Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Die Wolfskinder von Ostpreußen

Plakat des preisgekrönten Films „Wolfskinder“ von Rick Ostermann aus dem Jahr 2013 Quelle: http://de.moviepedia.wikia.com/wiki/Wolfskinder
Plakat des preisgekrönten Films „Wolfskinder“ von Rick Ostermann aus dem Jahr 2013
Quelle: http://de.moviepedia.wikia.com/wiki/Wolfskinder

Am Ende des Zweiten Weltkriegs und kurz danach verloren viele Kinder in Ostpreußen ihre Eltern oder den Kontakt zu ihnen. Besonders im nördlichen Teil blieben sie meist auf sich allein gestellt. Diese „Wolfskinder“ waren Thema eines Vortrags von Dr. Ralf Meindl, Kulturmanager des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) beim Verband der deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, am 3. März beim Verein in Elbing.

 

Beim Begriff Wolfskinder denkt man für gewöhnlich an Kinder, die in der Wildnis mit Hilfe von Tieren, vor allem Wölfen, überleben. Kaum jemand macht sich Gedanken, wie dieses Kind in diese Situation gerät. Während in Polen elternlose Kinder im Waisenhaus landeten und dort die schwere Zeit nach dem Krieg überlebten, sah das im Königsberger Gebiet anders aus. „Die sowjetische Verwaltung kümmerte sich nicht um die Menschen. In Polen zerstörte die Rote Armee willkürlich Höfe, Dörfer und Städte, im sowjetischen Teil Ostpreußens auch die Bauernwirtschaften“, fasst Dr. Ralf Meindl die schwierige Situation zusammen. Die Ernährungslage war miserabel, es gab kaum selbstständige Bauern, bei denen die verlorenen Kinder betteln oder stehlen konnten. Sie mussten sich im Wald verstecken und konnten einander höchstens in kleinen Gruppen helfen.

 

Das spätere Los dieser Kinder ist individuell sehr verschieden, lässt sich aber in drei Kategorien einteilen, so Dr. Ralf Meindl: „Die einen konnten wegen fehlender Papiere und Ausbildung kaum mehr als Hilfsarbeiter werden und bekommen bis heute eine sehr geringe Rente, die zweiten wurden in Litauen von Bauernfamilien zum Teil wie eigene Kinder aufgenommen und bekamen die Chance, die Wirtschaft weiter zu führen, und die dritten kamen infolge der bis zum Jahr 1950 dauernden Aussiedlungen durch die Sowjetunion nach Deutschland.“

 

Manche fanden sogar ihre Familien wieder. Doch die fehlenden Papiere verhinderten nicht selten eine Anerkennung – nicht nur durch die Verwandten, sondern auch durch den deutschen Staat.

 

In Litauen unterstützt heute der Verein Edelweiß Wolfskinder die vergessenen Kinder unter anderem bei der Suche nach Dokumenten oder rechtlichen Fragen. Viele sind nicht mehr am Leben, in Litauen schätzt man ihre Zahl auf weniger als 100 Personen. Ihre Gesamtzahl ist schwer zu schätzen, haben sich doch viele in die Gesellschaft des Staates, in dem sie leben, integriert. Dass ihr Schicksal nicht vergessen wird und ihre Erfahrungen nicht verloren gehen, dazu haben Sonya Winterberg mit ihrem Buch „Wir sind die Wolfskinder“ und Rick Ostermann mit seinem preisgekrönten Film „Wolfskinder“ aus dem Jahr 2013 beigetragen.

 

Bei der Veranstaltung in Elbing wurde jedoch nicht nur über Wolfskinder gesprochen. Im Rahmen einer anschließenden Fragerunde hatten die mehr als 20 Gäste die Möglichkeit, von zwei anwesenden Wolfskindern mehr über deren persönlichen Schicksale zu erfahren.

 

Wer den Vortrag von Dr. Ralf Meindl selber hören will, kann ihn am 29. April beim Verein in Bartenstein miterleben. Dann wird er mit seinem Thema „Wolfskinder“ dort erwartet.

 

Uwe Hahnkamp

 

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