Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Stimme erheben

Ein Wochenende im April ist traditionell reserviert für zwei intensive Tage der Delegierten und Vorsitzenden der Gesellschaften der deutschen Minderheit in der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Eingeleitet wird es von der Jahresversammlung des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren (VdGEM). Seine Fortsetzung findet das Ganze in einer Arbeitstagung, die immer die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) organisiert. In diesem Jahr fanden die Veranstaltungen am 15. und 16. April wie üblich in Sensburg statt.

Es war ein äußerst durchwachsenes Jahr 2022, das Henryk Hoch, der Vorsitzende des VdGEM, während der Jahresversammlung im Sitz der Sensburger Deutschen Gesellschaft „Bärentatze“ den Delegierten der deutschen Vereine aus der Region vorstellte. Das lag weniger an finanziellen Problemen oder der allgemeinen Tätigkeit des Verbands, sondern vielmehr an äußeren Faktoren wie dem Krieg in der Ukraine, den kurzfristigen Wechseln des Kulturmanagers des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) und der VdGEM-Buchhalterin sowie der weiterhin schwelenden Frage hinsichtlich des Unterrichts in Deutsch als Minderheitensprache an den Schulen in Polen.

Der VdGEM-Vorsitzende Henryk Hoch mit Sebastian Jabłoński von der Sensburger ,,Bärentatze” und Rafał Bartek vom VdG (v.l.) Foto: Uwe Hahnkamp

Von außerschulischen und schulischen Plänen …

Dieses Thema nahm sowohl bei der Jahresversammlung, die in diesem Jahr recht kurz ausfiel, da keine Wahlen anstanden, als auch bei der Arbeitstagung, die im Anschluss im Sensburger Hotel „Anek“ stattfand, breiten Raum ein. Rafał Bartek, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), der aus Oppeln (Opole) angereist war, stellte die vielfältigen Projekte des VdG zur außerschulischen Sprachbildung, die die verminderte Stundenzahl aufzufangen versuchen, in den Mittelpunkt seiner Ausführungen.

Ein anderer Weg ist die Gründung von zweisprachigen Schulen in Trägerschaft der deutschen Gesellschaften. „Zwar gibt es Hürden bei der Gründung, auch finanzielle bei der Renovierung von potenziellen Schulgebäuden – und es gilt, entsprechende Lehrkräfte zu finden“, sagte Rafał Bartek. „Aber wenn sie errichtet ist, ist die Schule unabhängig von Gebietskörperschaften, und die Finanzierung steht dank der staatlichen Gelder für die Schüler.“

Der VdG-Vorsitzende Rafał Bartek entwickelte Gedanken zum Deutschunterricht in Polen Foto: Uwe Hahnkamp

… über die Strategie der deutschen Minderheit …

Der Themenkomplex „Schule und Sprache“ ist auch Teil der neu erarbeiteten Strategie der deutschen Minderheit in Polen für die Jahre 2023 bis 2027. Diese stellte in einem Vortrag Michał Schlueter vom Vorstand des VdG vor. Neu darin ist eine konsequentere Vermittlung eines modernen Bildes der Minderheit mit einer PR-Abteilung zur Bündelung der Kräfte. Das Engagement der Mitglieder, insbesondere auch der Jugendlichen, soll gefördert und neue Mitstreiter sollen gewonnen werden.

„Dabei hilft uns, wie wir bereits jetzt sehen, unser Einsatz für die Menschen, die von der Kürzung der Deutschstunden betroffen sind. Sie nehmen unser Angebot wahr“, so Joanna Hassa, die Geschäftsführerin des VdG, die die Vorstellung des Verbandes übernahm. Das Thema des Sprachunterrichts der Minderheit muss, da sind sich alle drei Vertreter des VdG einig, im Gespräch und sichtbar bleiben. „Erheben Sie Ihre Stimme, damit wir überall, wo Kinder betroffen sind, gehört werden“, appellierte Rafał Bartek.

Michał Schlueter vom VdG -Vorstand referierte über die Zukunftsstrategie der deutschen Minderheit in Polen Foto: Uwe Hahnkamp

… zu Zukunftsvisionen in Steinort

Von der Dominanz anderer Themen überlagert werden zurzeit auch Projekte wie die Sanierung des Schlosses Steinort (Pałac w Sztynorcie), zu der Dietmar Böttcher von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz (Niemiecko-Polska Fundacja Ochrony Zabytków Kultury) referierte. Es fließen auch im Jahr 2023 umfangreiche Gelder in das Gebäude, die aber ausschließlich zu dessen Notsicherung dienen.

„Solche Maßnahmen zu Stabilisierung, Drainage oder einer nachhaltigen Konstruktion des Dachs sind teuer, von außen aber oft nicht sichtbar“, bedauerte Dietmar Böttcher. Beim Wiedereinbau der Zwischendecken wird sich das aber ändern. Wichtig ist jedoch, wie auch der Vorsitzende der LO, Stephan Grigat, betonte, der vor Kurzem Steinort besucht hat, dass eine Konzeption zu späteren Nutzung vorliegt, die sich selbst finanziell trägt.

Dietmar Böttcher (links) während seines Vortrages zum Schloss Steinort Foto: Uwe Hahnkamp

Die Teilnehmer schlugen sich wacker bei der Bearbeitung und Diskussion der verschiedenen Themen, auch bei intensiven Gesprächen in den Pausen. Ihre Kondition reichte bis zum Ende der Arbeitstagung am Sonntagmittag mit einem gemeinsamen Mittagessen und einem deutschsprachigen katholischen Gottesdienst im nahe gelegenen Bischofsburg (Biskupiec). Bleibt zu hoffen, dass die Themen bei der Ausgabe der Veranstaltungen im nächsten Jahr positiver werden.

Uwe Hahnkamp

Zur Bündelung von Informationen zu Sprach- und Bildungsprojekten hat der VdG die Plattform zum Thema Deutsch als Minderheitensprache „www.supereule.pl“ geschaffen, auf der unter anderem Wettbewerbe, Schulungen, rechtliche Vorschriften sowie Informationen und eine Stellenbörse für Lehrerinnen und Lehrer zu finden sind.

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