770 Personen in schlesischen Trachten wollte die Stadt Beuthen zum 770-jährigen Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte an einem Ort zusammenbringen. Im Rahmen des Stadtteilfests in Roßberg in Beuthen haben die Organisatoren diesen Versuch gewagt.
Wie alt Beuthen tatsächlich ist, lässt sich heute nur schwer beziffern. Urkundlich erstmals erwähnt wurde die Stadt 1136 aufgrund ihrer Kohlevorkommen. Archäologische Ausgrabungen legen aber die Existenz einer befestigten Ortschaft schon im frühen 11. Jahrhundert nahe. Die Verleihung der Stadtrechte durch den Herzog von Oppeln und Ratibor Wladislaus I. im Jahr 1254 ist dagegen überliefert. Die Geschichte Beuthens ist ein steter Wechsel von Phasen kometenhaften Aufstiegs und Wohlstands und tiefen Falls. Unzertrennlich mit Beuthen verbunden ist der Bergbau, dessen Anfänge bis ins Mittelalter zurückreichen. Dabei ist die Beziehung zu den unterirdischen Schätzen komplex. Zwar bescherte sie der Stadt Wohlstand und Arbeit, doch Bergbauschäden plagten die Bürger über lange Zeit, von der Umweltverschmutzung und der gefährlichen Arbeit unter Tage ganz zu schweigen.
Reaktivierung des Stadtteilfestes
Teil der Jubiliäumsfeierlichkeiten ist auch das Stadtteilfest des 1927 eingemeindeten Roßbergs. Diese fanden in der ehemaligen Roßberggrube (bis 1945 Heinitzgrube) statt. Die Feierlichkeiten begannen mit der Einweihung des Schriftzugs „Rozbark” vor dem ehemaligen Bergwerk. Gut sichtbar, aus Richtung Kattowitz kommend, erinnert er an einen Vorgängerschriftzug an gleicher Stelle. Danach zog der Festmarsch, angeführt von der Bergmannskapelle, durch den Stadtteil, um wieder im Bergwerksgelände anzukommen. Dort wird seit 2004 keine Kohle mehr gefördert. Dank EU-Fonds konnte ein Teil der historischen Gebäude gerettet werden. Neben Tanztheater, Restaurant und Hotel befindet sich hier nun das Zentrum für Klettersport „Skarpa”.

Foto: Martin Wycisk
Nun das große Zählen. Wie viele Herren, Damen und Kinder kamen in voller Tracht? Dem offiziellen Reglement des Rekordbüros in Posen, welches Rekordversuche in Polen offiziell zertifiziert, reichte eine Regionaltracht, aber nach Wunsch der Organisatoren waren an diesem Tag vor allem Roßberger Trachten zu sehen. Das besondere an der Roßberger Tracht ist, dass sie bis in das 20. Jahrhundert noch relativ verbreitet in der Gegend um Beuthen war. Die Bergmannsuniform, die an so einem Tag nicht fehlen durfte, gilt übrigens nicht als Tracht.
Trotz besten Wetters und musikalischer Begleitung brauchte das Zählen seine Zeit. Die Spannung stieg an, als die Organisatoren, Honoratioren der Stadt und eine Vertreterin des Rekordbüros die Bühne betraten. Unter anderem ergriff der Stadtpräsident Mariusz Wołosz kurz das Wort. Er unterstrich, dass, unabhängig vom Ergebnis, er sich sehr freue, dass auf diese schöne Weise so viele Menschen ihre Verbundenheit mit der schlesischen Tradition und Beuthen zeigen. Die Repräsentantin des Rekordbüros gab schließlich bekannt, dass insgesamt 413 Personen in voller Tracht gezählt wurden. Damit konnte der bisherige Rekord von 467 Trachtenträgern von 2016 (Wykrot in Masowien) nicht überboten werden. Doch so einfach lassen sich die Beuthener nicht unterkriegen. Senatorin Halina Bieda, selbst in Tracht, sagte nach der Ergebnisverkündung, dass dies nur die Generalprobe war und es einen neuen Versuch geben wird.
Beuthen verändert sich
Bei der Rekultivierung ehemaliger Industriegebiete, wie dem Bergwerk Roßberg, denkt man oft an die Erneuerung von historischen Gebäuden. Doch Veränderung weckt auch Ängste. Gerade hier können Stadtfeste und Traditionen helfen, da sie zur Integration der Einwohner im Kleinen beitragen und gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Ein Beispiel hierfür kann Roßberg sein. So unterstrich einer der Organisatoren vor der Ergebnisverkündung, dass früher das Stadtteilfest jährlich stattfand. Er hoffe, dass das Stadtteilfest nun wieder jedes Jahr gefeiert wird.
Mit dem Rekord hat es zwar nicht ganz geklappt, aber die vielen Teilnehmer zeigten, dass schlesische Traditionen, wie die Tracht, lebendig sind.
Mit dem Rekord hat es zwar nicht ganz geklappt, aber die vielen Teilnehmer zeigten, dass schlesische Traditionen, wie die Tracht, lebendig sind. Viele Gäste von außerhalb Beuthens zeigten sich zudem beeindruckt von der Transformation des alten Bergwerks, was beweist, wie sich die Stadt langsam zum Besseren wandelt. Die Beuthener können sich auch ohne Rekord als Sieger sehen. Und den Rekord knacken wir dann nächstes Mal. Szafnymy to!
Martin Wycisk