Wochenblatt – Gazeta Niemców w Rzeczypospolitej Polskiej

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Ein Problem der Großstädte

Eine jüngste Expertenstudie des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft e.V. (IW) zeigt: In Deutschland werden zwar viele Wohnungen gebaut, aber der Bedarf liegt noch ein Stück weit höher, zudem baut man oft am falschen Ort.

 

In Stuttgart ist die Nachfrage nach neuen Wohnungen nur zu 56 Prozent abgedeckt
Foto: Julian Herzog/Wikipedia

 

Neueste Berechnungen zeigen, dass in den letzten drei Jahren in Deutschland mehr als 283.000 Wohnungen jährlich entstanden sind. Das ist zwar nicht gerade sehr wenig, aber dennoch ein Fünftel unter dem Bedarf. Um die Nachfrage zu decken, müssten in diesem und im nächsten Jahr jeweils 340.000 neue Wohnungen dazukommen. In ihren Berechnungen stützen sich die Kölner Wirtschaftswissenschaftler auf Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, das Alter der Einwohner sowie Daten über leerstehende Wohnungen.

 

Bauaktivität steigern

Der Studie zufolge bilden in puncto Wohnungsbau in Deutschland die Großstädte das Schlusslicht. So wird in Köln, der größten Metropole Nordrhein-Westfalens sowie in der baden-württembergischen Hauptstadt Stuttgart die Nachfrage nach Wohnungen nur jeweils zur Hälfte abgedeckt. Geringfügig besser ist es in der bayrischen Hauptstadt München, in der deutschen Hauptstadt Berlin sowie in der größten Stadt Hessens, Frankfurt am Main. In Stuttgart wird der Bedarf an Neuwohnungen zu 56 Prozent befriedigt, in München zu 67, in Berlin zu 73 und in Frankfurt am Main zu 78 Prozent. „Tatsache ist, dass es derzeit in Deutschland an Wohnungen mangelt. Es ist daher nötig, so schnell wie möglich die Bauaktivität zu steigern“, so die Experten des Instituts der Deutschen Wirtschaft.

 

Migration, Bürokratie, Vorschriften, Fachkräfte

Auch in vielen Hochschulzentren wie z.B. Münster (Nordrhein-Westfalen) wird zu wenig gebaut. Ein Problem ist die hohe Abwanderung aus der Provinz in die Städte, dazu kommen Personalprobleme bei den Bauaufsichtsämtern, restriktive Vorschriften sowie fehlende Fachkräfte in der Baubranche, so dass die Baufirmen nicht alle Aufträge rechtzeitig übernehmen können. Die Autoren der Studie appellieren deshalb an die Städte, alles dafür zu tun, um den Anstieg der Mietpreise zu bremsen. Um die Metropolen für einen besseren Zuzug von Investoren interessant zu machen, empfehlen die Experten den jeweiligen Stadtverwaltungen, neue Baugrundstücke bereitzustellen und in deutlich höherem Maße als bisher, alte Gebäude in Stand zu setzen anstatt neue zu bauen. Auch Bund und Länder müssten verschuldete Städte wie Köln stärker unterstützen, vor allem beim infrastrukturellen Ausbau ihres öffentlichen Nahverkehrs. Laut IW-Experten machen gute Anbindungen der Peripherie an das Zentrum einer Metropole die Wohnungen an den Stadträndern attraktiver und verringern gleichzeitig den Druck auf den Arbeitsmarkt im Zentrum der Metropole.

 

Bauboom in ärmeren Regionen

Ganz anders als in den Großstädten der Bundesrepublik verhält es sich auf dem Land und in kleineren Städten. Während um die Industriezentren herum ein regelrechter Kampf um Wohnraum tobt, wird in kleineren Kreisen und Städten sehr viel gebaut. Ja, sogar viel zu viel, meinen Experten des Instituts der Deutschen Wirtschaft. In 69 von 401 mittelgroßen Städten wurde in den vergangenen zwei Jahren 50 Prozent über den Bedarf gebaut! Die unangenehme Folge sind nun leerstehende Wohnungen. Als Trostpflaster fügen die Verfasser des Berichts hinzu, dass das Problem fehlender Wohnungen längerfristig etwas nachlassen werde. Demnach sollen bis 2025 jährlich 260.000 Wohnungen fehlen und bis 2030 bereits nur 246.000. Grund sei die zu erwartende geringere Zuwanderung, die langfristig unter 400.000 Menschen im Jahr liegen dürfte.

 

 

Johann Engel

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