Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Nürnberger in Ermland-Masuren (Teil I)

 

 

Uwe Hahnkamp, unser wichtigster Redakteur in Allenstein, feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum. Seit 20 Jahren lebt er – er selbst ist gebürtiger Nürnberger – in Ermland-Masuren. In dieser Ausgabe und den zwei folgenden wird er für uns einen Blick zurückwerfen und uns von den größten Abenteuern der vergangenen 20 Jahre erzählen.

 

Es sollte eine kurze berufliche Erfahrung sein und wurde ein Sprung in ein neues Leben. Denn ursprünglich waren nur ein bis zwei Jahre als Kulturassistent des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) beim Verband der deutschen Gesellschaften im ehemaligen Ostpreußen (VdGeO) geplant. Aus den ein bis zwei Jahren wurden – 20 Jahre.

 

Das Gesicht Allensteins und Ermland-Masurens hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend verändert: Deshalb fällt es nicht leicht, heute durch die Straßen Allensteins zu streifen oder durch die Woiwodschaft Ermland-Masuren zu fahren und sich dabei an die Situation vor 20 Jahren, im Herbst 2000, zu erinnern. Sich zu erinnern zum Beispiel, wie lang – mit großem Rucksack, kleinem Rucksack und Gitarre – der Weg vom Bahnhof entlang der ulica Dworcowa in die damalige Dienstwohnung werden konnte. Oder sich zu erinnern, wie umständlich es mitunter war und wie gut man selbst als geübter Reisender mit öffentlichen Verkehrsmitteln vorausplanen musste, um in der frisch entstandenen Woiwodschaft ohne eigenes Fahrzeug irgendwohin zu kommen. Und das ohne Handy.

 

Mit dem Zug und viel Geduld nach Allenstein

Bram Stoker hat in seinem Roman „Dracula“ zu Beginn sinngemäß geschrieben: „Je weiter man nach Osten kommt, desto unpünktlicher und langsamer fahren die Züge“. Dieses Eindrucks konnte man sich damals und kann man sich manchmal bis heute nicht erwehren. Bis Berlin und Posen ging es sehr schnell, bis zum Umsteigeort Hohensalza/ Inowrocław mit seinen besonders unverständlichen Lautsprecheransagen auch noch. Der Zug von dort über Thorn, Deutsch Eylau und Osterode nach Allenstein verlangte dem übermüdeten Reisenden dann aber den Rest seiner Geduld ab.
In Allenstein führte der Weg vom Komplex des Hauptbahnhofs und des Autobusbahnhofs über den Bahnhofsvorplatz am damals noch geöffneten und stehenden Hochhaus des Hotels „Gromada“ vorbei in die ulica Kościuszki. Dort im Eckhaus Nummer 3 befand sich im Erdgeschoss das Büro des VdGeO. Kurze Zeit später zog der VdGeO dann in ein höheres Stockwerk um, was den überwiegend älteren Gästen des Verbands leider nicht gerade entgegenkam.

Und doch war es eine strategisch günstige Lage für Fahrten in die Region und ohne eigenes Auto. Ob in alten klapprigen Bussen über die damals noch nicht gut ausgebauten Straßen Richtung Bischofsburg, Sensburg und weiter nach Angerburg. Oder mit dem Zug über Korschen mit dem damals noch notwendigen Wechsel der Lokomotiven in Richtung Rastenburg, Lötzen oder Lyck oder nach Norden und Westen nach Mohrungen, Preußisch Holland und Elbing oder nach Osterode und Deutsch Eylau – es dauerte oft stundenlang, um zu den Menschen zu gelangen, auf die es ankam: zu den Mitgliedern der deutschen Minderheit.

 

5. Jahrestag von „Saga“: der damals 34-Jährige Uwe Hahnkamp zusammen mit Danuta Niewęgłowska und Jadwiga Piluk

 

Allen bekannt und fast niemanden kennen

Schwerpunkt meiner Arbeit war vor allem die Unterstützung der Kulturarbeit. Daneben arbeitete ich auch in der Monatsschrift „Mitteilungsblatt“ mit und zusätzlich bei der wenig später gegründeten Radiosendung „Allensteiner Welle“. Erste große Herausforderung, quasi als Erbe der ersten Kulturassistentin Elisabeth Kallenbach, war die bereits vorbereitete 10-Jahres-Feier der deutschen Gesellschaften und die erste Ausgabe des zusammen mit der ukrainischen Minderheit organisierten Kulturfestivals „Unter einem gemeinsamen Himmel“. Nach meinen Auftritten und der Moderation dort kannten mich zwar alle Gäste als den neuen Kulturassistenten. Das sah in anderer Richtung aber ganz anders aus. Aber nicht lange.

Denn es galt, alle Mitglieder der Deutschen Minderheit vor Ort, in ihren Gesellschaften, zu erleben – was leider selbst in zwei Jahren in der Region nicht überall gelang.

Einer meiner ersten offiziellen Besuche führte mich im Oktober 2000 nach Bartenstein, kurz vor die Grenze von Polen zum Königsberger Gebiet. Die Kindertanzgruppe „Saga“ der dortigen Gesellschaft der deutschen Minderheit hatte zum 5. Geburtstag eingeladen, mit Kindersekt und lebhafter Stimmung – und einer großen Bitte der Leiterin Danuta Niewęgłowska: Sie wollte eine Tanz-Werkstatt für ihre jungen Tänzer auf die Beine stellen. Aus dieser Bitte wurden schließlich zwei lange Wochenenden für die Kindertanzgruppe „Saga“ mit Gregor Swoboda aus Schlesien, der der Gruppe seither verbunden blieb. Die Tanzgruppe „Saga“ konnte sich also wunderbar entwickeln und existiert erfolgreich bis heute. Und eine kleine, blonde Tänzerin von damals – Danutas Tochter Dorota Cieklińska – trainiert die Kleinen jetzt selbst.

 

Viele neue Pläne und ein eng gesteckter Terminplan

Wie viel ließ sich doch manchmal mit wenig Geld erreichen aus den Mitteln, die das ifa damals den Kulturassistenten zur Verfügung stellte.

Unzählige Kilometer und viele weitere Projekte folgten – denn die Gesellschaften der deutschen Minderheit sind in der Woiwodschaft Ermland-Masuren weit verstreut und die Ideen der Mitglieder vielfältig.

Hinzu kam noch, ebenfalls direkt am Anfang, der Kontakt zum Germanistik-Institut der gerade neu entstandenen Ermländisch-Masurischen Universität in Allenstein. Auch hier bat man um Zusammenarbeit und Unterstützung.
Es war also ein eng gesteckter Terminplan in diesen zwei intensiven Jahren. Aber dank der jungen Studierenden aus der deutschen Minderheit ergaben sich auch Synergie-Effekte und so zeichnete sich eine Vernetzung von vielen unterschiedlichen Gruppen schon bereits damals ab.

Aber das ist eine andere Geschichte…

 

Fortsetzung folgt: In den nächsten Ausgaben gibt es dann den zweiten Teil und dritten Teil von Uwe Hahnkamps „20 Jahre in Ermland-Masuren“.

 

Text und Bilder: Uwe Hahnkamp

 

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