Mit zusätzlichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt konnte im Jahr 2020 für die deutsche Minderheit in Polen eine Reihe neuer Initiativen auf den Weg gebracht werden. Dazu zählt auch die „Deutsch AG“ des Verbandes deutscher Gesellschaften, ein Bildungsangebot für Schüler der siebten und achten Grundschulklassen. Mit 200 Gruppen und rund 1.500 Teilnehmern polenweit ist das Projekt trotz Corona-Beschränkungen ein voller Erfolg und wird auch 2021 fortgeführt werden.
Die „Deutsch AG“ ist entstanden, um Schülerinnen und Schülern der letzten beiden Grundschulklassen, die bis zur sechsten Klasse Deutsch als Minderheitensprache hatten, erweiterten Deutschunterricht auch in den siebten und achten Klassen zu ermöglichen. Seit 2018 gilt nämlich eine Neuinterpretation der Bildungsgesetze für die Minderheiten, wonach in den letzten beiden Grundschulklassen Deutsch nicht mehr als Fremd- und Minderheitensprache gleichzeitig unterrichtet werden darf. Die meisten Schüler verlieren damit zwei bzw. drei Unterrichtsstunden wöchentlich, je nachdem, ob sie sich entscheiden, Deutsch als Minderheiten- oder als Fremdsprache zu lernen.
„Dieser Entwicklung soll daher die „Deutsch AG“, die aus Mitteln des Bundesinnenministeriums finanziert wird, entgegenwirken. Zwei Stunden wöchentlich gibt es für die Gruppen, die angemeldet sind. Dabei geht es nicht nur um einen weiteren aktiven Gebrauch der Sprache, sondern auch um landeskundliches Wissen, was für die Regionen, in denen die deutsche Minderheit lebt, wichtig ist, denn es prägt auch die Identität der Minderheit. Es ist aber ebenso von Bedeutung für den späteren Berufsweg der Schüler. Wenn man sich auf dem Arbeitsmarkt umschaut, wird deutsche und englische Sprache verlangt. Gerade in der Oppelner Region ist es daher nicht nur ein Plus, sondern fast schon ein Muss“,
sagt Sybilla Dzumla, Koordinatorin des Projektes seitens des Verbandes deutscher Gesellschaften.
Erfolgreiches Jahr
So wie das erste Semester ab September 2020, so verlief auch das zweite ab Februar 2021 vor allem online. Das hat die Arbeit der Gruppen zwar erschwert, aber die Organisatoren waren auf alles vorbereitet und hatten einen „Corona-Notfallplan“. So konnte der Lehrplan für die Deutsch AG auch online durchgeführt werden.
Für Sybilla Dzumla allerdings ist das Wichtigste, dass wegen der Pandemie die teilnehmenden Gruppen im Semester 2021 nicht sichtlich weniger geworden sind. „Wenn in einigen Schulen Gruppen nicht mehr weitergemacht haben, so war es vor allem wegen der im Mai anstehenden Abschlussprüfungen für die Achtklässler, auf die sie sich vorbereiten wollten. Und da, wo sich ab Februar weniger Schüler gemeldet haben, wurden aus zwei Gruppen in einer Schule eine gemacht. Generell ist der Rückgang aber nur sehr gering“, sagt Sybilla Dzumla.
Die Deutsch AG fand vor allem in der Oppelner Region statt, in der es im jetzigen Semester 135 Gruppen gab, an zweiter Stelle lag die Woiwodschaft Schlesien mit 35 Gruppen. Die anderen waren auf die übrigen Regionen Polens, in denen die deutsche Minderheit in einer Diaspora lebt, verteilt. Sybilla Dzumla glaubt, dass im kommenden Semester vor allem dort ein Anstieg der Deutsch AG-Gruppen zu verzeichnen sein wird. „Das Verbot des gleichzeitigen Deutschunterrichts als Minderheiten- und Fremdsprache in den letzten beiden Grundschulklassen, das in Oberschlesien schon seit zwei Jahren gilt, wird erst ab diesem September z. B. in Ermland – Masuren vollständig umgesetzt und wir haben schon Signale, u. a. aus Neidenburg, dass da bestimmt mehr Gruppen entstehen werden, um den Verlust der Deutschstunden zu kompensieren.“
Jetzt bewerben
Schon jetzt kann man sich für die Deutsch AG anmelden. Der VdG informierte bereits die Kommunen, Schulen und Organisationen der deutschen Minderheit über die Bewerbungsmöglichkeit. Wichtig ist, dass die Deutsch AG in den Schulräumlichkeiten stattfindet, auch wenn es sich dabei keineswegs um regulären Deutschunterricht handelt. Daher sind es in erster Linie die Schulen, die ihre Teilnahme anmelden. „Ich appelliere aber auch an die Eltern, ihre Kinder in die Gruppen in den Schulen einzuschreiben, denn ich selbst bin Mutter eines Jungen in diesem Alter und weiß, dass die Jugendlichen die Bedeutung der Sprache oft noch nicht erkennen. Die Deutsch AG gibt aber wirklich die Möglichkeit, die deutsche Sprache noch besser zu beherrschen. Die Eltern sollten also diese Chance für ihre Kinder nicht verpassen“, sagt Sybilla Dzumla.
Alle wichtigen Informationen zur Deutsch AG gibt es auch der Internetseite www.vdg,pl oder per Telefon unter 77 454 78 78.
Rudolf Urban