Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Der Harmoniumbauer aus Märzdorf

Kaum jemand, außer vielleicht Musikexperten, weiß heute noch, was ein Kunstharmonium ist. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts war das außergewöhnliche Instrument, eine Mischung aus Akkordeon und Orgel, besonders populär. Einer der bekanntesten Harmoniumbauer stammte aus Märzdorf am Bober (Marczów) und startete im schlesischen Löwenberg die Produktion der besonderen Instrumente.

Johannes Titz wurde am 5. April 1844 in Märzdorf am Bober geboren. Er studierte zunächst am Breslauer Lehrerseminar. Nachdem er das Studium vorzeitig abgebrochen hatte, kehrte er nach Märzdorf zurück. Dann begann Titz eine Lehre beim Oberförster in Liebenthal. Die neue Stelle entsprach aber überhaupt nicht seinen Interessen. Er versuchte sich in der Folge noch als Büchsenmacher, reisender Fotograf und schließlich als Musiklehrer. Auch die Uhrmacherkunst meisterte Titz. Sein Geschick in diesem Bereich ermutigte ihn, Instrumentenbauer zu werden.

Ein Kunstharmonium von Johannes Titz
Quelle: Orgel- und Harmoniumwerkstatt Thomas Reilich

Titz gelang es, ein Harmonium zu bauen, das besser als das Original war.

Er zog nach Löwenberg, um sich dort einen Namen zu machen. Beim Stimmen des Klaviers beim Ritttergutbesitzer Rohrbeck in Kleppelsdorf erblickte Johannes Titz zum ersten Mal das Harmonium. Es entstammte der Werkstatt des Pariser Harmoniumbauers Victor Muster. Rohrbeck kaufte es vom Harmoniumhaus Carl Simon in Berlin. Titz entschied, selbst ein solches Instrument zu bauen. Es gelang ihm, ein Harmonium zu bauen, das besser als das Original war. Simon hatte daraufhin mit Titz einen Vertrag geschlossen, alle von ihm gefertigten Exemplare zu verkaufen. Die Produktion war sehr gering. Anfänglich betrug sie drei, im Jahre 1911 etwa zehn Instrumente pro Jahr. Der Erste Weltkrieg machte Titz und Simon einen Strich durch die Rechnung. Die aus Frankreich bezogenen Materialen konnten während des Kriegs kaum mehr zu beschaffen gewesen sein. Zwischen Februar 1913 und Februar 1915 wurden nur zwei Instrumente hergestellt.

Familienhaus von Johannes Titz
Quelle: zabytkoweinstrumenty.wordpress.com

Johannes Titz feierte am 5. April 1924 seinen 80. Geburtstag. Zu diesem Anlass wurde auch ein Harmoniumkonzert in Löwenberg organisiert. Am 31. Juli 1925 starb Titz in Löwenberg.

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