Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Gemischte Gefühle

In wenigen Tagen treffen wir uns in der Breslauer Jahrhunderthalle zum Kulturfestival der deutschen Minderheit. Ich hatte die Ehre, die letzten Ausgaben zu eröffnen und habe in meinen Worten immer wieder auf die Freude an der deutschen Identitätsbildung hingewiesen, aber auch auf die Schwierigkeiten, die auf diesem Weg auftauchen und aus Schwächen der Minderheitenpolitik, der fehlenden Realisierung der Bestimmungen europäischer Dokumente oder der fortgesetzten Nichtnutzung des Potenzials der polnisch-deutschen Beziehungen bestehen.

Aber ich hätte nie gedacht, dass wir ein weiteres Fest der deutschen Kultur in Polen in einer Situation feiern würden, in der die Freude so schwierig geworden ist. Die Diskriminierung, die in Warschau gegen uns erfunden wurde, sollte uns aber hier in Schlesien, Pommern, Ermland und Masuren zu einem stärkeren Zusammenhalt führen. Zumal alle, auf die sich die Deutschen in Polen verlassen haben, uns bisher im Stich gelassen haben. Die Klage an die Europäische Kommission steckt auf den Schreibtischen der Eurokraten fest, die wahrscheinlich nicht bemerkt haben, dass 50.000 Kinder, die von der polnischen Regierung diskriminiert werden, im September das Schuljahr begonnen haben. Die EU-Abgeordneten haben es wahrscheinlich auch nicht bemerkt, da es schwierig ist, Bemühungen ihrerseits in dieser Angelegenheit zu sehen. Die schwache politische Reaktion der Bundesregierung und die völlige Hilflosigkeit der Reste polnischer demokratischer Institutionen wie des Senats oder des Ombudsmanns gegenüber der Intoleranz sollten uns bewusst machen, dass wir als polnische Bürger deutscher Nationalität einsam sind angesichts der Feindseligkeit der Koalitionspolitiker.

Das wiederum bedeutet, dass wir uns entweder der Autorität ergeben, die uns unsere bürgerliche Würde raubt und es unseren Familien schwer macht, die deutsche Identität der Schlesier, Ermländer und Masuren auf der deutschen Sprache zu gründen. Oder wir werden umso mehr jede Gelegenheit zum Lernen, aber vor allem zum Gebrauch der Sprache nutzen. Unsere Organisationen bieten viele außerschulische Projekte und Sprachkurse an. Aber denken wir daran, dass der Entzug der Sprache nur eine Seite der Denationalisierung ist – und die andere eine aufdringliche Polonisierung in Schullehrplänen, Medien und sogar kulturellen Projekten ist. Täglich vergiften die sogenannten öffentlichen Medien ihre Zuhörer mit Feindseligkeit gegenüber allem Deutschen und im sogenannten schlesische Pantheon im Kattowitzer Dom fand sich kein Platz für die herausragenden Schlesier deutscher Nationalität. Das sind nur einige Beispiele. All diese Aktivitäten werden aber auch mit unseren Steuern finanziert.

Fangen wir an, diese Vorhaben wachsam zu beobachten – und sie zu boykottieren. Es wird auch eine gute Vorbereitung auf die Wahlen im nächsten Jahr sein. Und die Anwesenheit am 10. September in der Jahrhunderthalle, auch wenn es eine Freude mit einem weinenden Auge ist, soll ein Bekenntnis eines jeden von uns zur Gemeinschaft der Deutschen in Polen und zu unseren Vorfahren sein. Wir sehen uns in Breslau.

Bernard Gaida

Titelfoto: Die Jahrhunderthalle in Breslau (Foto: Jar.ciurus/wikimedia.org)

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