Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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„Ein Park von 100 Wunderleien“

Der Schlosspark in Carlsruhe aus dem 18. Jahrhundert war noch vor wenigen Jahren ein dichter Wald, der aber zahlreiche Geheimnisse barg. Derzeit laufen im kleinen englischen Teil und dem französischen Teil des Parks Bau- und Gartenarbeiten auf Hochtouren, um den einstigen Glanz der Anlage wiederherstellen. Doch schon heute lohnt es sich, diesen besonderen Park mit seinen Naturschätzen zu besuchen. Liebhaber naturbelassener Flächen kommen in Carlsruhe auf ihre Kosten.


Karl Christian Erdmann von Württemberg-Oels erbte den Landkreis Oels, wo er keine entsprechenden Wälder zum Jagen fand. Seine Jagdlust führte ihn nach Carlsruhe, wo er zuerst 1748 einen Tiergarten mit einem kleinen Hölzernen Jagdschloss als Sommerresidenz erbauen ließ. Es dauerte nicht lange, dass ihn der Ort in seinen Bann zog. Karl Christian Erdmann wurde er hier auf Dauer sesshaft. „Er nutzte die Idee der Renaissance für das Ideal einer Stadt und errichtete aus acht Teilen einen symmetrisch aufgebauten Ort, auf dem Grundriss eines Oktagon. So entstand ein achtstelliger Stern. Das war der Kern, auf dem hat man dann die Straßen und andere Gebäude aufgebaut. Ein Achtel davon – das ist der Park“ erklärt Hubert Kołodziej, Vorsitzender des Vereins Carlsruhe.

Seen
Der Park zählt insgesamt 193 ha. Um den hohen Grundwasserspiegel auf dem Gebiet zu bändigen, ließen die Württembergs künstliche Seen bauen, diese mit Kanälen verbinden, sodass sie mit einem Kanu erreichbar waren. Beim Bau der Seen und Pflege des Parks wurden zahlreiche Arbeitskräfte gebraucht. Nach Carlsruhe siedelten immer mehr Menschen um. Der Park diente zur Erholung der Bewohner von Carlsruhe, und die Seen auch zur Fischzucht. Am Schwedenteich stand das Schwedenschloss. „Dahin wurden immer die Hauptgäste des Herzogs eingeladen: König Wilhelm II., Kaiserin Maria Fiodorowna oder berühmte Generäle Friedrichs des Großen“, konnte Hubert Kołodziej den Quellen entnehmen.

Der Mathildentempel in der Nähe des Parkplatzes an der Woiwodschaftsstraße 454
Foto: Manuela Leibig

Mathildentempel
In der Nähe des Parkplatzes an der Woiwodschaftsstraße 454 gibt es alte Weymouth-Kiefern mit ihren großen Zapfen zu bewundern. Während des Spaziergangs stolpern die Besucher über verschiedene Bauten: ”Es ist der größte Park in unserer Region. Das ist der ehemalige Park von ‚100 Wunderleien‘, so wurde er genannt. Einige von ihnen sehen wir im Umkreis von ca. 200 Metern“, erzählt Hubert Kołodziej am Mathildentempel den Gruppen von Touristen, die er durch den Park begleitet. „Hier sehen wir den Mathildentempel, der 1825 umgebaut wurde. Vorher stand hier der Apollo Tempel. Im Jahre 1825 starb die Herzogin Mathilde, paar Tage später ihr neugeborener Sohn. Der Herzog wollte zum Andenken an seine Frau Mathilde und das Kind eine Spur hinterlassen. Deshalb haben wir nach dem Umbau hier den Mathildentempel. Ich denke, spätestens an dieser Stelle verstehen wir, warum der Park als eine romantische Stelle, ein Paradies oder eine Idylle bezeichnet wurde. Der Tempel steht auf einer Insel mitten in einem See, was ihn davor bewahrt hat, unmittelbar nach dem Krieg auseinandergenommen oder später devastiert zu werden“, erzählt Hubert Kołodziej.

