Am 8. Juni wurde Immanuel Kant aus Anlass seines diesjährigen 300. Geburtstag in Groß Arnsdorf mit einer populärwissenschaftlichen Konferenz geehrt. Dort präsentierte das Staatsarchiv in Allenstein/Olsztyn auch seine Ausstellung „Königsberg-Albertina-Kant“. Besonders genau betrachtete sie Dr. Tim Kunze. Er ist nämlich Kurator der Ausstellung „Immanuel Kant und der Geist der Aufklärung“ im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg.
Immanuel Kants Leben und Werk liefert eine Menge Material für Ausstellungen. Im neuen, Kants eigenem Gebäude im Ostpreußischen Landesmuseum wird viel Platz sein. Dennoch – wie bekommt man dieses umfangreiche Werk in den Griff?
Das erste Viertel stellt die Biografie Kants vor, das ist ziemlich einfach, denn es gibt nicht viele Exponate zu Kant. Wir stellen ihn nicht Jahr für Jahr vor, sondern haben drei Schwerpunkte gewählt. Zum ersten seine Herkunft, er kommt aus einem Milieu, das man nicht mit Kant verbindet, seine Eltern waren Handwerker, hier haben wir eine Vitrine wie einen Werktisch gestaltet. Wir haben einen Billardtisch, der den privaten Kant symbolisiert, der sehr gesellig war, wenn er auch später rigoros gelebt hat. Und wir haben seinen Arbeitsplatz, wir zeigen den wichtigen, schreibenden Kant – und das alles mit Original-Exponaten.
Und sein Werk?
Beim Rest der Ausstellung, die hoffentlich im nächsten Jahr eröffnet, müssen wir innovativer sein. Wir haben eine Sache, eine so genannte Philosophie-Skulptur, eine Architektur, die das System Kants über zwei Stockwerke hinweg darstellt. Wir haben eine Medienstation, hand-ons, also Dinge zum Anfassen, und weiter Bilder und Texte. Gewählt haben wir drei Aspekte – ganz klassisch die Erkenntnistheorie, also die Frage „was ist Wissenschaft?“ oder wie Meinungsfreiheit gesellschaftliche Wahrheit generiert, den kategorischen Imperativ mit Fragen nach Beziehungen zwischen Religionen oder Autonomie und Freiheit in der Politik, und das Thema Politik und Gesellschaft, bei dem es um Menschenrechte, aber vor allem um Kants Friedensideen gehen soll. Weggelassen haben wir dagegen die Theorie des Schönen.
Apropos verschiedene Aspekte bei Kant: in Groß Arnsdorf bei der Ausstellung „Königsberg-Albertina-Kant“ konzentrierte sich das Staatsarchiv in Allenstein auf die Universität. Wie ist Ihr Eindruck von der Ausstellung?
Ich kann leider kein Polnisch und muss das über den Handy-Übersetzer dechiffrieren (lacht), aber sie haben viel ausgegraben, was in der Kant-Forschung wenig zitiert wird. Es geht um Eindrücke vom Leben der Studenten, darum, dass Kant ganz praktisch 40 Jahre Dozent von Beruf war. Er arbeitete fleißig, musste Quittungen über Vorlesungen ausstellen, das wird gut gezeigt. Es ist die Bedeutung des Archivs, dass hier viele Akten der Universität lagern und man vor allem administrative Fragen nur hier ganz verstehen kann.
Dr. Kunze: „Beim Rest der Ausstellung, die hoffentlich im nächsten Jahr eröffnet, müssen wir innovativer sein.“
Also Kant ganz praktisch. Kant war gesellig, die Tradition der Gesellschaften setzten die Freunde Kants und Königsberg auch fort. Aber wurde dort wirklich Billard gespielt, wie Sie angedeutet haben?
Nein, die haben nicht Billard gespielt (lacht). Kant hat während des Studiums Billard gespielt. Wie wir bei der Vorbereitung der Ausstellung herausgefunden haben, hat er auch später regelmäßig in einem Billardhaus gegessen. Es war 15 Jahre, als Kant junger Privatdozent war, sein Stammlokal. Billard hatte einen anderen Ruf als heute, es wurde nicht nur in Spelunken gespielt, sondern war auch Vergnügen für Bürger, man spielte nicht nur um ein paar Groschen. Kant hat tatsächlich auf diese Weise Geld verdient. Es gibt sogar eine Anekdote, dass niemand mehr mit ihm spielen wollte, weil er immer gewann. Er hat Billard gespielt, aber sich nie geschlagen oder getrunken wie andere Studenten, dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Billard war im 18. Jahrhundert eine Modesache, es war neu, es war – heute würde man sagen – hipp.
Vielen Dank!
Das war Dr. Tim Kunze, der Kurator der Ausstellung „Immanuel Kant und der Geist der Aufklärung“ im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg im Gespräch mit Uwe Hahnkamp
Tim Kunze