Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

Deutscher: Das klingt stolz

Mit dem Landrat von Groß Strehlitz, Józef Swaczyna, sprach Krzysztof Świerc

 

Wie fühlen Sie sich: deutsch, schlesisch, polnisch?

Ich bin ein Deutscher. Natürlich bin ich auch Schlesier, aber für mich sieht es aus wie bei den Bayern, die sich auch als Deutsche fühlen, obwohl sie stark mit ihren bayerischen Wurzeln verbunden sind. Das ist eine Überzeugung, die ich von meinem Elternhaus gelernt habe, wo ich im deutschen Geist erzogen wurde. Von klein auf deutsch zu sein, war für mich etwas völlig Selbstverständliches und Normales. Das lag daran, dass ich fast die ganze Zeit in meinem eigenen Umfeld verbracht habe, weil es in dem Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, keine Zugezogenen gab. Doch als ich 1964 in Groß Strehlitz die Oberschule besuchte, stellte ich fest, dass ich „anders“ war. Ich kam damals in Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Teilen Polens, die mich wegen meiner Herkunft oft anschrien: du Goebbels, du Hanys.

 

Józef Swaczyna, der Landrat von Groß Strehlitz
Foto: J. Stemplewski

Schock, Wut, Fassungslosigkeit?

Fassungslosigkeit. Ich habe meiner Mutter davon erzählt, da ich nicht wusste und nicht verstand, was da vor sich ging. Meine Mutter erklärte mir schnell alles und von da an blieb ich gelassen, ich ließ mich von solchem Verhalten nicht mehr beeindrucken. Mehr noch, mit der Zeit machte ich zunehmend deutlich, dass ich deutscher Abstammung bin. Ich erinnere mich auch an die Zeit, als ich im Oppelner Bauindustriebetrieb Nr. 1 arbeitete. Das war ein typisch schlesisches Unternehmen, in dem hauptsächlich Schlesier arbeiteten, und sie kommunizierten oft auf Deutsch miteinander, auch in Brigaden. Sie zeichneten sich durch außergewöhnliche Fachkenntnis, Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Professionalität aus. Dadurch fühlte ich mich als Deutscher wirklich ausgezeichnet und ich verstand, dass „deutsch“ stolz klingt.

 

War es Ihr starkes Gefühl der nationalen Zugehörigkeit, das Sie veranlasste, sich der deutschen Minderheit anzuschließen, als diese gegründet wurde?

Eindeutig ja. Ich erinnere mich an diesen Moment, als wäre es gestern gewesen. Nicht einen Augenblick lang hatte ich Zweifel, dass ich ein Mitglied der deutschen Minderheit in Polen sein wollte. Übrigens habe ich bis heute keine Zweifel daran! Ich habe mich mit ganzem Herzen für diese Organisation eingesetzt und bin seit über 22 Jahren ein Kommunalbeamter im Auftrag der deutschen Minderheit. Auch hierauf bin ich stolz. Zumal ich dazu beigetragen habe, dass im Kreis Groß Strehlitzimmer noch die deutsche Minderheit regiert. Auf der zentralen Ebene bin ich seit vielen Jahren im Verband der polnischen Landkreise aktiv und bin dort mittlerweile in dritter Amtszeit Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Wie Sie sehen, hindert mich die Tatsache, dass ich ein Vertreter der deutschen Minderheit bin, nicht daran, solche ehrenvollen Funktionen wahrzunehmen. Im Gegenteil: Mit dieser Eigenart fühle ich mich richtig gut und sie gibt mir Kraft.

 

Sie haben also Ihre Nationalität bei der Volkszählung klar definiert?

Sowohl ich und meine Familie als auch meine Freunde und Bekannten von der deutschen Option haben keine Zweifel und Probleme, uns zu definieren. Ich bin mir meiner Werte, meiner Wurzeln, meiner Geschichte und meiner Herkunft bewusst, deshalb habe ich einmütig meine deutsche Nationalität eingetragen.

 

Es ist nicht einfach, in Polen ein Deutscher zu sein, deshalb haben einige Angst, ihr Deutschsein zuzugeben.

Das ist schade, denn es lohnt sich und man sollte es auch tun. Das sind wir unseren Eltern und Vorfahren schuldig, die auch Deutsche waren. Ich kann diejenigen nicht verstehen, die, beeinflusst durch verschiedene Lebens-, Arbeits- und persönliche Situationen, von einem Tag auf den anderen sagen, dass sie keine Deutschen mehr sind! Ein Deutscher ist man entweder schon immer gewesen und wird auch immer einer bleiben, oder aber man ist nie ein Deutscher gewesen und kann auch nie einer werden. Ich verstehe, dass es nicht einfach ist, ein Deutscher in Polen zu sein. Obendrein werden ständig antideutsche Töne gespielt. Auch in der Woiwodschaft Oppeln – Äußerungen einiger Politiker beweisen es deutlich. Trotzdem ist es meiner Meinung nach lohnend und sogar notwendig, ehrlich und anständig zu sein und sein Deutschsein nicht zu verstecken. In meinem Fall weiß jeder, dass ich Deutscher bin, was ich auf Schritt und Tritt betone, und das ist gut so. Es ist sehr gut!

 

Ist die Volkszählung Ihrer Meinung nach eine ausgezeichnete Gelegenheit, um Ehrlichkeit, Anstand und nationale Zugehörigkeit zu zeigen?

Ich denke, das ist geradezueine perfekte Gelegenheit. Jeder Deutsche sollte „deutsche Nationalität“ ankreuzen. Man darf keine Angst haben. Viele von denen, die jetzt zögern, haben bei der Beantragung des deutschen Passes als ihre Nationalität „deutsch“ eingetragen und sie haben dieses Dokument nun schon seit 20, 30 Jahren. Warum also haben sie jetzt Zweifel oder definieren sich anders? Es bedeutet, dass sie für bestimmte Vorteile einen deutschen Pass bekommen wollten, und jetzt, wo sie diese erreicht haben, sind sie keine Deutschen. Sie bekennen sich nicht zur ihren deutschen Wurzeln und verleugnen diese sogar manchmal aus Angst, etwas zu verlieren. Das ist schwach, unehrlich und feige. Es erinnert mich an das Verhalten gewisser Politiker in der polnischen Regierung, die einerseits enorme Profite aus der Europäischen Union ziehen wollen, andererseits aber gegen die EU sind und sich bestimmten Prinzipien und Regeln innerhalb der Union nicht unterordnen wollen.

Show More