 

Elysium
Auf dem ehemaligen Minerva Hügel befindet sich jetzt eine Skulptur Friedrichs des Großen: „genauer gesagt, ein Torso von ihm. Das ist nach dem Zweiten Weltkrieg so geblieben. Es ist das einzige Denkmal von Friedrich dem Großen in Polen“, weiß der Vorsitzende des Vereins Carlsruhe. In unmittelbarer Nähe befindet sich das berühmte Elysium, wo einst die Statue Friedrichs des Großen stand: „Ringsherum in den wunderschönen Nischen befanden sich Standbilder seiner berühmten Generäle. Aber gleichzeitig wollte der Herzog seiner Frau eine Überraschung bereiten. Auf einer Wand war ein wunderschönes Bild aus ihrer Heimatstadt in Deutschland. Das war für die Herzogin wirklich eine Überraschung. Vor dem Krieg befand sich auf dieser Wand ein Bild von unserem Schloss hier in Carlsruhe. Nun ist nur noch die Wand stehengeblieben“, bedauert Hubert Kołodziej.

Der berühmte Löwe von Carlsruhe neben den wohl ältesten Rhododendrons in Schlesien steht nicht mehr im dichten Wald. Der renovierte Park in Carlsruhe soll in Kürze eröffnet werden.
Foto: Manuela Leibig

Renovierung
Hubert Kołodziej freut es sehr, dass der alte Glanz des französischen und englischen Gartens wiederhergestellt wird: „Ich möchte die riesigen Bemühungen der Gemeinde betonen. Hier arbeiten Fachleute aus EU-Projekten, die großartige Arbeit leisten. Nun erleben wir die Wiedergeburt des Paradieses der Württemberger. Und das sind wir ihnen auch schuldig. Denn die Zerstörungen ab 1945 waren furchtbar. Der Ort erlebte auch die Oberschlesische Tragödie, die hier besonders schrecklich war. Spätere Vernichtungen resultierten aus der stalinistischen Politik in der Nachkriegszeit“, zählt Hubert Kołodziej auf.

Schätze
2022 wurden in Deutschland Schätze derer von Württembergs in einem Auktionshaus versteigert. Hubert Kołodziej informierte darüber alle an der Geschichte von Carlsruhe interessierten Museen und Institutionen. Es gelang dem Museum des Oppelner Landes, für 40.000 Euro zahlreiche Schätze bei der Auktion zu erwerben. Alle bei der Auktion verkauften Wertsachen hatten einen Gesamtwert von über 2 Millionen Euro. Doch die Hauptbesonderheit war die Überraschung durch die Herzogin Sophie: „Sie schenkte unserem Museum in Oppeln einen ganzen großen LKW mit Möbeln, Büchern, Bildern, Porzellansammlungen, Glassammlungen, einigen Graphiken und Dokumenten. Ich hoffe, dass einige dieser Kostbarkeiten auch zukünftig in das Heimatmuseum nach Carlsruhe kommen, denn wir wollen so eines gründen“, verrät Hubert Kołodziej.

Manuela Leibig

 

Eine Gelegenheit, den Park zu besuchen, gibt es schon Anfang Juni. Dann wird in den Kirchen in Carlsruhe wieder ein musikalisches Fest gefeiert – und zwar das „Musikfestival der historischen Parks und Gärten. Zu Ehren von Carl Maria von Weber“, benannt nach dem deutschen Komponisten Carl Maria von Weber, der in Carlsruhe weilte. Das 20. Festival findet vom 8. bis zum 10. Juni statt. Am 8. Juni um 16 Uhr und am 9. Juni um 17 Uhr jeweils in der evangelischen Kirche in Carlsruhe. Am 10. Juni ist in der katholischen Kirche um 18 Uhr die Heilige Messe und im Anschluss um 19 Uhr ein Konzert. Gespielt werden Werke von Weber, Joseph Elsner und Franz Schubert. Das genaue Programm der Konzerte finden Sie auf der Internetseite gminapokoj.pl

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