Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

 Idée fixe

Vor Ostern habe ich es zwischen einer Reihe von Verpflichtungen geschafft, zwei kleine persönliche Projekte abzuschließen. Manchmal schleppen wir Dinge mit uns herum, für die wir seit Jahren keine Zeit mehr hatten, die uns aber immer wieder einfallen. Sie haben keine große Bedeutung, sie lösen keine Probleme im Leben, aber mit der Zeit werden sie zu einer fixen Idee. Wir haben das Gefühl, dass sie abgeschlossen werden müssen.

Meine beiden Projekte finden in Sachsen statt, das die Schlesier seit Jahrzehnten auf ihrem Weg nach Westen durchqueren. Wir kennen die Städte entlang der A4 auswendig: Bautzen, Dresden, Chemnitz (in der DDR Karl-Marx-Stadt) usw., aber verirren wir uns auch in sie? Wie sehr uns dieses mit Schlesien benachbarte Bundesland verbunden ist, daran erinnert uns die tragische Bombardierung Dresdens, bei der Tausende von schlesischen Flüchtlingen starben, aber wissen wir, wie viele Schlesier sich nach dem Krieg dort niederließen?

Ich hatte einen Onkel aus Waldenburg im Chemnitzer Raum und einen anderen aus Guttentag in der Stadt selbst. So lernte ich als Kind das Erzgebirge kennen und erkundete es mit der „Simson“ meines Onkels. In den 1970er-Jahren, als Jugendlicher, fand ich mich in einer Kirche wieder, wo ich im gotischen Altar die Ähnlichkeit mit dem Krakauer Marienaltar erkannte. Wie groß war meine Überraschung, als auf der Rückseite der Postkarte tatsächlich betont wurde, dass es sich um ein Frühwerk des Nürnberger Künstlers Veit Stoß handelte. Die Postkarte war verlorengegangen und ich konnte mich nicht mehr erinnern, ob es in Chemnitz, Plauen oder Zwickau war.

Letzte Woche, auf dem Rückweg vom Bodensee, machte ich einen Abstecher erst nach Plauen und dann nach Zwickau. Dort fand ich dieses Flügelaltarbild, obwohl Veit Stoß’ Werk in der Fastenzeit durch Gemälde des ebenso brillanten Nürnberger Malers Michael Wolgemut verdeckt wird. Eine fixe Idee ist gelöst und lokalisiert.

Eine andere wurde in Dresden geboren, wo ich vor Jahren im Landtag sagte, dass ich aus Guttentag komme. Daraufhin wurde ich von einem älteren Herrn angesprochen, der kurz nach dem Krieg in Riesa bei einem Meister aus Guttentag in die Lehre gegangen war. Nachdem er dorthin vor der Front geflohen war, übernahm er die Werkstatt, die ihm von der Witwe eines gefallenen Tischlers vermietet worden war. Das Fehlen eines Nachnamens bedeutete, dass ich heute unter allen Zimmerleuten in Riesa suchen musste, um endlich den Namen Kassner zu finden und seine Nachkommen zu besuchen, die immer noch Zimmerleute sind. Dies ist die zweite fixe Idee. Ich werde ein andermal mehr darüber schreiben.

Heute, in festlicher Stimmung, teile ich die Freude über die Lösung meiner Idée fixe, die Bereicherung, die sie mit sich bringt und das Gefühl, sie zu haben.

Bernard Gaida

Titelfoto: Google Maps

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