Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Gedanken sind frei

Assoziierte Katastrophen


Schlesien und der Glatzer Kessel sind eine Region mit einer turbulenten Geschichte, die viele Jahrhunderte zurückreicht. Wir kennen sie oft nicht, weil man sie jahrzehntelang nicht bekannt machen wollte. In Ermangelung von Geschichtskenntnissen war es einfacher, die These von der Rückkehr in das alte Piastenland zu „verkaufen“. Aber jede Begegnung mit Schlesien motiviert mich, die Puzzleteile, aus denen es besteht, zusammenzusetzen. Ich mag die Assoziationen, die uns durch diese reiche Geschichte ständig zum Nachdenken bringen. Als ich am Sonntag von meinem Besuch in Seitenberg (Stronie Śląskie) über Jauernig (Javornik) fuhr, vergaß ich nicht, dass ich mich im historischen Schlesien befand, aber wenn ich es vergessen hätte, wäre ich durch eine Karte, die in einem Gasthaus im Dorf Krautenwalde (Travná) hing, daran erinnert worden. Sie zeigt das Fürstentum der Bischöfe von Breslau mit seiner Hauptstadt Neiße, zu dem dieses Dorf gehörte und auf das es heute stolz verweist. Übrigens starb der letzte deutsche Bischof von Breslau mit dem Herzogstitel, Adolf Bertram, im Juli 1945 auf dem nahe gelegenen Schloss in Jauernig.

Als ich mir diese Karte am Sonntag ansah, war ich immer noch beeindruckt von den Bildern aus Seitenberg, zwei Monate nach dem Hochwasser. Das Stadtzentrum, obwohl bereits gesäubert, sieht immer noch eher wie ein Schlachtfeld aus, umgeben von Gebäuden ohne Mauern, mit kaputten Dächern, unterspülten Fundamenten und geschlossenen Brücken. Ein langer Marsch entlang der Biele (Biała Lądecka) führt über provisorisch geräumte Straßen, beschädigte Bürgersteige, auf denen noch Berge von ausrangierten Möbeln, Fahrrädern, Kühlschränken und Kinderwagen liegen. Ich lande in einem Vorort, in dem noch die ältesten niederdeutschen Häuser stehen, Fachwerk auf hohen Steinfundamenten. Aber dort stoße ich auch auf schöne, zweistöckige Holzhäuser im Stil der Schweizer Ferienorte mit Fassaden aus im Fischgrätmuster angeordneten Brettern, die aus der Ferne unberührt wirken, aber aus der Nähe sieht man, dass sie von Klebeband mit der Aufschrift „Bauaufsicht“ umgeben sind, weil ihre Fundamente teilweise vom Wasser weggerissen wurden.

Das Zentrum von Seitenberg sieht zwei Monate nach dem Hochwasser wie ein Schlachtfeld aus.

An diesen und an zahllosen anderen Häusern spuken aufgesprayte „NO GO“- und „EINTRITT VERBOTEN“-Aufschriften. Die meisten dieser alten Häuser werden aus dem Stadtbild verschwinden. Ihre Bewohner haben diese Häuser und das, was in ihnen war, verloren. Wenn ich an diese Menschen dachte, an denen ich an diesem Tag vorbeigekommen sein dürfte, musste ich an die deutschen Einwohner von Seitenberg denken, die 1946 dieselben Häuser und ihr Hab und Gut verloren haben, als sie sie verlassen mussten, wie auch ihre gesamte Heimat. Sie ließen ihre Möbel zurück, ihre Schlüssel steckten in der Tür, und obwohl „NO GO“ nicht an den Wänden stand, war es ihnen bereits verboten, ihre Häuser zu betreten. Diese unwillkürliche Assoziation macht deutlich, dass wir bei historischen Stürmen und Katastrophen oft zu wenig an konkrete Orte und konkrete Menschen denken.

Barnard Gaida

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