Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Deutsch nicht nur für Deutsche

Zum ersten Jahrestag der Einreichung einer Petition von Eltern und Lehrern beim Bildungsministerium, die sich gegen die Reduzierung der Unterrichtsstunden für Deutsch als Minderheitensprache von drei auf eine pro Woche aussprachen, erinnert die deutsche Minderheit an die immer noch bestehende Diskriminierung und bittet um Unterstützung für eine neue Petition an den Bildungsminister.

 

Die erste Konferenz zum Thema Deutschunterricht wurde bereits am 8. März in Oppeln vom Verband deutscher Gesellschaften (VdG) organisiert. Wie die Vertreter der deutschen Minderheit betonen, betrifft das Problem jedoch nicht nur die Woiwodschaft Oppeln. Daher wurde auch in anderen Regionen Polens auf die anhaltende Diskriminierung einer Minderheitensprache hingewiesen, da andere Sprachen weiterhin drei Stunden pro Woche unterrichtet werden.

 

Ratibor

 

Der Vorsitzende der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen der Woiwodschaft Schlesien, Martin Lippa, betonte am Mittwoch in Ratibor unter anderem, dass Angehörige dieser Minderheit das Recht haben, vom polnischen Staat beim Unterricht ihre Muttersprache unterstützt zu werden, weil sie loyale Bürger Polens sind. Agnieszka Dłociok, Mitglied des Vorstands der Minderheit in der dortigen Woiwodschaft, wandte sich an den Bildungsminister und seine Zusicherungen, dass die Entscheidung über den Deutschunterricht als Minderheitensprache schnell geändert werde: „Wenn man Kindern etwas verspricht, muss man es auch halten“.

 

Agnieszka Dłociok vom Vorstand der SKGD in der Woiwodschaft Schlesien
Foto: screenshot/Mittendrin

 

Agnieszka Dłociok erinnerte damit an die Äußerungen von Przemyslaw Czarnek im Januar, als der Bildungsminister bei einem Gespräch im VdG angekündigt hatte, dass der Deutschunterricht spätestens ab September 2023 wieder drei Stunden pro Woche umfassen solle. Bislang wurden jedoch keine konkreten Schritte unternommen, wie der Abgeordnete der deutschen Minderheit Ryszard Galla auf der Pressekonferenz betonte. „Es sollte eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die ein System zur besseren Verteilung der Mittel für den Unterricht in den Minderheitensprachen ausarbeiten sollte, damit nur Angehörige der betreffenden Minderheit von diesem Unterricht profitieren können. Abgesehen davon, dass eine solche Arbeitsgruppe im Ministerium noch nicht eingerichtet wurde, ist es nicht unser Ziel, dass nur Angehörige der deutschen Minderheit diese Sprache als Minderheitensprache lernen sollen. Sowohl die Minderheit als auch die Mehrheit sollen das Recht haben, sie zu lernen.“

 

Der Bürgermeister von Groß Peterwitz Andrzej Wawrzynek (re.)
Foto: screenshot/Mittendrin

 

Aus diesem Grund haben einige Gemeinden beschlossen, den Unterricht aus ihrem eigenen Haushalt zu finanzieren. Groß Peterwitz gehört zu diesen Gemeinden, von denen es nur wenige in der Woiwodschaft Schlesien gibt. Ihr Bürgermeister Andrzej Wawrzynek erklärte während der Konferenz: „Dies ist ein großer finanzieller Aufwand für uns, aber weil wir wollen, dass sich unsere Einwohner entwickeln können, haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. Ich kann nicht verstehen, dass andere Minderheiten subventioniert werden können und die deutsche Minderheit nicht.“

 

Olsztyn

 

 

Ähnliche Fragen wurden einen Tag später von den Teilnehmern einer Pressekonferenz gestellt, die von der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit organisiert wurde. Lech Kryszałowicz, Chefredakteur der Zeitschrift der deutschen Minderheit “Mitteilungsblatt”, betonte, dass die Entscheidung von Minister Czarnek, nur der deutschen Minderheit zwei Unterrichtsstunden der Minderheitensprache vorzuenthalten, zu tragischen Situationen führt. „In unserer Woiwodschaft gibt es zwei Schulen – in Deutschendprf (Wilczęty) und Schlobitten (Słobity) – an denen Ukrainisch und Deutsch gleichzeitig als Minderheitensprachen unterrichtet werden. Und jetzt lernen in jeder dieser Schulen ukrainische Jugendliche drei Stunden pro Woche ihre Sprache und deutsche Jugendliche haben nur eine Stunde pro Woche. Wie soll man ihnen nun erklären, dass das fair ist? Ich weiß es nicht, aber der Minister soll sich um eine Erklärung kümmern”, sagte Lech Kryszałowicz.

 

Sebastian Jabłoński von der deutschen Minderheit in Sensburg sprach u.a. über die Zukunftsperspektiven der Kinder.
Foto: AGDM

 

Und Sebastian Jabłoński, Vorsitzender der deutschen Minderheit in Sensburg und Deutschlehrer, betonte: „Wenn man an die Zukunft denkt, an die Kinder und ihre Kompetenzen, ist diese Entscheidung sehr ungerecht. Deshalb fordern wir die Wiederherstellung des Status quo!“

 

 

Jarosław Słoma, Vorsitzender des Ausschusses für nationale und ethnische Minderheiten im Sejmik der Woiwodschaft Ermland-Masuren, betonte, dass die Angehörigen der deutschen Minderheit polnische Staatsbürger sind. „Sie werden jedoch zu Geiseln eines politischen Spiels, um die Unterstützung extremer, nationalistischer und fremdenfeindlicher Kreise zu gewinnen. Dies ist ein Spiel, das darauf abzielt, sich mit unserem westlichen Nachbarn zu streiten und ein Klima des deutsch-polnischen Konflikts zu schaffen”, sagte Słoma. Wiktor Marek Leyk, Bevollmächtigter des Marschalls der Woiwodschaft Ermland-Masuren für Minderheiten, sagte hingegen, dass die Entscheidung, die Zahl der Deutschstunden zu reduzieren, ein falsches Signal an andere Gemeinschaften sei. „Es bedurfte nur der Laune eines einzigen Abgeordneten (Janusz Kowalski, Anm. d. Red), und nach einer Woche war es Gesetz. Wenn man so die deutsche Sprache regelt, dann kann man so mit jeder Sprache und jeder Gruppe umgehen”, sagte Leyk.

 

Fragen an Bildungsminister Czarnek
Foto: Rudolf Urban

 

Auf beiden Konferenzen wurde eine neue Petition an den Bildungsminister vorgestellt, die fünf Fragen zur Zukunft von Deutsch als Minderheitensprache an Schulen enthält. Mehr zur Petition HIER

Rudolf Urban

Show More