Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die G7-Länder eilen zur Hilfe

Die zweitägigen Konsultationen in Petersberg bei Bonn, bei denen ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine vereinbart wurde, sind beendet. Konkret hatten sich die Finanzminister der sieben Wirtschaftsmächte (G7) zum Ziel gesetzt, 15 Milliarden Dollar für ein Soforthilfepaket für die kriegsgeschädigte Ukraine aufzubringen.

Kiew braucht dieses Geld dringend, damit der Staat liquide bleibt und seine Aufgaben erfüllen kann. Die 15 Milliarden, die zunächst für drei Monate ausreichen dürften, sollen als Zuschuss (nicht als Kredit) in den Haushalt des ukrainischen Finanzministers fließen, der am ersten Tag der Konsultationen in Petersberg bei Bonn ebenfalls anwesend war. Am Ende des zweitägigen Treffens wurden weit mehr Mittel als erwartet zugesagt, nämlich 19,8 Milliarden Dollar. Bei 9,5 Milliarden handelt es sich übrigens um neue Mittel, auf die sich die Minister während des Treffens geeinigt haben, während der Rest aus anderen Töpfen, wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, stammt.

Kampf gegen hohe Preise

Die Amerikaner haben von Anfang an Druck ausgeübt, um die Forderungen der Behörden in Kiew zu erfüllen – und sie haben selbst 7,5 Milliarden Dollar aufgebracht. Am Nachmittag des ersten Tages kündigte der Gastgeber des Treffens, der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) an, er werde sich mit einer Milliarde Dollar an dem Paket beteiligen: „Die finanzielle Situation der Ukraine muss so beschaffen sein, dass sie die Verteidigungsbereitschaft des Landes nicht gefährdet“, sagte Christian Lindner auf der Pressekonferenz zum Abschluss des Treffens. Das zweite große Thema des Treffens in der über Bonn thronenden ehemaligen Gastresidenz der Bundesregierung war die weltweit steigende Inflation. Laut IWF-Chefin Kristalina Georgieva wird es für die Zentralbanken immer schwieriger, „die Inflation zu kontrollieren, ohne eine Rezession zu verursachen“. Denn das ist die Situation, in der sich die Hüter des Geldes befinden: Wenn sie die Schraube der Zinssätze zu sehr anziehen, werden sie den Aufschwung der Volkswirtschaften, die immer noch stark unter den Folgen der Pandemie leiden, abwürgen. Wenn sie zu wenig gegen die Währungsabwertung unternehmen, könnten die Folgen ebenso dramatisch sein. Die Tatsache, dass die russische Aggression gegen die Ukraine die Situation weiter verkompliziert, muss ebenfalls berücksichtigt werden.

Den Gürtel enger schnallen

Der deutsche Finanzminister bezeichnete auch die hohe Inflation in Deutschland als eine der größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft. Ziel müsse es sein, sie kurzfristig zu überwinden und zu einer Inflationsrate „in Richtung zwei Prozent“ zurückzukehren. Laut Christian Lindner sind die G7-Länder entschlossen, die Inflation mit „konsequenten Maßnahmen einzudämmen und die Wachstumskräfte zu stärken“. Dies bedeutet jedoch nicht, dass neue Konjunkturpakete aufgelegt werden müssen: „Im Gegenteil. Wir müssen auf solche Pakete verzichten, die während der Corona-Pandemie gerechtfertigt waren. Wir müssen jetzt den Gürtel in der Geldpolitik enger schnallen“, sagte Christian Lindner und wandte sich an seinen Sitznachbarn Joachim Nagel, den Chef der Bundesbank. Hinzugefügt sei, dass Joachim Nagel dieser These zustimmte. Er glaubt, dass die Zeit für eine Zinsänderung der Europäischen Zentralbank gekommen ist. Joachim Nagel, der auch Mitglied des EZB-Rates ist, rechnet mit einer ersten Zinserhöhung im Juli dieses Jahres und mit weiteren Erhöhungen in den späteren Monaten des Jahres 2022. Im Übrigen enthält das Abschlussdokument viele andere Themen, die während der beiden Tage diskutiert wurden.

Nächster Gipfel in Bayern

Zum Beispiel die routinemäßige Verpflichtung zur Öffnung der Märkte, aber auch die Aussage, dass die Energie- und Agrarmärkte „widerstandsfähiger“ werden sollen – was freilich nur eine allgemeine Aussage ist, denn staatliche Markteingriffe sind ein umstrittenes Instrument, wie die aktuelle Diskussion um die sogenannten Kraftstoffrabatte einmal mehr zeigt. Im Abschlussdokument wird auch die hohe Verschuldung vieler Entwicklungsländer erwähnt. Ziel sei es, „zu handeln, bevor die Krise eintritt“, sagte Christian Lindner und verwies auf analoge Initiativen der G20, in denen alle G7-Länder vertreten sind. Die G7 bekräftigte auch ihr Ziel, jährlich 100 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Entwicklungsländer, insbesondere jener vom Klimawandel betroffenen Länder, bereitzustellen. Dieses Thema wird seit vielen Jahren auf Klimakonferenzen sowie auf G7- und G20-Treffen angesprochen. Die nächste Gelegenheit, darüber zu sprechen, wird es wohl beim Gipfel der G7-Staats- und Regierungschefs geben, der ebenfalls Ende Juni in Deutschland, genauer gesagt auf Schloss Elmau in Bayern, stattfinden wird.

Johann Engel

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