Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Das Ehrenamt sehen

Der Internationale Tag des Freiwilligendienstes ging am Montag (05.12.) nur allzu unbemerkt vorüber. Mir gefällt jedoch der deutsche Name – Tag des Ehrenamtes – besser, da das Wort Ehreden Wert der gemeinnützigen Arbeit am besten beschreibt. Da ich persönlich mein ganzes Leben lang damit zu tun hatte, von meinen Schülerfunktionen in einer kommunistischen Schule bis zu meiner jetzigen Position als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten und Vizepräsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten, habe ich viele verschiedene Erfahrungen damit gemacht.

Im Sozialismus kam es mir nie in den Sinn, mich über echte gemeinschaftliche Vorhaben lustig zu machen, auch wenn es daneben viele Scheinhandlungen gab. Parteisekretäre ließen sich (auch heute noch) gern mit Krawatte fotografieren, wenn sie auf irgendeiner Baustelle einen Spaten in den Boden stachen, doch in der sozialistischen Misere arbeiteten oft ganze Städte ehrenamtlich, um Feuerwachen oder Schulen zu bauen. Und wie viele Kirchen gäbe es überhaupt in Polen, wenn sie nicht von Gemeindemitgliedern errichtet worden wären, die ihr „eigenes“ Gotteshaus haben wollten? Sie waren auch davon überzeugt, dass ihre Beteiligung an diesem Bauwerk eines Tages zu einem Verdienst vor Gott werden würde. Dass es ihnen als ein gutes Werk angerechnet würde.

Und hier berühren wir die Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit, die eine unbezahlte Anstrengung für das Gemeinwohl ist, um jemand anderem als sich selbst und seiner Familie zu helfen und sogar ohne Rücksicht auf eigene Interessen. Immerhin opfern Menschen, die ehrenamtlich arbeiten, Zeit und manchmal auch ihr eigenes Geld, das andere für ihre eigenen Angelegenheiten verwenden, für einen guten Urlaub oder Erholung. In der ersten Legislaturperiode des Gemeinderats von Guttentag nach den demokratischen Wahlen beschlossen die Ratsmitglieder, auf die ihnen zustehende Aufwandsentschädigung zu verzichten, weil sie der Meinung waren, dass für ehrenamtliche Arbeit keine Vergütung gezahlt werden sollte.

Ganze Lebensbereiche wären ohne diese „Menschen guten Willens“ nicht möglich. Feuerwehrleute, Menschen, die sich bei der Caritas oder bei den Johannitern in Hospizen engagieren, und in jüngster Zeit auch in der Hilfe für Ukrainer. Ohne diese Menschen hätte es auch keine deutschen Minderheitengruppen gegeben, die sich Ende der 1980er-Jahre in Hunderten von Städten spontan und ohne Finanzierung von Projekten zu organisieren begannen und für ihre Treffen zu Hause Kuchen backten und Bücher austauschten.

Und obwohl es heute Mittel für Projekte gibt, sind das ehrenamtliche Engagement und der Enthusiasmus der Mitglieder und vor allem der lokalen Verantwortlichen umso wichtiger, je weiter man von Oppeln, Ratibor oder Allenstein entfernt ist, was oft unterschätzt wird. Ohne sie gibt es keine deutschen Gemeinschaften in Schlesien, Pommern oder dem ehemaligen Ostpreußen. Daher sollte diese Aktivität, diese Anstrengung, dieses Engagement gelobt und unterstützt werden. Wir sollten dafür dankbar sein und daran denken, dass es neben den greifbaren Auswirkungen auch ein Zeichen für die Reife der Gesellschaft ist, die in unserem Land noch nicht sehr gut ist.

Bernard Gaida

Titelfoto: Anemone123/pixabay.com

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