahrlich Unglaubliches.

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