Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Deutscher wird zum Problemfall

Foto 1: Das Denkmal Johann Samuel Kaulfuß ist in keinem guten Zustand Foto: Siegfried Raddatz/Wikimedia Commons.
Foto 1: Das Denkmal Johann Samuel Kaulfuß ist in keinem guten Zustand Foto: Siegfried Raddatz/Wikimedia Commons.

Unter den ehemaligen Bewohnern der pommerschen Stadt Neu Stettin (Szczecinek) gehört Johann Samuel Kaulfuß wohl zu den schillerndsten Persönlichkeiten des späten 18. und frühen 19 Jahrhunderts. Seine Arbeit als Lehrer war seinen Schützlingen ein Denkmal wert. Renoviert werden kann es aber trotz vorhandener Mittel nicht.

 

Bereits zu Beginn des Gesprächs über das Denkmal von Johann Kaulfuß scheint der heutige Schulleiter des ersten Lyzeums in Neu Stettin, Jerzy Kania, sichtlich irritiert. „Habt ihr denn nichts Besseres zu tun, als darüber zu schreiben? Hört doch auf!“, sagt er forsch. Tatsächlich musste sich Kania in der letzten Zeit vielen Fragen von Journalisten stellen, wo es sich doch um „ein so kleines Denkmal“ handelt.

 

Die Rede ist vom Denkmal eines Pädagogen, der sowohl für die Polen als auch für Deutsche wie ein Stammvater der modernen schulischen Erziehung gilt. Wie bei so mancher Gestalt der ehemaligen deutschen Ostgebiete ist die Nationalität von Kaulfuß Diskussionssache. In der polnischen Enzyklopädie wird er als Pole bezeichnet, in der deutschen als Deutscher. Tatsache ist, dass er einer deutschen Familie entstammte und sich doch stark für die polnische Sprache eingesetzt hat. Geboren wurde er 1780 zwar im Königreich Polen, doch studiert hat er in Halle, wo er zum angesehenen Literaturwissenschaftler reifte. Seine wahre Bestimmung war aber die Pädagogik. So wurde er zuerst Lehrer am späteren Friedrich-Wilhelm Gymnasium in Posen und danach Rektor an der Fürstin-Hedwig-Schule in Neu Stettin, die der Stadt bis heute erhalten blieb und die zur Zeit von Jerzy Kania geleitet wird.

 

„Von den Wurzeln der Schule wollen wir uns keinesfalls trennen“, versichert Jerzy Kania, denn auch er ist sich der Verdienste seines deutschen Vorgängers bewusst. In sieben Jahren seiner Tätigkeit brachte Johann Kaulfuß die bis dahin heruntergekommene Schule zu ungeahnter Blüte. Als er 1832 starb, hatte die Einrichtung über 200 Schüler, was für damalige Verhältnisse eine stattliche Anzahl war. Die Sympathie seiner Schützlinge war so groß, dass sie ihm ein beachtliches Grabmal spendeten. Viele Jahre später, als der Friedhof auf dem er beerdigt wurde, beseitigt worden war, wurde das Grabmal in den Garten seiner ehemaligen Schule umgesetzt, wo es bis heute steht.

 

Die Tatsache, dass sich Kaulfuß stark für die polnische Sprache eingesetzt hat, hat sein Denkmal sogar vor den polnischen Kommunisten gerettet, doch trotzdem setzten die Zeit und menschlicher Vandalismus der Skulptur stark zu. Viele Elemente des Denkmals wurden abgerissen und auch die Inschriften sind kaum sichtbar. Die Rettung für die Erinnerung an den Schuleiter schien jedoch von seinen Landsleuten zu kommen. Der Heimatkreis Neustettin, dessen Mitglieder deutsche Vertriebene aus der Stadt sind, entschloss sich 7.500 Euro zu spenden, um das Denkmal zu renovieren. Die Arbeiten sollten schon im letzten Jahr beginnen, doch dagegen stellte sich der örtliche Denkmalpfleger: „Keiner rührt in Neu Stettin irgendein Denkmal ohne meine Erlaubnis an und eine Erlaubnis habe ich nicht gegeben“, sagte damals Paweł Połom und gab keine weiteren Argumente an, was auf deutsch-polnische Ressentiments schließen lässt. Erst in den letzten Wochen lenkte der Denkmalpfleger ein und gab die Erlaubnis zur Renovierung.

 

Die Erlaubnis des Denkmalpflegers löst aber die Probleme nicht vollkommen. Jerzy Kania gibt zu, dass wegen der medialen Affäre rund um das Denkmal schon mehr als zwei Firmen, die es renovieren wollten, „ausgestiegen“ sind: „Der Streit hat dazu geführt, dass keiner mehr damit was zu tun haben will. Die Firmen, die es noch machen wollen, wollen das Doppelte dafür“, bemängelt Jerzy Kania.

 

Ob es nun die Renovierung des Denkmals gelingt, ist sich der Schulleiter mittlerweile alles andere als sicher. Den Streit rund um das Denkmal versteht er nicht, jedoch antideutsche Vorurteile will er nicht ausschließen. Am liebsten wäre es ihm jetzt „die Sache zu realisieren und das Geld abzurechnen“ und sich endlich wieder mit Angelegenheiten der Schule zu befassen.

 

Łukasz Biły

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