Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Reparationen

Das Problem der Kriegsreparationen, das – wie wir seit Jahren wissen – im Vorfeld von Wahlen in Polen immer wieder an die Oberfläche kommt, wird nun zunehmend hitzig diskutiert. Dennoch sollten wir versuchen, Abstand zu halten. Es heißt also, die Dinge im Auge zu behalten, aber ohne ein übermäßiges Engagement. Denn: Lohnt es sich, einem Thema zu viel Aufmerksamkeit zu schenken, das in Polen immer mal wieder heiß diskutiert wird, das die polnische Regierung aber seit Jahren nicht auf die Tagesordnung der Gespräche mit der Bundesregierung gesetzt hat? Vermutlich weil erfahrene Diplomaten wie auch viele Experten auf diesem Gebiet sehr wohl wissen, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gibt, aber auch, weil die materielle Verantwortung im Gegensatz zur moralischen Verantwortung für Kriegsverbrechen auf beiden Seiten trockenes Kalkül erfordert.

Die rechtliche Hinterfragung der Potsdamer Reparationsbeschlüsse und der späteren Beschlüsse der Volksrepublik Polen wird die Frage nach den anderen Beschlüssen von damals aufwerfen. Schließlich wurde dort die westliche Grenze des Gebiets, das der polnischen Verwaltung übergeben wurde, und die Vertreibung der Deutschen festgelegt. Bei einer materiellen Berechnung der Reparationsleistungen muss einerseits die Zerstörung Warschaus und anderer polnischer Städte, Fabriken und Infrastrukturen und andererseits das Eigentum und das wirtschaftliche Potenzial von Breslau, Gleiwitz, Beuthen, Stettin oder Allenstein sowie ganzer Regionen berücksichtigt werden. Die Zerstörung dieses Potenzials seit 1945 kann nicht an Berlin festgemacht werden. Prof. K. Ruchniewicz erklärt: „Im Dezember 1970, während des Besuchs von Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau, sprach das damalige polnische Staatsoberhaupt Władysław Gomułka die Frage der Reparationen an. Brandt war auf diese Situation vorbereitet. Er hatte eine sehr detaillierte Studie über die Verluste dabei, die Deutschland durch die Grenzverschiebung von Ost nach West erlitten hatte. Es wurde der Standpunkt vertreten, dass Polen durch die Übernahme der deutschen Gebiete bis zur Oder und Neiße hinreichend befriedigt worden sei (privater ehemals deutscher Besitz wurde in die Reparationsrechnung einbezogen).“

Vielleicht wird die Angelegenheit in diesem Jahr an Brisanz gewinnen, da angekündigt wurde, dass am 01.09. vollständige Berechnungen der von der Regierung zu ersetzenden Verluste veröffentlicht werden, was aber nichts an den oben genannten Tatsachen ändern wird. Ich habe heute in den Nachrichten gehört, dass der errechnete Betrag den Jahreshaushalt des polnischen Staates um ein Vielfaches übersteigen wird. Vielleicht werden all diese mühsamen Berechnungen möglicher Reparationen nicht angestellt, um sie angesichts der Inflation, der Energiepreise, des Wertverlusts des Złoty und der Probleme mit dem Nationalen Wiederaufbauplan zu erhalten, sondern um … von den eigenen Fehlern abzulenken, Deutschland die Schuld für den Rückgang des Lebensstandards zu geben und so die Emotionen der Wähler zu gewinnen, indem man ihnen einen Feind zeigt, gegen den man wieder „kämpfen“ muss.

Bernard Gaida

Titelfoto: Alexas_Fotos/pixabay.com

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