Eine Ausstellung im Breslauer Ethnographischen Museum, ul. Traugutta 113, stellt die Frage, wie das deutsche Erbe in den heutigen polnischen Westgebieten adaptiert wurde.
Noch bis zum 25. August können Besucher der Ausstellung „Adaptierte Gegenstände“ (Rzeczy przysposobione) im Breslauer Ethnographischen Museum testen, ob das deutsche Erbe immer noch Emotionen hervorruft – was ihr Schicksal ist – oder ob es vielleicht sogar im Trend liegt, sich der deutschen Vergangenheit anzunehmen.
Im Vorfeld dieser Präsentation wurde ein wissenschaftliches Projekt durchgeführt, in dem Anna Kurpiel von der Universität Breslau und Katarzyna Maniak von der Jagiellonen-Universität Krakau die Beziehung heutiger Breslauer und Stettiner (Szczecin) zur Vorkriegsgeschichte ihrer Städte untersuchten. „Wir fragten, ob sie Vorkriegsgegenstände besitzen, wie sie zu ihnen kamen und welchen Stellenwert sie diesen Objekten zuschreiben“, sagt Marta Derejczyk vom Ethnographischen Museum.
Anna Kurpiel und Katarzyna Maniak wollten wissen, wie man heute mit dem Begriff „des Deutschen“ in Bezug auf Gegenstände umgeht, ob dieses Deutsche als feindlich, bedrohlich, solide, wertvoll oder praktisch wahrgenommen wird. Sie besuchten Siedlungen, in denen Vorkriegsgebäude erhalten geblieben waren. Es waren etwa 20 Wohnungen in Breslau und ca. 20 in Stettin. „Wir gingen von Haus zu Haus, baten unbekannte Menschen, uns einen Einblick in ihre privaten Räume zu gewähren, uns Gegenstände zu zeigen und uns zu erzählen, wie sie sich in den Vorkriegswohnungen einlebten“, so Anna Kurpiel. Sie berichtet, dass ihnen Gegenstände gezeigt wurden, die oft nicht besonders wertvoll waren, aber einen emotionalen Wert hatten. Diese Gegenstände samt ihrer Geschichten, also Postkarten, Fotoalben, Porzellangeschirr, Kaffeemühlen, Flaschen oder ein Kleid mit Schal, das kurz nach Kriegsende auf dem Schwarzmarkt von Deutschen gekauft wurde, sind Teil der Ausstellung in Breslau.
Gegenstände mit emotionalem Wert
„Ein Briefbeschwerer mit dem Bild eines Kindes im Inneren löste in der Finderin Folgendes aus: Sie fragte sich, wie es möglich sei, dass ein so liebliches Gesicht ein deutsches Kind zeige, wo sie doch immer nur Geschichten von den bösen Aggressoren hörte“, berichtet Kurpiel.
Im Zentrum der Schau „Adaptierte Gegenstände“ (Rzeczy przysposobione) steht ein Ausziehtisch – eine niederschlesische Erfindung, die Robert Ruscheweyh aus Langenöls (Olszyna) im 19. Jahrhundert patentierten ließ.
Im Breslauer Stadtteil Gräbschen (Grabiszyn) lebt Teresa. Als ihre Eltern dort einzogen, mussten sie noch einige Monate lang mit den deutschen Eigentümern zusammenwohnen. Als diese vertrieben wurden, baten sie, dass eines der Bilder für immer dort hängenbleiben solle. „Für Teresa ist es schwer nachzuvollziehen, warum ausgerechnet dieses Bild den Deutschen so wichtig war, aber Teresas Eltern und sie respektierten den Wunsch dieser Deutschen. Das Bild wurde erstmalig für die Breslauer Ausstellung abgehängt“, so Kuratorin Derejczyk.
Eine Porzellanfigur, die drei Schweinchen zeigt, stammt aus Stettin. Gefunden hat sie Bogdana Kaźińska, als sie in den Fünfzigerjahren als Kind mit ihren Eltern und den beiden Schwestern in ein deutsches Haus einzog. Für die drei Kaźiński-Schwestern wurde die Schweinchenfigur zur Symbolik für ihre eigene „Dreiheit“.
Der Breslauer Künstler Jacek Zachodny sammelt deutsche Artefakte. Sie bedeuten für ihn eine „hybride Wirklichkeit der neuen polnischen Westgebiete“. Für die Ausstellung hat er Karten aus einem deutschen Schulatlas gespendet. Darin befinden sich Notizen deutscher Schüler und die seines aus Lemberg (Lwów) stammenden Vaters, der nach Kriegsende aus diesem Atlas lernte.
Lidia Barankiewicz stellte für die Ausstellung Postkarten der Familie Mainka zur Verfügung. Sie hat das Schicksal dieser Familie recherchiert und zum Teil zu ihrer eigenen Familiengeschichte gemacht. Ähnlich wie Magda Wozińska, die auf dem Dachboden einen Zeitungsschnipsel von 1928 fand. Für sie war klar, sie würde diesen „Schatz“ nicht wegwerfen. Sie hat diesen Fund eingerahmt und nun hängt er im Herzstück der Wohnung, über dem Küchentisch.